Warum ist Platos Haltung gegenüber den Dichtern überhaupt interessant?
- Ausgangspunkt ist die These, dass der Philosoph Plato die Auffassung vertreten habe, dass die Dichter eigentlich lügen und ihre Arbeit damit eigentlich abzulehnen sei oder zumindest nicht sehr wertvoll sei.
- Wir selbst haben von hier aus die gesamte Dramentheorie des Aristoteles her geleitet:
einmal im Hinblick auf „Die Physiker“:
https://textaussage.de/duerrenmatts-die-physiker-zwischen-klassischem-und-modernem-drama
und
im Hinblick auf Iphigenie (hier).
Außerdem haben wir das in unsere Gesamtübersicht über die Geschichte der Theatertheorien aufgenommen.
https://textaussage.de/lernvideo-theatergeschichte-von-aristoteles-bis-heute
Auswertung eines lesenswerten Aufsatzes von Jochen Mecke
- Nun haben wir im Internet einen Aufsatz gefunden, der das sehr viel differenzierter sieht:
Dieser Aufsatz stammt von Jochen Mecke und trägt den Titel „Du musst dran glauben, Von der Literatur der Lüge zur Lüge der Literatur“.
Zu finden ist der Aufsatz hier. - Und wir werten ihn jetzt mal im Hinblick auf Platos Verhältnis zur Literatur aus:
- Tatsächlich will Platon die Dichter aus dem Staat ausschließen, „weil sie nur Nachbildner von Schattenbildern seien“.
- Aber Plato hat nicht grundsätzlich etwas gegen Lügen.
- Am meisten kämpft er gegen den Irrtum, dessen Bezeichnung im Altgriechischen identisch mit dem ist, was wir als Lüge bezeichnen.
- Die ist für Plato beim Herrscher durchaus erlaubt, weil sie sogar wie ein Medikament im Dienst des Staates verwendet werden kann.
- Für den einfachen Bürger sind Lügen allerdings verboten.
- Bei den Dichtern kritisiert Plato nicht, dass sie unwahre Sachen erfinden, sondern nur, wenn sich das gegen den Staat, die Moral oder die Götter richtet.
- Man sieht also deutlich, dass Plato die Dichter und ihr Schaffen sehr viel differenzierter sieht, als man allgemein annimmt. Allerdings hat eben auch eine solche Überlieferung ihre historische Kraft
- und von daher kann man durchaus die Tragödienlehre des Aristoteles von Plato herleiten, auch wenn er sich nur gegen einen bestimmten Vorwurf verteidigt. Nämlich den, dass die Dichtungen nicht genügend zum Wohl des Staates beitrügen. Das soll ja durch die Erschütterung der Katharsis in der Tragödie sowie durch die Fallhhöhe erreicht werden.
- Interessant ist noch eine Definition der Lüge in diesem Artikel, die die Literatur ganz allgemein entlastet, denn wenn „Roman“ auf dem Buchcover draufsteht, weiß jeder, woran er ist.
- Allerdings verweist der Verfasser auch auf neuere Entwicklungen, in denen die Grenzen sich verwischen: Da schreibt jemand ein Buch über seine Jugend, aber einiges stimmt mit der Wirklichkeit nicht überein. Es gehört zur modernen Welt der Kunst, dass man mit solchen Übergängen einfach spielen mag. Die Frage nach der Wahrheit bleibt dann offen.
Anmerkungen über den Artikel hinaus
- Wir verweisen hier aber auch gerne auf Goethe, der seine eigene Autobiografie eben auch „Dichtung und Wahrheit“ genannt hat und bei der Beschreibung der italienischen Reise weiß man, dass die unmittelbaren Aufzeichnungen aus der Zeit zum Teil ein anderes Bild zeichnen als in spät entstandenen Autobiografie.
- Unabhängig davon verweisen wir gerne darauf, dass die besondere „Lüge“ der Poesie nicht nur viel Freude erzeugen kann, sondern auch der Erkenntnis förderlich sein kann.
- Man denke an die Parabel, in der zum Beispiel König David ein ein Fall erst mal in fremder Umgebung durcherzählt wird, bevor er hören muss: „Du bist der Mann“. Er hat sich damit ganz unbefangen sein eigenes Urteil gesprochen..
- Oder man denke an Kleist, der in der Novelle „Michael Kohlhaas“ einfach mal einen Fall durchspielt, in dem ein braver Bürger, dem Unrecht geschieht, zum Terroristen wird.
- Oder man denke an die Science-fiction, wo man einfach mal vorwegnimmt, was in der Zukunft möglich sein könnte – und Jules Verne hat so schon die Mondlandung vorweggenommen.
Wer noch mehr möchte …
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