„tschick“ – Kapitel 15

Das 15. Kapitel des Romans „tschick“.

Am ersten richtigen Ferientag geht es Maik schon etwas besser und er nimmt sich sein Lieblingsbuch vor. In ihm geht es um Graf Luckner, einen deutschen Hilfskreuzer-Kapitän im Ersten Weltkrieg, der den Auftrag hat, englische Handelsschiffe zu versenken.

Zitat 1: „und Graf Luckner sprach zu mir“ (79/80)

  • „Ich hängte die Füße ins Wasser, und Graf Luckner sprach zu mir. Das ist nämlich mein Lieblingsbuch: Graf Luckner. Hatte ich mindestens schon dreimal gelesen, aber ich dachte, ein viertes Mal kann nicht schaden.
  • Wenn einer so drauf ist wie der Graf, kann man das auch fünfmal lesen. Oder zehnmal.
  • Graf Luckner ist Pirat im Ersten Weltkrieg und versenkt einen Engländer nach dem anderen. Und zwar gentlemanlike. Das heißt, er bringt die nicht um. Er versenkt nur ihre Schiffe und rettet alle Passagiere und bringt sie an Land, im Auftrag Seiner Majestät.
  • Und das Buch ist nicht erfunden, das hat er wirklich er lebt. Die tollste Stelle ist aber mit Australien. Da ist er Leuchtturmwär- ter und jagt Kängurus. Ich meine, er ist fünfzehn. Er kennt niemanden da. Er ist mit dem Schiff ausgerissen, und dann geht er zur Heilsarmee und landet auf einem Leuchtturm in Australien und jagt Kängurus.
  • Aber so weit kam ich diesmal gar nicht. Die Sonne knallte runter, ich stellte den Sonnenschirm auf, und der Wind wehte ihn um. Ich stellte Gewichte auf den Fuß. Dann war Ruhe.
  • Aber ich konnte nicht lesen. Ich war auf einmal so begeistert davon, dass ich jetzt machen konnte, was ich wollte, dass ich vor lauter Begeisterung überhaupt nichts machte. Da war ich ganz anders als Graf Luckner. „

Die Stelle zeigt,

  1. Auffallend ist auch hier, über welch mächtige Fantasie Maik verfügt. Immerhin stellt er sich beim Lesen vor, dass die Hauptfigur des Buches regelrecht zu ihm redet.
  2. Nicht verwunderlich ist, dass ihn bei der Lebensgeschichte dieses ungewöhnlichen Mannes am meisten reizt, was er mit fünfzehn Jahren macht. Da ist er nämlich etwa in Maiks Alter.
  3. Interessant ist dann, dass Maik das passiert, was vielen passiert, die sich unheimlich auf Freiheit oder Freizeit freuen. Er macht nämlich erst mal gar nichts – vor „lauter Begeisterung“, dass er jetzt alles machen kann, was er will.

Anschließend macht er dann aber doch etwas. Er wässert nämlich den Garten, gerade weil sein Vater vergessen hat, das in die Auftragsliste mit aufzunehmen. Dabei geht dann wieder die Fantasie mit ihm durch.

Zitat 2:

  • „Haustür offen, und ich: Hose hochgekrempelt und barfuß, Sonnenbrille im Haar, Graf Koks von der Gasanstalt sprengt seine Ländereien.
  • Das konnte ich jetzt jeden Morgen Ich fand es auch gut, wenn mich jemand dabei sah. Aber die meiste Zeit sah mich keiner.
  • Es war halb neun, die großen Ferien, da lag alles schläfrig versunken. Zwei Blaumeisen zwitscherten durch den Garten.
  • Der sympathisch vergrübelte und seit kurzem erschütternd verliebte Graf Koks von Klingenberg
    • weilte ganz allein auf seinen Gütern –
    • nein, nicht ganz allein. Jack und Meg, die ihn wie so oft, vom Paparazzi-Trubel ermüdet, in seinem Berliner Domizil besuchten, veranstalteten eine kleine Jamsession im Hinterzimmer.
    • Gleich würde der Graf sich zu ihnen gesellen und ein paar rockige Töne auf der Blockflöte beisteuern.
    • Die Vögel zwitscherten, das Wasser plätscherte … Nichts liebte Koks von Klingenberg mehr als diese Blaumeisen-Morgenstunde, in der er seinen Rasen sprengte.
    • Er knickte den Wasserschlauch ab, wartete zehn Sekunden, bis der volle Druck sich aufgebaut hatte, und schoss eine Dreißig-Meter-Boden-Boden-Rakete auf den Rhododendron.“

Die Stelle zeigt,

  1. Maik lebt in den Figuren, die er in Büchern und Filmen kennengelernt hat.
  2. Hier erfindet er gleich wieder eine ganze Geschichte, die in ihrem Fantasiereichtum übrigens sehr Tschicks Interpretation einer Brecht-Geschichte ähnelt (S. 54/55)
  3. Anregung: Man kann das selbst mal ausprobieren, indem man sich in eine bestimmte Situation versetzt und sich dann rollenmäßig nach oben beamt.
    • Zum Beispiel muss man bei einem Arzt zu lange warten und man stellt sich vor, man sei der Beauftragte der Krankenkasse für den Umgang mit Patienten und malt sich jetzt die Überraschung aus, die eine entsprechende Ansprache für den Arzt bedeutet. Das kann natürlich auch nach hinten  losgehen, wenn der Arzt zum Beispiel eine gute Erklärung für die Wartezeit hat: Notfall o.ä

Weiterführende Hinweise

  • Zu den weiteren Kapiteln des Romans „tschick“
  • Weitere Infos zu dem Roman „tschick“ in unserem Stichwortverzeichnis zum Buchstaben „T“
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