Wolf Wondratschek, „In den Autos“

Anmerkungen zu Wondratscheks Gedicht „In den Autos“

Überlegungen zum Titel

Es wird ein Ort angegeben – die Formulierung ist aber ungewöhnlich, weil man hier einfach eine Fortsetzung erwartet – mit einer Information, was in den Autos zu sehen ist oder geschieht.

Zeilen 1-5

  • Die ersten fünf Zeilen schildern eine Situation, wie sie einem aus früheren Zeiten erzählt wird, als die Menschen bei einer Urlaubsreise (darum könnte es gehen) nur das Radio zu ihrer Unterhaltung hatten und wahrscheinlich eine Landkarte zur Verfolgung des Reiseziels.
  • Es ist vor allen Dingen die Schlusszeile, die einen auf den Gedanken mit der Urlaubsreise bringen kann. Denn nach dem Zweiten Weltkrieg war es ja wirklich für viele Familien das größte Erlebnis, sich in einem alten VW zum Beispiel über die Alpen zu quälen, um dann in das gelobte Land Italien zu kommen.

Zeilen 6-19

  • Es folgt dann eine Abfolge von Beispielen für falsches Leben.
    • (6/7) In den ersten beiden Zeilen geht es um Postkarten, die geschrieben werden, um Menschen zu endgültigen Entschlüssen aufzufordern. Möglicherweise ist hier jemand aus einer Beziehung geflohen und der oder die Zurückgelassene möchte den Adressaten der Postkarten im Urlaub auffordern, sich in eine feste Beziehung und Bindung zu begeben. Dafür sprechen die Textsignale „Einsamkeit“ und die Rede von „endgültigen Entschlüssen“ als Kurzform für Eheschließungen.
      Für diese Hypothese spricht auch,dass nach einer kurzen Unterbrechung wieder eher negativ von der Liebe und ihren Perspektiven die Rede ist.
    • 8-9: Dazwischen findet sich ein Beispiel, bei dem Leute offensichtlich auch im Urlaub falsche Erwartungen haben und nur enttäuscht werden können.
    • 10-12: In den Zeilen 10-12 wird jede Hoffnung auf ein glückliches Liebesleben abgeräumt. Interessant ist die Begründung, dass Liebe eben keine „Privatsache“ sei. Das könnte darauf hindeuten, dass äußere Einflüsse eine Beziehung zum Scheitern bringen, zum Beispiel Probleme mit den Familien oder den Freundeskreisen oder auch besondere Anforderungen im Arbeitsleben.
    • 13-14: In diesen Zeilen geht es um große Hoffnungen, für die man entweder nicht genug tun kann oder eben tut.
    • 15-17: Hier wird es besonders radikal, weil das Leben mancher Menschen nicht nur mit Filmstars, sondern sogar mit toten Filmstars verbunden wird, was im Hinblick auf das Warten „auf den richtigen Augenblick“ natürlich völlig absurd ist. Möglicherweise gehen hier die Gefühle mit dem lyrischen Ich durch, was deutlich machen würde, dass es selbst ein Problem hat oder ist.
    • 18-19: Hier geht es um Menschen, die sterben, „ohne für ihre Sache gestorben zu sein“. Das kann man natürlich ernst nehmen – und dann wäre man bei Menschen, die ihr Leben bei der Verfolgung großer Ziele verloren haben. Man kann das aber auch im übertragenen Sinne verstehen – und dann stände die Formulierung nur für maximalen Einsatz, der hier dann fehlen würde.

Zeilen 20-24

  • Die Zeilen 20-24 wiederholen dann den Anfangsteil noch einmal und  machen damit auch vom Aufbau her deutlich, dass hier eigentlich nichts geschieht und man möglicherweise ja auch selbst auf einerReise ist, in der falsche Erwartungen nur enttäuscht werden können.

Zusammenfassung – Aussage – Bedeutung

  • Insgesamt zeigt das Gedicht Menschen, die, wie die Beispiele zeigen, hohe Erwartungen haben, die entweder von vornherein falsch sind oder für die nicht genügend getan wird.

  • Es wird aber letztlich deutlich, dass das lyrische Ich aus dieser Nummer auch nicht herauskommt.

  • Es erkennt zwar das Fehlverhalten anderer, bleibt aber selbst auch in einer Spur, die wie ein weiteres negatives Beispiel menschlichen Lebens und Verhaltens aussieht.

  • Dazu würden auch die Übertreibungen passen, die eher für unbewältigte Gefühle als für Lösungsideen sprechen.

Wer noch mehr möchte …