Deutungshypothese: Kurzinfo:
Ausführliche Erklärung
- Wenn man ein Gedicht interpretieren muss, taucht häufig der Begriff „Deutungshypothese“ auf – was ist damit gemeint und wie geht man damit am besten um?
- Zunächst einmal zeigen wir, dass so etwas durchaus zum Alltag gehört und nicht nur bei der Interpretation von Gedichten vorkommt.
- Hypothese bedeutet, dass es eine vorläufige Annahme ist, die man anschließend überprüfen muss. Stellen wir uns vor: Wir kommen zur Schule – und vor der Schule steht ein Feuerwehrfahrzeug. Schon fangen wir an, die Situation zu analysieren: Brennt es irgendwo? Werden Schläuche ausgerollt? Verlassen Leute in Panik die Schule? All das ist nicht gegeben – aber ein Feuerwehrmann erzählt uns, dass es einen Brand in einer Toilette gegeben hat – und man vermutet Brandstiftung
- Deutung bedeutet immer, dass man etwas, was man vorher analysiert hat, in größere Zusammenhänge stellt. Auf der Basis unserer Informationen fangen wir an, den Fall zu „deuten“. Das heißt: Wir stellen uns die Frage, was das für uns, die Schule, die Stadt und indirekt den Staat bedeutet, wenn Toiletten angezündet werden. Wer macht so etwas? Was kann man dagegen tun?
- Zurück zur Gedichtinterpretation: Auch hier muss erst analysiert werden – für eine Hypothese reicht es, das Gedicht einmal zu überfliegen und dann eine Vermutung anzustellen – zunächst über seine Aussage und anschließend darüber, worin die Bedeutung des Gedichtes liegen könnte.
- Wir zeigen das mal an einem Beispiel und nehmen dazu das Gedicht von Eichendorff: „Frische Fahrt“:
Beispiel: Eichendorff, „Frische Fahrt“
Joseph von Eichendorff
Frische Fahrt
Laue Luft kommt blau geflossen,
Frühling, Frühling soll es sein!
Waldwärts Hörnerklang geschossen,
Mutger Augen lichter Schein;
Und das Wirren bunt und bunter
Wird ein magisch wilder Fluß,
In die schöne Welt hinunter
Lockt dich dieses Stromes Gruß.
Und ich mag mich nicht bewahren!
Weit von euch treibt mich der Wind,
Auf dem Strome will ich fahren,
Von dem Glanze selig blind!
Tausend Stimmen lockend schlagen,
Hoch Aurora flammend weht,
Fahre zu! Ich mag nicht fragen,
Wo die Fahrt zu Ende geht!
10. Diese Hypothese muss dann am Text überprüft werden – und wir sind guter Dinge, dass man sie „verifizieren“ kann. Das heißt: Aus der Hypothese wird eine begründete Ergebnisthese.
Beispiel: Storm, Die graue Stadt am Meer“
- dass etwas, was scheinbar unansehnlich, ja fast hässlich erscheint,
- auf Grund einer gemeinsamen Geschichte
- doch als sehr schön empfunden werden kann.
- Man beginnt mit dem Einleitungssatz: „Das Gedicht zeigt…“
- Dann nimmt man zentrale Aussagen des Textes auf: In diesem Falle beginnt man mit dem deutlichen Signalbündel in Richtung „unansehnlich“, „hässlich“
- Anschließend verweist man auf den entscheidenden Punkt, der zu einer anderen Sicht führt.
- Am Ende nennt man dann noch diese neue Sicht.