In einer Kurzgeschichte einen Perspektivenwechsel unterbringen (Kreativ-Übung: Mat1848)

Beispiel für Perspektivenwechsel

Zunächst der Original-Einstieg der Kurzgeschichte:
https://textaussage.de/frerich-wenn-schule-schule-macht

Hajo Frerich,

Wenn Schule “Schule macht”

Es war schon immer ein Problem, Nina morgens aus dem Bett zu bekommen. Aber diesmal war es besonders schlimm. Als er sich nämlich über sie beugte, sie leicht am Arm rüttelte und sagte: „Viertel nach sieben – es wird knapp, wenn du noch rechtzeitig in der Schule sein willst“, kam nur ein gereiztes Stöhnen zurück. Also zog er gleich die ultimative Karte: „Wir hatten doch abgesprochen, dass wir morgens kein Theater machen. Ich wecke dich zum letztmöglichen Zeitpunkt – aber dann musst du auch raus.“

Was er dann zu hören bekam, verschlug ihm doch die Sprache: Nina meinte nur relativ locker, sich schon wieder wegdrehend. „Ach, Papa, mein Poli-Lehrer sagt dazu nur: Abmachungen müssen immer wieder neu verhandelt werden.“

Man sieht hier deutlich, dass der größte Teil aus der Perspektive des Vaters präsentiert wird – und wir nur indirekt bzw. über die Äußerungen der Tochter etwas von ihr erfahren.

Einschub eines Perspektivenwechsels

Als Vater hat man es nicht leicht. Es war schon immer ein Problem, Nina morgens aus dem Bett zu bekommen. Aber diesmal war es besonders schlimm. Als er sich nämlich über sie beugte, sie leicht am Arm rüttelte und sagte: „Viertel nach sieben – es wird knapp, wenn du noch rechtzeitig in der Schule sein willst“, kam nur ein gereiztes Stöhnen zurück.

Sie konnte das überhaupt nicht haben. Immerhin war sie schon 16 Jahre alt und es gab Wichtigeres, als morgens rechtzeitig in der Schule zu sein.

Dieses Stöhnen gab ihm den Rest. Also zog er die ultimative Karte: „Wir hatten doch abgesprochen, dass wir morgens kein Theater machen. Ich wecke dich zum letztmöglichen Zeitpunkt – aber dann musst du auch raus.“

Sie überlegte, was sie darauf antworten konnte.  Es musste ein richtiger Treffer sein. Sie wusste, sonst gab der Mann keine Ruhe. Dann kam ihr eine Idee.

Es hatte ein bisschen gedauert. Aber dann kam der Hammer. Was er zu hören bekam, verschlug ihm einfach die Sprache: Nina meinte nur relativ locker, sich schon wieder wegdrehend. „Ach, Papa, mein Poli-Lehrer sagt dazu nur: Abmachungen müssen immer wieder neu verhandelt werden.“

Auswertung

Man sieht deutlich, dass es grundsätzlich geht, auch in einer ganz normalen Kurzgeschichte einen Perspektivenwechsel einzubauen. In diesem Falle geschah das vor allem durch die sogenannte „erlebte Rede“. Da gibt der Erzähler das wieder, was eine Figur denkt, aber in seiner Perspektive, was die Pronomina und das Erzähltempus angeht.

Aus „Es muss ein richtiger Treffer sein. Ich weiß, sonst gibt der Mann keine Ruhe“.

Wird: „Es musste ein richtiger Treffer sein. Sie wusste, sonst gab der Mann keine Ruhe“.

Für den Leser bedeutet das, dass er eben nicht nur alles aus der Perspektive des Vaters erfährt, sondern auch die Überlegungen der Tochter mitbekommt. Ob das die Geschichte verbessert, ist eine andere Frage.  Da müsste man die erlebte Rede wohl noch ausbauen. Aber immerhin erfährt man hier als Leser zusätzlich, dass Nina meint „einen Treffer“ landen zu müssen, und dass sie glaubt, dass ihr Vater sonst noch weiterbohrt.

Noch ein Nachtrag: Wie man sieht, kann es an einigen Stellen sein, dass sich nicht einfach so nur etwas einfügen lässt. Man muss ggf. auch mal Übergänge etwas abändern.

Ausgangstext:

kam nur ein gereiztes Stöhnen zurück.

Sie konnte das überhaupt nicht haben. Immerhin war sie schon 16 Jahre alt und es gab Wichtigeres, als morgens rechtzeitig in der Schule zu sein.

Dieses Stöhnen gab ihm den Rest. Also zog er die ultimative Karte:

Hier schafft der grüne Teil eine bessere Überleitung, weil das „Stöhnen“, worauf sich das Folgende bezieht, durch den Einschub schon etwas weit entfernt ist.