Neufassung: 29-4 Von Schröder zu Merkel (ab 1998) (Mat1929-29-4)

Worum es hier geht:

  • Hier stand mal ein Kapitel aus dem E-Book „Geschichte für Durchblicker“, das aber schon Jahre alt und inzwischen überholt war.
  • Wir haben es hier neu gefasst und bitten dabei Folgendes zu beachten.
  • Es handelt sich hier um eine Darstellung, die – typisch für einen Historiker – eine eigene Sicht auf die Fakten präsentiert.
  • Dabei werden bestimmte Dinge akzentuiert, vielleicht auch zu einseitig dargestellt.
  • Das aber ist gerade eine gute Ausgangsposition für den Geschichtsunterricht an der Schule.
  • Aber es geht darum, die Fakten und auch die Einschätzungen selbst zu überprüfen und/oder mit der Lehrkraft und der Lerngruppe kritisch zu distanzieren.

Von Schröder zu Merkel – Deutschland nach 1998

Der folgende Überblick fasst zentrale Entwicklungen der Kanzlerschaften Gerhard Schröders und Angela Merkels zusammen. Er knüpft an die bisherigen Materialien aus dem E-Book „Geschichte für Durchblicker“ an, berücksichtigt aber auch wichtige Aspekte, die über den damaligen Stand hinausweisen.

Rückblick auf Gerhard Schröder (1998–2005)

Gerhard Schröder markierte mit seiner rot-grünen Koalition einen Einschnitt in der politischen Entwicklung der Bundesrepublik. Charakteristisch war seine Doppelrolle: Auf der einen Seite ein entschiedener Reformer im Inneren, auf der anderen ein kritischer Partner in der Außenpolitik.

  • Agenda-Politik: Mit den sogenannten Hartz-Reformen setzte Schröder auf eine Modernisierung des Arbeitsmarktes. Arbeitslose sollten nicht nur gefördert, sondern auch gefordert werden. Dies führte zu sozialpolitischen Konflikten, bereitete aber den Boden für den wirtschaftlichen Aufschwung in den 2000er-Jahren.
  • Außenpolitik: Während Schröder 1999 noch deutsche Soldaten im Rahmen des Kosovo-Krieges zum Einsatz brachte – und dies ohne UNO-Mandat rechtfertigte –, lehnte er 2003 die Beteiligung am Irak-Krieg ab. Damit stellte er sich offen gegen die US-Regierung und markierte die bis heute letzte offene Verweigerung deutscher Unterstützung gegenüber amerikanischen Kriegsplänen.

Angela Merkel (2005–2021)

Angela Merkel, zunächst im Wahlkampf konservativ auftretend, erwies sich in ihrer langen Amtszeit als eine Kanzlerin, die Deutschland innen- wie außenpolitisch stark prägte und die CDU programmatisch veränderte.

  • Flüchtlingspolitik: Besonders im Jahr 2015 zeigte sich ihre Entscheidungskraft, als sie mit dem Satz „Wir schaffen das“ eine großzügige Aufnahme von Geflüchteten ermöglichte. Diese Politik wurde international gelobt, führte aber innenpolitisch zu starken Spannungen und einer anhaltenden gesellschaftlichen Polarisierung.
  • Energiepolitik: Nach der Katastrophe von Fukushima 2011 leitete Merkel den Atomausstieg ein. Die Abschaltung der deutschen Kernkraftwerke veränderte die Energiepolitik grundlegend, führte zu einer stärkeren Abhängigkeit von fossilen Energieträgern und bereitete zugleich den Boden für die Energiewende.
  • Verhältnis von Regierung und Volk: Unter Merkel wurde eine Politik der großen Linien verfolgt, bei der zentrale Weichenstellungen oft im Kanzleramt vorbereitet wurden. Kritiker sahen darin eine Schwächung parlamentarischer Debattenkultur. Auch rechtliche Anpassungen, die überzogene Kritik an Amtsträgern einschränken sollten, veränderten das Spannungsfeld zwischen politischer Führung und öffentlicher Kontrolle.
    Der Paragraf findet sich hier:
    https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__188.html

    ChatGPT hat die damit möglicherweise verbundene Problematik so zusammengefasst:
    „Hinweis: Mit § 188 StGB gibt es in Deutschland eine Sonderregelung, die Amtsträger – insbesondere Politiker:innen – stärker als Privatpersonen vor Beleidigungen und gezielten Verleumdungen schützt. Die Begründung dafür liegt im Schutz der demokratischen Ordnung. Zugleich wirft diese Regelung Fragen nach der Balance zwischen notwendigem Schutz und der Freiheit öffentlicher Kritik auf.“
  • Europapolitik: In der Eurokrise profilierte sich Merkel als Führungsfigur Europas. Sie pochte auf Reformauflagen für verschuldete Staaten und prägte den Kurs der EU maßgeblich. Ihre Politik wurde vielfach kritisiert, zugleich aber als „alternativlos“ dargestellt.
  • Israels Sicherheit als Teil deutscher Staatsräson
    Seit der Rede von Angela Merkel vor der israelischen Knesset im Jahr 2008 gilt die Formel, dass die Sicherheit Israels Teil der deutschen Staatsräson sei. Damit wird der besonderen Verantwortung Deutschlands für die Verbrechen der Shoah Ausdruck verliehen.
  • Diese Festlegung ist international weithin anerkannt und gehört seither zum Grundbestand deutscher Außenpolitik. Zugleich wirft sie Fragen auf:
    • In welchem Maß verpflichtet sie künftige Regierungen?
    • Und wie lässt sich dabei eine kritische Auseinandersetzung mit konkreten politischen Entscheidungen Israels mit dem Schutzgedanken verbinden?
  • Zum Begriff „Staatsräson“ meint:
    Es gehört zum Selbstverständnis und zu den unverrückbaren Grundprinzipien deutscher Politik, für Israels Existenz- und Sicherheitsrecht einzutreten.

Fazit

Mit Schröder und Merkel begann ein neues Kapitel deutscher Politik. Schröder setzte Reformen gegen Widerstände durch und profilierte sich als Kanzler, der US-amerikanischen Wünschen widersprach. Merkel wiederum prägte mit pragmatischer, oft als nüchtern beschriebener Politik nicht nur Deutschland, sondern auch Europa – und hinterließ ein Land, das gesellschaftlich gespalten, wirtschaftlich gefestigt und politisch in neue Bahnen gelenkt war.

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