Was hat eine Szenenanalyse mit dem realen Leben zu tun?

Was hat die Szene eines Dramas mit dem normalen Leben zu tun?

Viele Schüler fragen sich, warum sie im Deutschunterricht Szenen analysieren sollen – und viele Lehrer haben auch nicht die Zeit, es ihnen zu erklären.

Deshalb versuchen wir es hier einmal.

Eine Szene ist ein Teil eines Dramas – und dort gibt es immer einen Konflikt.

Das ist zunächst einmal Teil der Literatur, hat also nichts zu tun mit einer konkreten Lebenssituation.

Aber das ganz normale Leben kann durchaus auch Konflikte enthalten, die wie in einem Drama ablaufen. Nur spielen sie sich zum Beispiel auf dem Schulhof ab und nicht auf der Bühne.

Und niemand muss sich überlegen, wie die erste Szene gestaltet wird, damit Zuschauer verstehen, worum es geht.

Das ändert aber nichts daran, dass ein Konflikt im normalen Leben ganz ähnlich ablaufen kann wie auf der Bühne – nur, dass sich niemand darum kümmert, ob die Menschen, die es zufällig mitbekommen, es auch verstehen.

Hinweis auf ein Video zu diesem Thema:

Wir haben dieses Thema auch in einem Video verarbeitet.

Es kann hier angeschaut werden.

Videolink
Die Dokumentation kann Mat1944-VV Deutschunterricht bringt was – Beispiel Szenenanalyse heruntergeladen werden.

Ein Alltagsbeispiel, das durchaus auch auf der Bühne gespielt werden könnte

Spielen wir das mal an einem (fiktiven) Beispiel durch, das uns aber helfen soll, die Sache zu verstehen.

  • Ben und Kira verlassen gemeinsam das Schulgebäude und gehen in die Pause:
  • Ben:
    „Sag mal, was sollte das da eben?!
  • Kira: „Was?“
  • Ben:
    Jetzt tu nicht so blöd, du weißt genau, was ich meine.“
  • Kira:
    Nein, weiß ich wirklich nicht.
  • Ben:
  • Na, das mit Tim?
  • Kira:
    Mit Tim?
  • Ben immer wütender werdend:
    Ja, mit Tim. Meinst du, ich merkt nicht, wie dein Ex sich wieder an dich ranmacht? Denk dran, wie er dich damals behandelt hat. Du hast dich dann bei mir ausgeheult – und ich dachte, wir gehören zusammen. Aber jetzt. Ich fasse es nicht, geht das wieder los. Glaub ja nicht, dass ich da noch einmal mitspiele.“

Jetzt kann sich jeder selbst ausdenken, wie diese Auseinandersetzung weitergeht. Kira könnte erklären, dass es viel harmloser war, als es sich für Ben aus 5m Entfernung dargestellt hat. Dann lenkt Ben ein und alles ist wieder gut.

Es kann aber auch sein, dass Bens Eifersuchtsausbruch Kira verletzt hat und sie darauf auch negativ reagiert, was den Konflikt verschärft.

Und wenn Tom das zufällig mitbekommen hat, wird er als Freund von Ben hinterher möglicherweise gefragt werden: „Was ist denn da eben zwischen Kira und mir abgegangen?“ Und er wird sehr dankbar sein, wenn Tom dann mit einer Szenenanalyse beginnt, die ihm hilft, sein Verhalten  zu verstehen und das Ergebnis zu interpretieren. Der einzige Unterschied zum Drama auf der Bühne ist, dass es den Beteiligten weh tut und dass sich Tom von Ben die Vorgeschichte erklären lassen muss und auf dessen Wunsch hin vielleicht anschließend Kira nach ihrer Sicht der Dinge fragt.

Auswertung: Parallelen zwischen Konfliktsituationen im Alltag und einer Dramenszene

Auf jeden Fall ist deutlich geworden, dass eine ganz normale Auseinandersetzung auf dem Schulhof die gleiche Qualität haben kann wie eine Szene auf der Bühne:

  1. Sie hat eine Vorgeschichte, die hier zum Teil deutlich wird.
  2. Sie hat einen Verlauf
  3. und sie hat ein Ergebnis, einen neuen Konfliktstand.
  4. Eine große Rolle spielen auch die Sprechanteile sowie überhaupt der Ablauf der Kommunikation.

Es schadet also nicht, so etwas im Deutschunterricht zu trainieren – und da ist es sicher besser, wenn es um einen Beziehungskonflikt aus Schillers Drama „Kabale und Liebe“ geht, als wenn Ben und Kira ihren Konflikt vor allen anderen vorspielen müssten.