Kafka, „Die Verwandlung“ – Abschnitt 3: Verzicht auf Hilfe – wachsender Druck

Abschnitt 2: Gregors Verzicht auf Hilfe trotz wachsenden Drucks

Zum Inhalt:

  • Gregor will jetzt unbedingt aus dem Bett, bevor jemand aus dem Geschäft vorbeikommt und nach ihm fragt.
  • Während er sich anstrengt, kommt ihm in den Sinn, dass er sich ja Hilfe holen könnte. Abgesehen von der verschlossenen Tür kommt ihm das aber auf eine erstaunliche Art und Weise lächerlich vor.
    • „Als Gregor schon zur Hälfte aus dem Bette ragte – die neue Methode war mehr ein Spiel als eine Anstrengung, er brauchte immer nur ruckweise zu schaukeln – , fiel ihm ein, wie einfach alles wäre, wenn man ihm zu Hilfe käme. Zwei starke Leute – er dachte an seinen Vater und das Dienstmädchen – hätten vollständig genügt; sie hätten ihre Arme nur unter seinen gewölbten Rücken schieben, ihn so aus dem Bett schälen, sich mit der Last niederbeugen und dann bloß vorsichtig dulden müssen, daß er den Überschwung auf dem Fußboden vollzog, wo dann die Beinchen hoffentlich einen Sinn bekommen würden.
    • Nun, ganz abgesehen davon, daß die Türen versperrt waren, hätte er wirklich um Hilfe rufen sollen? Trotz aller Not konnte er bei diesem Gedanken ein Lächeln nicht unterdrücken.“
  • Gregor beschleunigt dann seine Bemühungen, als er mitbekommt, dass tatsächlich ein Besucher aus dem Geschäft nach ihm fragt. Zu seinem Schrecken stellte fest, dass es auch noch der Prokurist ist, also einer der wichtigsten Mitarbeiter des Chefs. Das löst bei ihm interessante Überlegungen aus, die zeigen, dass er sich seiner realen Situation nicht stellt, sondern immer noch versucht irgendwie alles im Bereich der Normalität zu halten.
    • „Gregor brauchte nur das erste Grußwort des Besuchers zu hören und wusste schon, wer es war – der Prokurist selbst. Warum war nur Gregor dazu verurteilt, bei einer Firma zu dienen, wo man bei der kleinsten Versäumnis gleich den größten Verdacht fasste?
    • Waren denn alle Angestellten samt und sonders Lumpen, gab es denn unter ihnen keinen treuen ergebenen Menschen, der, wenn er auch nur ein paar Morgenstunden für das Geschäft nicht ausgenutzt hatte, vor Gewissensbissen närrisch wurde und geradezu nicht imstande war, das Bett zu verlassen?
    • Genügte es wirklich nicht, einen Lehrjungen nachfragen zu lassen – wenn überhaupt diese Fragerei nötig war – , musste da der Prokurist selbst kommen, und musste dadurch der ganzen unschuldigen Familie gezeigt werden, dass die Untersuchung dieser verdächtigen Angelegenheit nur dem Verstand des Prokuristen anvertraut werden konnte?“
  • Am Ende fällt er geradezu aus dem Bett und verletzt sich dabei wohl auch ein wenig und spürt einen ziemlichen Schmerz.
  • Im weiteren Verlauf macht ihr Familie Druck, dass Gregor nun sich endlich dem Besucher stellt und Klarheit schafft. Nur die Mutter entschuldigt ihn mit seinem normalerweise ganz auf das Geschäft konzentrierten Verhalten.
    • „»Ihm ist nicht wohl«, sagte die Mutter zum Prokuristen, während der Vater noch an der Tür redete, »ihm ist nicht wohl, glauben Sie mir, Herr Prokurist.
    • Wie würde denn Gregor sonst einen Zug versäumen! Der Junge hat ja nichts im Kopf als das Geschäft. Ich ärgere mich schon fast, dass er abends niemals ausgeht; jetzt war er doch acht Tage in der Stadt, aber jeden Abend war er zu Hause.
    • Da sitzt er bei uns am Tisch und liest still die Zeitung oder studiert Fahrpläne.
    • Es ist schon eine Zerstreuung für ihn, wenn er sich mit Laubsägearbeiten beschäftigt. Da hat er zum Beispiel im Laufe von zwei, drei Abenden einen kleinen Rahmen geschnitzt; Sie werden staunen, wie hübsch er ist; er hängt drin im Zimmer; Sie werden ihn gleich sehen, bis Gregor aufmacht.
    • Ich bin übrigens glücklich, dass Sie da sind, Herr Prokurist; wir allein hätten Gregor nicht dazu gebracht, die Tür zu öffnen; er ist so hartnäckig; und bestimmt ist ihm nicht wohl, trotzdem er es am Morgen geleugnet hat.«“
  • Wichtig ist offensichtlich der Rahmen des Bildes, das am Anfang schon eine Rolle gespielt hat („Dame“) und wohl ein Zeichen ist für das bisschen Zerstreuung, das dieser Mensch sich überhaupt gönnt.
  • Im Schlussteil dieses Abschnittes stimmt der Prokurist den Ausführungen der Mutter zu, verweist aber andererseits auch auf die besondere Situation von Geschäftsleuten, die eben gewisse gesundheitliche Einschränkungen auch einfach hinnehmen müssen, ohne die Arbeit zu vernachlässigen.
  • Am Ende verschärft sich dann die Situation, weil Gregor ziemlich ultimativ aufgefordert wird, nun endlich die Tür zu öffnen, was er am Ende ziemlich harsch und kurz angebunden ablehnt.
  • Den Schluss bildet das Schluchzen der Schwester, die wohl begriffen hat, dass sich hier etwas gefährlich zuspitzt.
  • Weiterführende Hinweise