„tschick“ – Kapitel 5

Das 5. Kapitel des Romans „tschick“.

Nach den Polizei- und Krankenhauskapiteln geht es jetzt erstmals um schulische Erfahrungen und besonders das Mädchen, das schon gleich am Anfang als sehr wichtig vorgestellt worden ist. Dabei hat es bei dem, was zu den Problemen geführt hat, überhaupt keine Rolle gespielt.

Zitat 1: Die zwei Gründe für einen Spitznamen

  • „Wenn man keinen Spitznamen hat, kann das zwei Gründe haben. Entweder man ist wahnsinnig langweilig und kriegt deshalb keinen, oder man hat keine Freunde.
  • Wenn ich mich für eins von beiden entscheiden müsste, war’s mir, ehrlich gesagt, lieber, keine Freunde zu haben, als wahnsinnig langweilig zu sein.
  • Weil, wenn man langweilig ist, hat man automatisch keine Freunde, oder nur Freunde, die noch langweiliger sind als man selbst.
  • Es gibt aber auch noch eine dritte Möglichkeit. Es kann sein, dass man langweilig ist und keine Freunde hat.
  • Und ich fürchte, das ist mein Problem. „

Die Stelle zeigt, dass

  1. es wichtig ist, in seinem sozialen Umfeld überhaupt erst mal wahrgenommen zu werden. Und ein Spitzname zeigt genau das.
  2. Außerdem werden zwei Voraussetzungen für einen Spitznamen genannt, nämlich dass man nicht „langweilig“ ist bzw. „Freunde“ hat.
    • Anregung: Hier könnte man mal in seinem eigenen Umfeld prüfen, wie es da mit Spitznamen aussieht und inwieweit sie wirklich „Wahrnehmung“ zeigen. Das bedeutet ja, dass andere genau hingeschaut haben.
    • Anregung: Interessant ist, dass Tschick lieber „keine Freunde“ zu haben, als „wahnsinnig langweilig“ zu sein. Hier könnte man überprüfen, ob man auch so denkt – und warum.
    • Anregung: Überprüfen könnte man auch, ob Maik sich hier nicht selbst wieder zurücknimmt – mit seiner Begründung, dass er nicht langweilig sein möchte, weil er dann keine Freunde mehr hat. Spielt das „Langweilig-Sein“ nicht auch für einen Menschen selbst eine Rolle?
    • Schließlich kann man mal im bisherigen Verlauf des Romans nachschauen, wie „langweilig“ Maik sich da wirklich präsentiert.

Zitat 2: Wann und wie man einen Menschen überhaupt erst bemerkt

  • „Auf dem Gymnasium habe ich dann erst mal niemanden kennengelernt.
  • Ich bin nicht wahnsinnig gut im Kennenlernen.
  • Und das war auch nie das ganz große Problem für mich.
  • Bis Tatjana Cosic kam. Oder bis ich sie bemerkte. Denn natürlich war Tatjana schon immer in meiner Klasse. Aber bemerkt hab ich sie erst in der Siebten. Warum, weiß ich nicht.
  • Aber in der Siebten hatte ich sie auf einmal voll auf dem Schirm, da fing das ganze Elend an.
  • Und ich sollte jetzt wahrscheinlich langsam mal anfangen, Tatjana zu beschreiben. Weil sonst alles, was danach kommt, unverständlich ist.
    • Tatjana heißt mit Vornamen Tatjana und mit Nachnamen Cosic.
    • Sie ist vierzehn Jahre alt und 1,65m groß, und ihre Eltern heißen mit Nachnamen ebenfalls Cosic. Wie sie mit Vornamen heißen, weiß ich nicht.
    • Sie kommen aus Serbien oder Kroatien, jedenfalls kommt der Name daher,
    • und sie wohnen in einem weißen Mietshaus mit vielen Fenstern – badabim, badabong.
    • Schon klar: Ich kann hier noch lange rumschwafeln, aber das Erstaunliche ist, dass ich überhaupt nicht weiß, wovon ich rede. Ich kenne Tatjana nämlich überhaupt nicht. Ich weiß über sie, was jeder weiß, der mit ihr in eine Klasse geht. Ich weiß, wie sie aussieht, wie sie heißt und dass sie gut in Sport und Englisch ist. Und so weiter. Dass sie 1,65 groß ist, weiß ich vom Tag der Schuluntersuchung.
    • Wo sie wohnt, weiß ich aus dem Telefonbuch, und mehr weiß ich praktisch nicht.
    • Und ich könnte logisch noch ihr Aussehen ganz genau beschreiben und ihre Stimme und ihre Haare und alles. Aber ich glaube, das ist überflüssig.
    • Weil, kann sich ja jeder vorstellen, wie sie aussieht:
    • Sie sieht super aus. Ihre Stimme ist auch super. Sie ist einfach insgesamt super. So kann man sich das vorstellen.“

Die Stelle zeigt, dass

  1. wie das mit der Wahrnehmung zwischen Menschen aussieht – vor allem dann, wenn es um Gefühle geht,
  2. dass Maik schon etwas recherchiert hat – über das hinaus, was man direkt in der Schule mitbekommt,
    • Anregung: Was soll die Stelle „badabim, badabong“? Was drückt sie aus? Warum bricht Maik an der Stelle aus seinem Erzählfluss aus?
  3. der Ich-Erzähler sich mal wieder an seine Leser wendet, sie also immer wieder mit einbezieht.
    • Anregung: Wie kommt Maik darauf zu sagen: „kann sich ja jeder vorstellen, wie sie aussieht“?
    • Anregung: Wie kann man den Schluss erklären, dass Maik da plötzlich nicht mehr kreativ zu sein scheint, wenn er einfach nur das Wort „super“ wiederholt?

Anregung: Vergleich dieser Stelle mit einer aus dem Roman „Der Trafikant“

Anmerkung: Es gibt in dem Roman „Der Trafikant“, der in NRW Pflichtlektüre für das Zentralabitur ist, eine Stelle, in der ein – allerdings etwas älterer – junger Mann regelrecht sprachlich explodiert, als er sagen soll, ob er ein bestimmtes Mädchen liebt.

Was man noch wissen sollte: Der junge Mann ist Mitarbeiter in einer „Trafik“, einem Kiosk. Er hat den berühmten Psychiater Sigmund Freud als Kunde kennengelernt – und der hat ihm empfohlen, sich ein Mädchen zu suchen. Das klappt auch, aber mit vielen Schwierigkeiten. Und als es mal wieder nicht so gut aussieht und er den erfahrenen Mann um Rat fragt, antwortet der mit der Frage „Liebst du sie?“

Und dann folgt ein Wasserfall von Antwort-Bausteinen, der aber seltsamerweise im Kopf bleibt.

Die entsprechende Textstelle kann man finden auf der Seite:

https://www.schnell-durchblicken2.de/trafikant-textstellen-interpretation-buch

Wir zerlegen das, was Franz hier sagt, in seine Bestandteile, so dass man besser drüber reden kann.

  • Sehr aufschlussreich ist dann die Reaktion von Franz auf die Frage des Professors, ob er Anezka liebe: S. 134: Hier wird deutlich, dass man darüber viel mehr fühlen und denken als wirklich aussprechen kann:
    Es folgt das Zitat, das für Analysezwecke in einzelne Elemente zerlegt worden ist:

    1. „Ha! , lachte Franz hell auf und schlug sich mit der Hand klatschend auf den Oberschenkel.
    2. Und gleich noch einmal hinterher: Ha! Aber natürlich!, wollte er sagen. Aber selbstverständlich! wollte er dem Professor mit einer plötzlich in ihm aufsteigenden, fast beängstigenden Fröhlichkeit ins Gesicht schreien, in den Volksgarten und in die ganze Welt hinausbrüllen.
    3. Ja, was war das überhaupt für eine Frage? Was sollte das denn, bitteschön, für eine überflüssige, idiotische, an den Haaren herbeigezogene und alles in allem völlig blödsinnige Frage sein!
    4. Natürlich liebte er sie! Selbstverständlich liebte er sie! Er liebte, liebte, liebte sie! Mehr als alles andere in der Welt! Mehr sogar als das eigene Herz und das eigene Blut und das eigene Leben!
      Ungefähr das und noch viel mehr wollte Franz dem Professor entgegenschreien. Doch merkwürdigerweise brachte er nichts davon heraus. Kein Wort. Keine Silbe. Stattdessen blieb er einfach stumm.““

 

Weiterführende Hinweise

  • Zu den weiteren Kapiteln des Romans „tschick“
  • Weitere Infos zu dem Roman „tschick“ in unserem Stichwortverzeichnis zum Buchstaben „T“
  • Ein alphabetisches Gesamtverzeichnis unserer Infos und Materialien gibt es hier.
  • Eine Übersicht über unsere Videos auf Youtube gibt es hier.