Mascha Kaléko, „Für einen“

Anmerkungen zum Gedicht „Für einen“ von Mascha Kaléko

Im Folgenden versuchen wir uns induktiv, also Zeile für Zeile an die Aussage und die Bedeutung des Gedichts heranzuarbeiten.

Gerade weil sich das Gedicht sehr in Andeutungen ergeht, kommt es darauf an, das Bedeutungspotenzial der einzelnen Wörter auszuleuchten.

Wie immer gehen wir „induktiv“ vor, bauen also das Verständnis „von unten“ auf und achten dabei darauf, den jeweiligen Verständnisstand immer wieder am Text zu überprüfen (Verfahren der Hermeneutik).

Auswertung des Titels

  • Das Gedicht macht schon durch die Überschrift „Für Einen“ deutlich, dass es für jemanden geschrieben worden ist
  • und dann auch noch für „einen
  • Das sieht sehr nach Liebesgedicht aus (Deutungshypothese)
  • Offen bleibt dabei erst mal, was das lyrische Ich dem „einen“ zu sagen hat. Aber man darf wohl von etwas Positivem ausgehen.

Strophe 1

  • Zu Beginn der ersten Strophe spricht das lyrische Ich zunächst von den „andern“. Das „weite Meer“ hört sich dabei zunächst durchaus positiv an als etwas Offenes, mit vielen Möglichkeiten.
  • Dann kommt das „aber“- und es ist von einem „Hafen“ die Rede.
  • Damit verbindet sich die Idee eines Ziels, eines Nach-hause-Kommens und auch des Sicher-Seins.
  • Die letzten beiden Zeilen wollen erstaunlicherweise das Gegenüber, den Partner, beruhigen, indem darauf hingewiesen wird, dass es immer eine Rückkehr zu ihm geben werde.
  • Offen bleibt die Frage, warum man sich denn überhaupt von diesem „Hafen“ entfernt.
  • Man kann nur annehmen, dass es dafür Notwendigkeiten gibt. Welcher Art die sind, bleibt unklar.
  • Angesichts der offensichtlich vorhandenen Ängste des Partners ist es naheliegend, dass das lyrische Ich offensichtlich immer auch wieder mal „raus muss“, wie man schön sagt.
  • Wer sich in Partnerschaft auskennt, weiß um das Miteinander und Gegeneinander von Nähe und Distanz, das hier möglicherweise eine Rolle spielt.

Strophe 2

  • In der zweiten Strophe geht das lyrische Ich etwas genauer ein auf das, was das „weite Meer“ an Erlebnissen mit sich gebracht hat.
  • Es geht um „Stürme“, die erstaunlicherweise die „Segel leer“ ließen.
  • Möglicherweise soll das deutlich machen, dass man sich nicht hat fortreißen lassen – vielleicht in eine neue Beziehung.
  • Dann wird das „weite Meer“ das „bunte Meer“,  was eindeutig noch attraktiver sein dürfte.
  • Das bleibt so stehen,
  • ihm wird am Ende nur wieder der Hafen entgegengesetzt, was offensichtlich einen höheren Stellenwert haben soll.

Strophe 3

  • Die letzte Strophe verändert dann den Ausgangs- und Rückkehrort, indem ein „Leuchtturm“ hinzugefügt wird.
  • Das soll wohl deutlich machen, dass zu Hause eben nicht nur Sicherheit wartet, sondern auch etwas, was den Weg weist.
  • Und das Du, der Partner, ist „letztes Ziel“, auf ihn läuft also letztlich alles zu.
  • Die Wiederholung des „ruhig schlafen“ wird verbunden mit der Anrede „Liebster“, was die Sonderstellung des angeredeten Partners deutlich macht.
  • Noch einmal geht es um die „andern“ – die drei Punkte sollen wohl deutlich machen, dass hier nachgedacht wird, um die beste Formulierung zu finden.
  • „Wellenspiel“ ist eine sehr offene Formulierung: Dort ist Bewegung, aber eben auch nur Spiel.
  • Am Ende dann wieder das Du als der sichere und letztgültige Hafen.

Auswertung

  1. Das Gedicht geht davon aus, dass es wohl nicht selbstverständlich ist, dass der Partner ruhig schlafen kann.
  2. Offen bleibt, welcher Art die Sorgen sind, die er sich machen könnte. Es muss aber wohl nicht nur mit „Stürmen“ zu tun haben, sondern auch mit dem „Wellenspiel“ des lyrischen Ichs.
  3. Dem lyrischen Ich ist es wohl wichtig, immer wieder zu betonen, dass der Partner als „Hafen“ das Wichtigste ist, das letzte Ziel.
  4. Aber ganz offensichtlich braucht das lyrische Ich auch einiges an Auslauf
  5. und muss sich vielleicht auch selbst deutlich machen, wohin es trotz allem und eigentlich gehört.

Weiterführende Hinweise