Sophokles, „Antigone“ – Anmerkungen zum Eröffnungsdialog zwischen Antigone und Ismene

Zur Bedeutung des Dialogs zwischen Antigone und Ismene

Wenn es um Kommunikation geht, bieten sich Dramenszenen zur Analyse an.

Dabei kann man bis weit in die Geschichte zurückgehen – und landet dann zum Beispiel bei dem Dichter Sophokles, der ein Drama geschrieben hat, das gleich am Anfang mächtig Power hat.

Es geht nämlich um nichts weniger als eine Grundfrage der (damaligen) Moral, nämlich die Frage, was mehr zählt:

Das Gebot der Götter – oder das Gebot dessen, der gerade die Macht im Stadtstaat innehat.

Heute würden wir vielleicht sagen:

Was zählt: Menschlichkeit als Naturrecht oder eine Verordnung als Ausdruck der Macht des Staates und derer, die ihn aktuell gerade anführen?

Zur Vorgeschichte des Dialogs:

  1. Hierzu gehört auch Ödipus, der – ohne es zu wissen – seinen Vater erschlägt und seine Mutter heiratet. Er ist nämlich als Kind ausgesetzt worden, weil ein Orakel genau diese Entwicklung vorausgesagt hatte.
  2. Das Kind ist dann aber aufgezogen worden – und alles ist gekommen oder konnte nur kommen, weil Ödipus von seiner Vorgeschichte nichts wusste.
  3. Dann ist aber doch alles rausgekommen, bestrafte Ödipus sich selbst und verschwand.
  4. Zurückblieben seine Frau Ioakaste und vier Kinder: Eteokles und Polyneikes als Söhne und Antigone und Ismene als Töchter.
  5. Unter den Söhnen gibt es um die Frage der Machtübernahme Streit, wobei sie sich beide gegenseitig umbringen.
  6. An die Macht kommt der  Bruder der Iokaste, also der Onkel der überlebenden Töchter mit Namen Kreon.
  7. Er erlaubt für Eteokles eine standesgemäße Beerdigung, Polyneikos aber soll offen auf dem Feld liegen bleiben, weil er nach Kreons Meinung der Heimatstadt nicht treu geblieben ist.
  8. Jetzt geht es um die Frage, wie die Töchter mit ihrem toten Bruder umgehen – angesichts einer uralten Tradition, nach der ein Mensch begraben anständig werden soll, ganz gleich, was er gemacht hat.
  9. Hier steht Göttergesetz gegen Menschengesetz.
  10. Und genau hier setzt das Drama ein – mit einem Dialog zwischen Antigone und Ismene.

Hier schon mal ein Audio-Kommentar – mit Überblick über die Dialog-Szene.

 

Kurzer Überblick:

  1. Antigone verweist auf die schlimme Vorgeschichte ihrer Familie und geht dann auf den aktuellen Erlass ein, der für sie neues „Unheil“ heraufbeschwört.
  2. Ismene ist noch ahnungslos, weiß nicht mehr, als dass ihre beiden Brüder sich gegenseitig umgebracht haben.
  3. Antigone erklärt dann, was Kreon beschlossen hat und was er bis hin zur Todesstrafe für die Missachtung auch durchsetzen will.
  4. Ismene macht deutlich, dass sie sich außerstande sieht, gegen ein solches Gesetz zu verstoßen.
  5. Antigone argumentiert mit der familiären Solidarität, Ismene möchte nicht, dass auch noch sie als die Letzten der Familie auf schlimme Art und Weise enden.
  6. Antigone hält die Gesetze der Götter für wichtiger als die der Menschen.
  7. Sie möchte sogar, dass ihre Tat der Beerdigung öffentlich wird.
  8. Als Ismene noch mal darauf verweist, dass man gar nichts anfangen soll, was man nicht positiv beenden kann (aus ihrer Sicht), macht Antigone deutlich, dass sie sie für eine solche Haltung sogar hasst. Sie glaubt auch, dass Ismene mit ihrer Nicht-Bereitschaft ihre Ehre verliert.
  9. Nachdem Antigone im Streit gegangen ist, zeigt Ismene sich als Versöhnliche, indem sie Antigones Plan zwar als „verrückt“ bezeichnet, ihr Verhalten aber doch für die „rechte“ Art von Liebe hält.

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