Die Kommunikation in Gabriele Wohmanns Kurzgeschichte „Schönes goldenes Haar“

Das Thema ist die Misere einer Ehe, die vor dem Hintergrund möglichen Glücks der Tochter deutlich wird

Erläuterung der Entwicklung der Kommunikation in der Kurzgeschichte

  1. Als Aufgabe stellen wir uns, die Kommunikation in dieser Kurzgeschichte zu untersuchen. Dabei gehen wir induktiv vor, d.h. wir folgen dem Gang des Erzählers und versuchen anschließend, die Besonderheiten der Kommunikation zu beschreiben.
  2. Es beginnt mit einer Art Ausbruch der Frau, die bei ihrem Mann Gleichgültigkeit sieht, was ihre Tochter angeht. Die Äußerung wird anschließend noch körpersprachlich Unterstrichen.
  3. Interessant ist, wie die angesprochene Person in der Geschichte präsentiert wird, nämlich ganz aus der Perspektive der Frau und sehr negativ. Hervorgehoben werden seine „kurzen festen Finger“, die als „fette Krallen“ bezeichnet werden. Hinter der „Wand der Zeitung“, die der Mann liest, sind „keine Augen, kein Mund“ zu sehen.
  4. Vor diesem Hintergrund verwundert es den Leser nicht, wenn die Frau keine Antwort bekommt, sondern ihre Sorgen in einem zweiten Anlauf präsentiert. Sie fürchtet offensichtlich dass ihre Tochter oben im Haus Sex mit einem Besucher hat.
  5. Es folgt eine Passage, in der die Gedanken der Frau dargestellt werden. Zunächst geht es offensichtlich um eine frühere sehr viel bessere Beziehung zu ihrem Mann, von der sie sich jetzt Zitat „losgelöst“ fühlt.
  6. Dann versucht sie sich ihre Tochter zusammen mit dem „hübschen und auch höflichen jungen Mann“ vorzustellen, der bei ihr ist.
  7. Vor dem Hintergrund ihrer aktuellen Ehe-Misere hat sie sogar Schwierigkeiten, sich ein mögliches Glück ihrer Tochter vorzustellen.
  8. Am Ende landet sie mit Blick auf ihren Mann bei der Frage, ob Frauen nicht eher „Opferlämmer“ sind.
  9. Als immer noch keine Reaktion von ihrem Mann erfolgt, ist von ihr ein „werbendes Gejammer“ zu hören. Man merkt deutlich, dass es der Frau nicht nur um die Tochter geht, sollen sie sich insgesamt „leer und verlassen“ vorkommt.
  10. In die zunehmende Erregung der Frau platzt dann doch eine Reaktion ihres Mannes, die aber überhaupt kein Verständnis zeigt.
  11. Auch hier gibt es wieder einen kleinen Exkurs in das hinein, was die Frau von ihrem Mann wahrnimmt. Wenn es heißt, dass sie ihm sein Stück Fleisch „geschmückt“ hat, dann wird deutlich, dass sie sich viel Mühe gegeben hat, aber keinen Dank erntet.
  12. Dann folgt doch noch eine nähere Erklärung ihrer Sorge, die aber auch in der Formulierung („jung“) allgemein bleibt.
  13. Im folgenden geht der Erzähler über zur Perspektive des Mannes, der sich durchaus gerne an seine Jugend erinnert, dessen Gegenwart aber eher aus gutem Essen besteht. Ansonsten sind Frauen für ihn „richtige Hühner“ und er sieht bei Ihnen nur „ewiges Gegacker“. Mit einer gewissen Sorge denkt er an eine Zukunft, in der die Tochter nicht mehr da ist und seine Frau dann niemanden mehr zum reden hat.
  14. Auf der anderen Seite tröstet sich die Frau mit dem schönen Aussehen ihrer Tochter, vor allen Dingen ihr „hübsches Haar“ hat es ihr angetan.
  15. Als sie ihren Mann darauf hinweist, bekommt sie nur eine sehr knappe Antwort, die das für selbstverständlich hält.
  16. Am Ende zieht die Frau sich auf sich selbst zurück und zeigt dabei eine Kombination aus „Mitleid und stolzer Verwunderung“.

Auswertung – Aussagen der Kurzgeschichte (Intentionalität)

Die Geschichte zeigt:

  • Vor allem erst mal ganz im Sinne Watzlawicks, dass man nicht nicht kommunizieren kann. Der Mann verbarrikadiert sich zwar hinter seiner Zeitungswand, zeigt aber gerade damit sein Desinteresse und sein Unverständnis.
  • Die Frau zeigt demgegenüber (Selbstkundgabe) zum einen Sorge um die Tochter, aus der aber eher eine Hoffnung auf Glück wird.
  • Im Vordergrund steht allerdings die Beziehung zu ihrem Mann, die auf vielfältige Art und Weise in ihrer Negativität drastisch dargestellt wird.
  • Auch die Körpersprache spielt eine Rolle – zum einen beim Mann, der sich verschanzt,
  • vor allem aber bei der Frau in ihrem Umgang mit Nadel und Stopfei.
  • Die Appellebene spielt verständlicherweise in der Geschichte eine untergeordnete Rolle, denn das würde ja überhaupt erst mal eine normale Kommunikation voraussetzen. Ein Ansatz ist in der Bemerkung der Frau ganz am Anfang zu finden, das setzt sich dann fort, wenn sie etwa sagt: „Denk doch mal nach.“
    Bei ihrem Mann reduziert sich der Appell auf ein genervtes „Na was denn …“.
  • Am Schluss wird deutlich, dass die Frau sich auf ein Doppelgefühl hin entwickelt hat. Für ihren Mann und vielleicht auch für sich empfindet sie Mitleid, das aber mischt sich im Hinblick auf ihre Tochter und deren Attraktivität mit „stolzer Verwunderung“. Vielleicht bezieht die sich auf das Phänomen, dass auch aus der Verbindung mit einem so hässlich gewordenen bzw. sich präsentierenden Mann so ein schönes Menschenwesen entstanden ist.

Anregungen zum Umgang mit der Geschichte

  1. Man könnte ein Parallelgespräch der Tochter mit ihrem Freund schreiben.
  2. Auch könnte man die Frage stellen, ob es reicht, wenn eine junge Frau nur im Hinblick auf ihr Haar als attraktiv empfunden wird. Natürlich kann es auch sein, dass dies nur ein Punkt ist, der der Mutter halt gerade in den Kopf kommt. Aber auffallend ist die Reduktion schon. Auch hier könnte man überlegen, ob sich das nicht erweitern ließe. Immerhin wird angedeutet, dass die Mutter mit Laurela auch gut reden kann.
  3. Auch könnte man überlegen, ob die Mutter nicht die Erinnerung an ein schöneres Leben zum Anlass nehmen könnte, woanders danach zu suchen. Zum Beispiel könnte sie sich an jemanden erinnern, der auch schöne Haare hat und der schon mal mehr Interesse an ihr gezeigt hat als ihr Mann.
  4. Auch könnte sie beschließen, das nächste Stück Fleisch anders zu „schmücken“, um ihren Mann endlich mal aus der Haltung herauszuholen, bei der er alles für selbstverständlich hält.
  5. Wichtig ist bei diesen Fortsetzungsideen, dass sie an bestimmten Stellen im Text anknüpfen.

Weiterführende Hinweise