Kurz und „verbindlich“ – schnelle Antworten auf wichtige Fragen (Mat1809)

Video-Reihe „Kurz und ‚verbindlich'“ und Beispiel „fiktional“

Kurz und “verbindlich”

Was wir darunter verstehen:

  • “kurz” = zwischen 3 und 5 Minuten
  • “verbindlich” = nicht rechtlich gesehen – wir können auch Fehler machen – deshalb “nach-denken” und ggf. selbst recherchieren
  • aber: “verbindlich” nach innenb = systematisch
  • und: verbindlich = fest im Kopf verankert
  • und “verbindlich” nach außen = Querbeziehungen zu anderen Bereichen, besonders zu uns heute und zu unserem Alltag

Das Video und die zugehörige Dokumentation

Das Video ist auf Youtube hier zu finden:

Videolink
Die zugehörige Dokumentation kann hier  (2020-09-18-Kurz und verbindlich fiktional literarisch) heruntergeladen werden.

Beispiel: Was versteht man unter „fiktional“ / „literarisch“?

Die Welt der Texte hat zwei Bereiche

  • “Sachtexte” = Texte, die sich auf einen Sachverhalt beziehen und in ihm auch eine Funktion haben.z.B. Liebesbrief / SMSrichtet sich nur an bestimmte Leuteverliert die Funktion, wenn der Sachverhalt vorbei ist -> Quelle
  • Beispiel
    Liebesbrief bzw. Liebes-SMS
    „Hi, tut mir leid. War nicht so gemeint. Ich war mal wieder zu schnell mit meinen Sprüchen. Könnten wir das vielleicht heute Abend beim Italiener ganz langsam klären? Bitte!““
  • “fiktionale” (ausgedachte) oder “literarische” Texte= Texte, die eine eigene Welt schaffenzwar aus Elementen des Vorhandenenplus Elemente des Ausgedachtenmit dem Anspruch der Allgemeingültigkeitsind Kunst, d.h. der Leser darf und sollte damit was anfangen.Beispiel: Liebesgedichtes geht nicht um Realität, sondern um Sich-hineinversetzen und was mit anfangen
  • Beispiel
    Liebesgedicht

    Zu schnell beim Sprechen
    Zu langsam beim Denken
    Schon ist es da
    das Missverständnis!Da hilft nur
    schnelle Entschuldigung
    und langsame
    Wieder-Annäherung.

Hinweis auf zwei Grenzgängertexte zwischen den Welten

Auf der Seite

Lars Krüsand, „Bester Film meines Lebens“ – ein Versuch, Wolfdietrich Schnurre nachzuahmen

wir auf einen Text von Wolfdietrich Schnurre verwiesen, der auf seltsame Weise zwischen Sachtext (möglicher Tagebucheintrag) und ungewöhnliche Variante von Kurzgeschichte schwankt.

Auf der gleichen Seite wird das dann zum Ausgangspunkt eines eigenen Versuches mit einem Film genommen.

Davon wiederum kann man sich anregen lassen für eigene literarische Verarbeitungen von anregenden Momentaufnahmen des Lebens.

Noch eine kleine Ergänzung: Verhältnis von Lüge und Literatur?

Dem großen altgriechischen Philosophen Platon wird nachgesagt, dass er ausgedachte Texte als Lügen abgelehnt habe. Das stimmt zwar nicht ganz, wie wir an anderer Stelle geklärt haben:
https://textaussage.de/luegen-die-dichter-wirklich-nach-plato
Aber es lohnt sich auf jeden Fall darüber nachzudenken,

  1. was der Unterschied ist zwischen Lüge und Literatur
  2. und ob es nicht große Unterschiede gibt beim „Lügen“.

Unterschied zwischen „fiktiv“ und „fiktional“

Es lohnt sich, hier klar zu unterscheiden. „Fiktiv“ heißt einfach nur ausgedacht, das kann auch eine falsche Zeugenaussage vor Gericht sein. Allerdings spielt der Begriff auch in der Literatur eine Rolle, wenn man von einer „fiktiven“ Figur als einem Element eines Romans spricht.
„Fiktional“ bezieht sich demgegenüber als eindeutiger Fachbegriff auf den ganzen Text.

Am wichtigsten für die Erkenntnis, dass es sich um einen fiktionalen Text handelt, sind die folgenden zwei Kennzeichen, die aber in der Sache zusammenhängen wie Sprecher und Hörer.

  1. Der Autor entscheidet sich dafür,
    1. einen fiktionalen (= literarischen) Text zu schreiben,
    2. d.h. er spielt ganz bewusst mit der Wirklichkeit und teilt das dem Leser auch mehr oder weniger deutlich mit.
    3. So steht zum Beispiel unter dem Titel eines Buches das Wort „Roman“ – und dann weiß jeder Bescheid.
    4. Oder ein Text steht in einem Band „Kurzgeschichten“ oder „Gedichte“ – dann heißt das im ersten Fall ganz eindeutig, dass es bewusst ausgedachte und künstlerisch gestaltete Geschichten sind.
    5. Bei den Gedichten ist das meist auch eindeutig, auch wenn dabei mal ein sogenanntes „Gelegenheitsgedicht“ dabei sein kann. Das kann zum Beispiel ein Geburtstagsgedicht sein, das sich an einem bestimmten Tag an eine bestimmte Person richtet.
    6. So findet man zum Beispiel auf der Seite:
      http://www.goethezeitportal.de/wissen/topographische-ansichten/orte-und-zeiten-in-goethes-leben-ilmenau.html
      ein Gedicht, das Goethe zum 26. Geburtstag seines Herzogs geschrieben hat. Am Ende richtet es sich ganz klar an eine bestimmte Person:
      „So wandle du, der Lohn ist nicht gering,
      Nicht schwankend hin, wie jener Sämann ging,
      Dass bald ein Korn, des Zufalls leichtes Spiel,
      Hier auf den Weg, dort zwischen Dornen fiel;
      Nein! streue klug wie reich, mit männlich steter Hand,
      Den Segen aus auf ein geackert Land;
      Dann lass es ruhn, die Ernte wird erscheinen
      Und dich beglücken und die Deinen.“
  2. Indirekt ist der zweite Punkt auch schon angesprochen worden. Der Leser weiß auf Grund dieser Hinweise bzw. Zusammenhänge, dass er es mit einem „fiktionalen“ bzw. literarischen Text zu tun hat.

Kleiner Ausflug in die Germanistik:

Die Wissenschaft macht sich dann noch mehr Gedanken und kommt etwa auf die folgenden Unterschiede:

  1. Ein pragmatisches Signal für einen fiktionalen Text wäre etwa, wenn in einem Roman der Erzähler plötzlich den Leser anspricht.
  2. Semantische Fiktionalitätssignale entstehen dadurch, dass besonders in historischen Romanen reale und fiktive Elemente gemischt sind. Die Stadt London ist auch real – der König auch noch – aber ein Dienstmädchen, ist möglicherweise nur noch fiktiv.
  3. Darstellungsbezogene Fiktionalitätssignale ergeben sich durch den Unterschied zwischen einer Erzählung, wie man sie im Alltag in der Kneipe hört, und einer, die man dort nicht mehr vorfindet, wohl aber in Büchern, z.B. eine sehr ausführliche Beschreibung oder eine besonders kunstvoll gestaltete Passage.

Weitere Infos, Tipps und Materialien