Von der Deutungshypothese zur Aussage und zur Deutung eines Textes (Beispiel: Eichendorff, „Frische Fahrt)

Video zum Thema: Deutungshypothese und Textaussage/Deutung

Das Video ist zu finden auf Youtube unter:
https://youtu.be/ITjl-uWT98k

Die zugehörige Dokumentation kann man hier herunterladen
Mat1841 Von der Deutungshypothese zur Textaussage und zur Deutung

Deutungshypothesen im Alltag

  • Viele Schüler haben Probleme mit dem Begriff der “Deutungshypothese”
  • Wie immer: vom Begriff ausgehen
  • Das Wichtigste = immer hinten = Hypothese
  • Also eine vorläufige These, die überprüft werden muss
  • Dann geht es noch um “Deutung”
  • Wir gehen von der Alltagserfahrung aus:
    • Vor der Schule steht ein Feuerwehrfahrzeug
    • Erste Hypothese: Es brennt irgendwo
    • Überprüfung: Schläuche ausgerollt? Panik?
    • Neue Hypothese: Interessanter Sachunterricht?
    • Überprüfung: einige Schüler verlassen die Schule
    • Also doch wohl Feuer
    • Auflösung: Brand in einer Toilette
    • Neue Hypothese: Brandstiftung oder Fahrlässigkeit?
    • “Aussage des Vorfalls”: Die Feuerwehr musste zu einem begrenzten Einsatz ausrücken und hat das professionell erledigt
  • “Sinn / Bedeutung des Vorfalls” = geht über diesen Fall hinaus: Es wurde deutlich, wie wichtig die Feuerwehr ist und auch entsprechende Brandschutzübungen in der Schule

Deutungshypothese bei einem Gedicht: Eichendorff, „Frische Fahrt“

Hier zunächst das Gedicht

  • Wenn das Formulieren einer Deutungshypothese überhaupt einen Sinn ergeben sollte, dann erstellt man sie, wenn man ungefähr begriffen hat, worum es in dem Gedicht geht.
  • Bei diesem Gedicht merkt man schnell, dass es um die Verlockung (08) des Frühlings geht.
  • Außerdem merkt man, dass das Lyrische Ich ziemlich entschlossen ist, sich dieser Verlockung hinzugeben.
  • Daraus ergibt sich die Deutungshypothese:
    Das Gedicht macht die Verlockungen des Frühlings deutlich, denen sich das Lyrische Ich gerne hingibt.
  • Bei der genauen Analyse wird dann deutlich:
    • dass das Lyrische Ich sich nicht “bewahren” will
    • dass es “selig blind” ist
    • dass es nicht wissen will, wo “die Fahrt zu Ende geht”
  • Daraus ergibt sich am Ende (Textaussagen):
    Das Gedicht zeigt am Beispiel des Frühlings die Verlockung der Natur. der das Lyrische Ich ohne Rücksicht auf seine Freunde, mögliche Gefahren und das Ende einer Reise auf dieser Gefühlswoge hingibt.
  • Sinn / Deutung / Bedeutung des Textes (geht über den Text hinaus)
    Das Gedicht zeigt die dunkle Seite der Romantik, die auch heute noch ein Problem darstellen kannz.B. bei einem gefährlichen Abenteuer, etwa einer Bergtour, auf die man sich nicht genügend vorbereitet, das Wetter war einfach zu schön.

Was man sich merken könnte:

  1. Eine Deutungshypothese ist erst mal eine Hypothese = eine vorläufige Aussage zum Inhalt des Gedichtes und seiner möglichen Bedeutung.
  2. Sinnvoll ist das Aufstellen einer Deutungshypothese nur, wenn sie vorläufig ist, es also im Verlauf der Analyse noch Korrekturen bzw. Präzisierungen gibt.
  3. Am besten beachtet man schon bei der Deutungshypothese
    1. sowohl Vorüberlegungen zur Textaussage (Intentionalität)
    2. als auch Vorüberlegungen zur Bedeutung des Textes (z.B. für das Verständnis der Epoche oder auch für uns als heutige Leser