Anmerkungen zu dem „Lebenslauf“-Gedicht von C.R. von Greiffenberg
Das Gedicht „Auf meinen bestürmeten Lebens-Lauf“ von Catharina Regina von Greiffenberg ist interessant, weil es das Leben des Menschen als eine Art Seefahrt beschreibt, die ständig von Stürmen und anderen Gefahren bedroht wird. Das Besondere ist, dass das lyrische Ich zum einen ganz fest am Ziel der Reise, dem sicheren Port wohl des Himmels bzw. der Ewigkeit festhält, andererseits am Ende fast schon verzweifelt Gott um Hilfe anruft, weil es mit seiner Kraft am Ende ist.
Auswertung des Titels
„Auf meinen bestürmeten Lebens-Lauf“
- Die Überschrift des Gedichtes macht deutlich, dass das lyrische Ich seinen eigenen Lebenslauf als bestürmt ansieht. Das soll wohl bedeuten, dass es eben Stürme gibt im Leben, die man bewältigen muss.
- Als Leser ist man jetzt gespannt, und was für Stürme es sich handelt und wohin der Lebenslauf gehen soll. Denn so etwas ist ja in der Regel mit einem Ziel verbunden.
Strophe 1
Wie sehr der Wirbelstrom so vieler Angst und Plagen
mich drähet um und um / so bistu doch mein Hort [=Schutzraum]
mein Mittelpunkt / in dem mein Zirkel fort und fort
mein Geist halb haften bleibt vom Sturm unausgeschlagen.
- Die erste Strophe beginnt mit dem Hinweis auf einen Wirbelsturm „so vieler Angst und Plagen“ und macht damit etwas deutlicher, was mit den Stürmen des Lebens gemeint ist.
- Diesem Sturm entgegengestellt wird ein „Hort“ und „Mittelpunkt“ des Lebens, der dem Geist, also dem Willenszentrum des Menschen, Halt gibt.
Strophe 2
Mein Zünglein stehet stet [unveränderlich] / von Wellen fort getragen
auf meinen Stern gericht. Mein Herz und Aug′ ist dort
es wartet schon auf mich am ruhevollen Port [Hafen]:
dieweil muss ich mich keck [mutig] in Weh [Schmerz] und See hinwagen.
- Der Beginn der zweiten Strophe geht dann etwas genauer auf das Haftenbleiben an der Grundlinie ein, indem so eine Art Kompassnadel fest „auf meinen Stern“ gerichtet ist.
- Die zweite Hälfte der Strophe sagt dann aus, dass das lyrische Ich eben einen Zielhafen im Auge hat, was ihm hilft, die Stürme zu überwinden und eben das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren.
Strophe 3
Oft will der Mut / der Mast / zu tausend Trümmern springen.
Bald tun die Ruder-Knecht / die sinnen [nur vor sich hindenken] / keinen Zug.
Bald kann ich keinen Wind in Glaubenssegel bringen.
- Die dritte Strophe, das erste Terzett des Sonetts [Gedicht mit zwei Vierzeilern und zwei Dreizeilern] weist auf die Probleme ein, die es auf dem Weg zum Ziel gibt. Die betreffen sowohl die äußeren Gegebenheiten (den Mast des Schiffes) als auch die inneren Gegebenheiten (den Mut).
- Dann wird es erweitert auf die Ruderknechte, also die Menschen, auf die man angewiesen ist. Bei denen wird beklagt, dass sie nicht mit der gleichen Zielstrebigkeit und Entschlossenheit am Ziel und den dafür notwendigen Tätigkeiten arbeiten.
- Am wichtigsten ist die letzte Zeile, weil sie deutlich macht, dass es im innersten Zentrum der Glaubensgewissheit auch Stillstand gibt, was neben den Stürmen natürlich auch eine Gefahr für das Erreichen des Ziels darstellt.
Strophe 4
Jetz hab ich / meine Uhr zu richten / keinen Fug [Gegenteil von „Unfug“, also richtiges Tun, hier wohl Geschicklichkeit].
Dann wollen mich die Wind auf andre Zufahrt dringen [hindrängen],
bring′ an den Hafen mich / mein Gott / es ist genug!
- In der vierten Strophe, im zweiten Terzett des Sonetts, werde noch einmal zwei zentrale Probleme genannt.
- Zum einen kommt das lyrische Ich anscheinend nicht dazu, seine Uhr richtig einzustellen, also den richtigen Zeitpunkt zu bestimmen, was für die Navigation nötig ist.
- Zum anderen gibt es dann eben auch ungünstige Winde, die das Schiff vom Ziel wegdrängen.
- Das Gedicht endet mit der Bitte an Gott, ihm, dem lyrischen Ich, in dieser Situation zu helfen, doch das Ziel zu erreichen.
- Und der letzte Gedanke ist die Klage, dass es genug sei.
Das bedeutet soviel wie, dass das lyrische Ich mit seiner Kraft am Ende ist und jetzt himmlische Hilfe braucht.
Aussage, Bedeutung
Das Gedicht zeigt,
- dass im Lebenslauf des lyrischen Ichs zwei Gegenkräfte miteinander ringen:
- Das sind zum einen die Stürme des Lebens,
- zum anderen aber auch der feste Wille, ein höheres Ziel zu erreichen, dass man ja im Blick hat.
- Nachdem noch einmal ausführlich die Sicherheit des Zielhafens beschrieben wird, stellt sich doch heraus, dass die Schwierigkeiten so groß sind, dass das lyrische Ich schließlich Gott um Hilfe bittet und auch zugibt, dass es mit der eigenen Kraft am Ende ist.
- Letztlich ist es ein Gedicht, das den festen Willen eines Menschen verdeutlicht, ein hohes Ziel sicher zu erreichen, und zugleich am Ende doch auch eingesteht, dass das nur mit göttliche Hilfe möglich ist.
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