Georg Heym, „Vorortbahnhof“

Vorortbahnhof

Georg Heym

  • Der Titel gibt nur wenige Hinweise für ein Vor-Verständnis des Gedichtes.
  • Allerdings geht es in nicht einfach nur um einen Bahnhof, sondern um einen Vorortbahnhof. Da könnte man erwarten, dass es dort weniger hektisch zugeht, das ganze auch weniger städtisch ist als beim Hauptbahnhof.
  • Wenn man den Titel über den Autor schon mit Expressionismus verbindet, erwartet man möglicherweise Kritik an der Technik, vielleicht auch ein Sich-hinein-Fressen des modernen Verkehrswesens in die noch ländliche Landschaft.

Auf grüner Böschung glüht des Abends Schein.
Die Streckenlichter glänzen an den Strängen,
Die fern in einen Streifen sich verengen

  • Das Gedicht beginnt mit einer Situationsbeschreibung, die die folgenden Elemente enthält:
    • Abend
    • Sonne
    • große Helligkeit
    • Böschung, kann im Zusammenhang mit dem Titel gesehen werden, also Bahndamm
    • grüne Bepflanzung
    • daneben auch technische Lichter
    • das Gefühl der perspektivischen Verengung, wenn man dem Bahndamm in die Ferne folgt.
    • Insgesamt eine neutrale bis positive Atmosphäre, erst mal ungewöhnlich für den Expressionismus, in dem eher negative Dinge betont werden.

– Da braust von rückwärts schon der Zug herein.
Die Türen gehen auf. Die Gleise schrein
Vom Bremsendruck. Die Menschenmassen drängen
Noch weiß vom Kalk und gelb vom Lehm. Sie zwängen
Zu zwanzig in die Wagen sich herein.

  • Die zweite Hälfte der Strophe bringt dann ein hohes Maß an Bewegung in diese Szenerie.
  • Zunächst einmal geht es um die Schnelligkeit des Zuges, dann um die Hektik beim Anhalten und bei der Aufnahme von Menschenmassen.
  • Damit hat man auch schon einige Elemente des Expressionismus:
    • Technik,
    • Hektik,
    • Menschenmassen
  • Nicht ganz klar ist, warum diese Menschen „weiß von Kalk und gelb vom Lehm“ sind. Das könnte mit Fabriken zusammenhängen.
  • Am Ende kommt zu den Menschenmassen noch das Element der Enge.
  • Insgesamt zeigt die erste Strophe damit schon den Gegensatz zwischen einer gewissen Restidylle und den negativen Begleiterscheinungen der Moderne.

 

Der Zug fährt aus, im Bauch die Legionen.
Er scheint in tausend Gleisen zu verirren,
Der Abend schluckt ihn ein, der Strang ist leer.

  • Das erste Terzett (Gedichtstrophe mit drei Verszeilen) beschreibt den ausfahrenden Zug dann als Lebewesen, das eine riesige Masse an Menschen gewissermaßen verschluckt hat.
  • Während man in der ersten Strophe noch das Gefühl haben konnte, dass alles mit klare Strukturn und entsprechenden Zielen verbunden ist, wird einem hier eine gewisse Verunsicherung präsentiert.
  • Was vorher mit den Menschen passiert ist, geschieht jetzt auch mit dem Zug: Er wird verschluckt und am Ende ist dann nur noch Leere wie am Anfang.
  • Man kann den Eindruck gewinnen, dass sowohl die Menschen als auch die von Ihnen geschaffene Technik nur von kurzer Bedeutung sind.

Die roten Lampen schimmern von Balkonen.
Man hört das leise Klappern von Geschirren
Und sieht die Esser halb im Blättermeer.

  • Das zweite Terzett mach dann einen Sprung hin zu den Menschen, die wahrscheinlich am Ende eines Arbeitstages zu Hause angekommen sind.
  • Offensichtlich haben sie sich dort einigermaßen gemütlich eingerichtet, können sich still und damit erholsam dem Essen hingeben und befinden sich zumindest zu Hause in einem Umfeld, das noch etwas Natur enthält.

Wer noch mehr möchte …