Walter Helmut Fritz, „Kein Widerspruch“

  • Die Überschrift „Kein Widerspruch“ ist recht interessant, wenn man versucht zu überlegen, worauf sich alles beziehen könnte. Auf jeden Fall wird suggeriert, dass es hier um eine Art von Einverständnis geht, eine Zustimmung.
  • Das Gedicht selbst ist dann erstaunlich einfach aufgebaut, weil es eigentlich nur aus einem langen Teil besteht, der in ständigen Wiederholungen beschreibt, dass wir heute fast jeden Punkt der Erde relativ leicht ansteuern können.
  • Der zweite Teil stellt dann die andere Seite des Lebens auch von Viel-Reisenden da, die eben auch mehr oder weniger ein Zuhause haben, in dem sie sich eigentlich fühlen können, das ihnen „seit Landem vertraut“ ist.
  • Man weiß nicht so richtig, was das Gedicht eigentlich aussagen soll. Es sieht so aus, als wollte es nur zeigen beziehungsweise drauf aufmerksam machen, dass wir eine Doppelexistenz führen
    • eine, die in die Weite reicht,
    • und eine, die immer noch wie früher auch in der Nähe bleibt.
  • Die Frage ist nur, ob das wirklich stimmt, ob es wirklich keinen Unterschied gibt, ob man in vielen Orten der Welt gewesen ist und dann vielleicht das Zuhause doch mit einem etwas anderen Blick betrachtet.
  • Zum Beispiel sind Leute, die an vielen Orten der Welt gewesen sind und dort auch die Augen aufgemacht haben, in der Lage, das, was über den Fernsehschirm an Realitätsbeschreibung flimmert, mit dem zu vergleichen, was sie selbst erlebt haben.  Nicht von ungefähr gibt es im Deutschen das Wort „erfahren“, das einfach deutlich macht, dass jemand, der weit herumgekommen ist, mehr von der Welt weiß und das auch für sich nutzen kann.
  • Und was man so über die langen Auslandsaufenthalte von Firmenangestellten hört, geht doch eher in die Richtung, dass zu Hause die Karriere-Entscheidungen fallen. Wer nicht da ist, kann auch seine Interessen nicht vertreten.
  • Also insgesamt ein Gedicht, das eine These aufstellt und damit eben auch eine Diskussion darüber auslösen kann, aber mehr kaum leistet. Man kann es als Anstoßtext betrachten, aber das Entscheidende geschieht erst in der Auseinandersetzung mit ihm durch die Leser.
  • Wenn man dann noch einmal auf den Titel zurückkommt, so macht der in diesem Falle die insgesamt doch recht beschränkte Aussage zumindest ganz deutlich. Es wird klargemacht, dass es nach Auffassung des lyrischen Ichs keinen Widerspruch gibt zwischen Weltläufigkeit und Standorttreue.
  • An dieser Stelle lohnt es sich, auf die beiden Begriffe der „somewheres“ und der „anywheres“ einzugehen, hinter denen möglicherweise nicht nur ganz unterschiedliche Verhaltensweisen stehen, sondern auch daraus erwachsende Grundeinstellungen und Interessen..
    Näheres dazu findet sich zum Beispiel hier:
    https://www.zukunftsinstitut.de/artikel/wohnen/somewheres-anywheres/

Wer noch mehr möchte …