Kleine Vorbemerkung zu den Zusammenhängen:
- Ende des 18. Jahrhunderts gab es zwei Entwicklungen, die zusammen zu neuen Staats- und Gesellschaftsformen führten. Die Industrielle Revolution schwächte den Adel und stärkte das Bürgertum – denn das investierte in die neuen Fabriken.
- Dazu kamen die Ideen der Aufklärung, die dem Bürgertum gewissermaßen die geistige Lizenz zu Veränderungen bis hin zur Revolution gaben.
- Die neuen Prinzipien setzten sich zuerst in Amerika durch, wo die englischen Kolonien sich vom Mutterland lossagten und einen eigenen Staat, eine freie Republik, gründeten.
- Es folgte Frankreich, in dem Vertreter vor allem des Bürgertums das absolutistische System und die Ständegesellschaft abschafften und verschiedene Verfassungsvarianten ausprobierten. Vor allem der Krieg gegen die alten Mächte radikalisierte dann die Revolution immer weiter und es kam zum Terror.
- Napoleon sorgte dann für die Beibehaltung wichtiger Fortschritte, zugleich aber für ein neues System der Stabilität und Sicherheit. Allerdings begann er neue Kriege, die schließlich auch in seinem Sturz endeten.
- Es begann die Zeit der Restauration, die die alten Verhältnisse aber nicht komplett wiederherstellen konnten.
- Die Deutschen versuchten zunächst 1848 in einer Revolution auch die nationale Einheit herzustellen – als das scheiterte, waren sie schließlich froh, dass Bismarck ihnen die Einheit mit Hilfe von drei Kriegen und als Maßnahme der Monarchen in Deutschland schenkte.
- Damit hatten die Deutschen die Einheit bekommen, aber nicht ihr zweites Ziel, nämlich die Freiheit, über die Politik selbst zu bestimmten, also keine richtige Demokratie.
- Es waren dann die unfähigen Nachfolger Bismarcks, die das neue Reich im Ersten Weltkrieg in den Abgrund führten und indirekt schließlich sogar die Herrschaft Hitlers ermöglichten.
- Insgesamt sieht man, wie Politik und Wirtschaft zusammenhängen: Beide Kräfte bringen das Bürgertum in eine immer stärkere Position, so dass es schließlich in Deutschland zumindest ein bisschen Mitbestimmungsmöglichkeiten bekommt.
15 1815 – 1848: die Jahre des scheinbaren Rückschritts
15.1 Die große Enttäuschung für die Deutschen
15.2 Fast wieder die alten Verhältnisse
15.3 Rückzug ins Private
16 1848: Das Jahr des scheinbaren Scheiterns der Revolution in Deutschland
- Sie wollten Freiheitsrechte, wie sie sich die Franzosen in der Revolution von 1789 erkämpft hatten.
- Außerdem wollten Sie die staatliche Einheit aller deutschen / deutschsprachigen Länder.
16.1 Frankreich erneut als Vorbild
16.2 Große Ideen – wenig Macht und Erfolg
16.2.1 Februar 1848: Frankreich legt vor – Deutschland folgt nach
Frankreich ging nach dem Februar 1848 sogar soweit, erneut eine Republik auszuprobieren, die allerdings bald in ein erneutes Kaisertum, das Napoleons III., mündete. Die Deutschen übernahmen zumindest ein bisschen von dem revolutionären Schwung der Franzosen und setzten – weitgehend friedlich im Südwesten Deutschlands und in blutigen Barrikaden – Kämpfen in Wien und Berlin – die Vorbereitung neuer, demokratischer Verfassungen durch.
Dazu eine kleine Anmerkung aus dem Februar des Jahres 2014: Die Schüler, die sich seit einiger Zeit nicht so recht vorstellen konnten, wie nicht weit von ihnen entfernt Revolutionen aussehen könnten, bekamen in der Ukraine ein sehr beeindruckendes Beispiel geliefert. Dies nur als Tipp an alle Lehrer: Ein Vergleich der Entwicklung von 1848 mit der in der Ukraine könnte erhellend sein.
Das Paulskirchenparlament – fleißig, aber ohne Macht
Ab dem Mai 1848 wurde in Frankfurt in der Nationalversammlung intensiv gearbeitet. Beson-ders lange wurde an einem ersten Katalog von Grundrechten gearbeitet. Gleichzeitig ver-schoben sich aber die realen Machtverhältnisse immer stärker zu Ungunsten der Revolutio-näre. Sie hatten kein wirklich mächtiges vorläufiges Staatsoberhaupt, sondern nur einen so genannten „Reichsverweser“ ohne militärischen und bürokratischen Unterbau.
16.2.2 Stufenweises Scheitern
16.3 Das traurige Ende der Revolution in Deutschland
16.4 Warum ist die Revolution gescheitert?
16.4.1 Das französische Schreckbild für die Bürger
Es kamen verschiedene Dinge zusammen: Ein wichtiger Punkt war, dass erstmals auch Ar-beiter an den revolutionären Entwicklungen beteiligt waren. In Frankreich erhoben sie so mächtig ihre Stimme, dass sie sogar vom Militär zusammengeschossen werden mussten.
16.4.2 Der König als Partner des Bürgertums
Dafür gab es ja auch schon ein großes Vorbild, nämlich die Reformen des Herrn von Stein, der nach 1807 in Preußen auch eine „Revolution von oben“, also im Auftrag des Königs und mit seiner Zustimmung, durchgesetzt hatte. Das war ein Modell, auf das man jetzt gerne zu-rückgriff.
Das Problem war nur, dass da kein großer Feind mehr war, den König und Volk zusammen bekämpfen mussten und wollten. Jetzt sah man eher im Volk den Feind und tat alles, um es auf alle mögliche Weise auszutricksen.
16.4.3 Deutsche Besonderheiten: Keine Hauptstadt – aber viel Untertanengeist
Was Deutschland vor allem auch fehlte, war ein großes nationales Zentrum wie Paris, in dem die Aufstandsbewegung sich geschlossen formieren konnte. Die Deutschen hatten es mit zig größeren und kleineren Fürsten zu tun – die nationale Spaltung lähmte auch die nationale Revolution.
16.5. Die „Bedeutung“ der „Märzrevolution“ von 1848/49
- Zunächst etwas Grundsätzliches zum Begriff der „Bedeutung“ eines historischen Ereignisses
- Am besten geht man von der normalen Bedeutung eines Wortes aus: Nehmen wir mal eine Gruppe von Freunden. Dabei können Prioritäten eine Rolle spielen („bester Freund“), aber auch Besonderheiten (ein Freund für Sport, einer fürs Reden, einer für Reisen usw.)
- Ein historisches Ereignis hat also zum einen eine Bedeutung in der Wichtigkeitsskala,
hier liegt die Revolution von 1848 weit vorne, siehe die Begründung unten. - zum anderen in seiner Besonderheit.
Hier ist zum Beispiele eine Besonderheit, dass es am Anfang vor allem eine geistige Revolution war, d.h. das Paulskirchenparlament hat monatelang über die Verfassung und die Grundrechte beraten. Bei der Verfassung noch mit besonderem Gewicht auf der Frage der Staatsspitze und der Einbeziehung Österreichs).
- Nun also zu einer möglichst umfassenden Beurteilung der Bedeutung dieser Revolution:
Diese Revolution ist ein Schlüsselereignis der deutschen Geschichte, weil sie zeigt,- dass auch die Deutschen sich für wichtige Ziele erheben könnem,
- dass es dabei zumindest kurzzeitig zu einem Bündnis zwischen Bürgern und Arbeitern kommt,
- dass die große Leistung der Erarbeitung der Grundrechte und einer Verfassung zugleich den Fürsten Gelegenheit gab, in die Gegenoffensive zu gehen,
- dass letztlich die Bürger sich eher mit den Fürsten verbündeten, als mit den Unterschichten zusammen aufs Ganze zu gehen,
- dass sie Spuren hinterlassen haben, die in alle späteren Verfassungen hineinwirkten, besonders die der Weimarer Republik.
- Die Revolution von 1848/1849 wurde in ihrer Sprengkraft gemindert, weil in den Preußischen Reformen ein Konzept einer „Revolution von oben“ durchgesetzt wurde (Stein-Hardenbergsche Reformen). Dies gab besonders den Bürgern immer die Perspektive, Fortschritte eben zusammen mit dem König zu probieren.
- Diese änderte sich erst in der Novemberrevolution von 1918, weil da die Monarchien eindeutig abgewirtschaftet hatten und durch die Niederlage auch diskreditiert waren (ihre Glaubwürdigkeit verloren hatten).
- Umstritten ist die Idee eines „deutschen Sonderwegs“ im Vergleich zu England und Frankreich, der auch bei der Bewertung der Revolution von 1848 eine Rolle spielt. Gemeint ist damit, dass es bei den Deutschen eine geringere gemeinschaftliche revolutionäre Basis gab als zum Beispiel in Frankreich und dass man eben mehr auf Ordnung und organische Entwicklung setzte. Von Lenin stammt ja wohl die Einschätzung, dass die Deutschen sich, wenn sie in einer Revolution einen Bahnhof stürmen wollten, zunächst noch eine Bahnsteigkarte (damals so eine Art Eintrittskarte) kaufen würden.
17 Der Weg zur halben Erfüllung der Träume der Deutschen
17.1 Folgen der Revolution I: Preußen scheitert bei einem ersten Versuch einer Eini-gung Deutschlands
17.2 Folgen der Revolution II: Der preußische König versucht es mit ein bisschen Demokratie
17.3 1862 – der preußische König ist am Ende – fast
17.4 Bismarck rettet das alte Preußen
So wurde plötzlich einer der konservativen Preußen Chef der Regierung und erschreckte auch in einer seiner ersten Reden gleich die Abgeordneten mit dem Hinweis, ein einiges Deutschland könne nur durch „Blut und Eisen“ und keineswegs durch „Majoritätsbeschlüsse“, also demokratische Entscheidungen, geschaffen werden.
17.5 … und gewinnt dann die Herzen der Deutschen
Es war dann Bismarcks Glück, dass die auch mit seiner Hilfe reorganisierte preußische Ar-mee 1864 zunächst mit Österreich zusammen Dänemark besiegte, zwei Jahre später dann auch Österreich selbst und im Jahre 1870 auch noch Frankreich, dessen Kaiser sich von Bismarck zu einer Kriegserklärung hatte provozieren lassen (Emser Depesche).
Bismarck wurde übrigens durch die Siege zum vorläufig größten Deutschen aller Zeiten, dem das Parlament dann gerne seine Verfassungsmauscheleien von 1862 verzieh (Indemnitätsvorlage).