Anmerkungen zu der Kurzgeschichte „Familienbande“ von Julio Cortázar (Mat1076)

Worum es hier geht:

Vorgestellt wird eine Geschichte, die einen sehr originellen Umgang mit Urlaubsgrüßen präsentiert und dabei zugleich die Kombination von Hass und Liebe zeigt.

Thema und Aussagen der Kurzgeschichte „Familienbande“

  1. Thema der Geschichte [erst nach der Lektüre einfügen, wenn man die Geschichte verstanden hat!!! Deshalb fügen wir unseren Vorschlag am Schluss an.]
    Wir haben es hier vorgezogen:
    Die Geschichte behandelt die Frage, wie man mit Hass umgehen kann, der einem in einer Familie entgegenschlägt.
  2. Direkter Einstieg: Wer sind „sie“?
    Warum „hassen“ sie eine Tante, über die man auch nichts weiter erfährt, was die Beziehungen in der Geschichte angeht?
  3. „Ferien“ wird genutzt, um zu „Ansichtskarten“ überzugehen, „voller Beleidigungen“ hängt mit „hassen“ zusammen und stellt eine Auswirkung dar.
  4. Sehr schön ist der Kontrast zwischen den Briefträgern, die einen „Wutanfall“ bekommen, und der Feststellung, dass die Tante „glücklich“ ist, wenn sie die Karten bekommt, ja sie ist sogar „entzückt“.
  5. Anschließend wird beschrieben, wie die Tante den Umgang mit den Karten in ihren Alltag integriert.
    1. Sie „steht früh auf“
    2. „Sie liest die Karten,
    3. bewundert die Fotografien
    4. und liest noch einmal die Grüße.“
    5. „Abends holt sie ihr Album mit Andenken hervor
    6. und ordnet sehr sorgfältig die Ernte des Tages“
  6. Erstaunlich, dass sie die Absender, die sie doch auf jeder Karte beleidigen, als „Die Lieben“ bezeichnet.
  7. Hier liegt wohl der Schlüssel der Kurzgeschichte, denn die Tante konzentriert sich nicht auf das Negative, sondern auf das für sie Positive, nämlich, dass man sich überhaupt so viel mit ihr beschäftigt.
  8. Dahinter kann man die Lebensweisheit vermuten, dass auch Hass letztlich eine enge Beziehung bedeutet – und die wird anscheinend in diesem Falle als wichtiger empfunden als die Art und Weise, wie sie sich zeigt.
  9. Am Ende dann die Wende: Es wird beschrieben, dass die Tante die Karten so feststeckt, dass sie dabei „die Nadeln immer in die Unterschriften sticht“.
  10.  Auf jeden Fall ist das etwas Negatives, denn mit dem Namen sind am ehesten die Personen verbunden.
  11.  Offensichtlich hat die Tante ein doppeltes Gefühl, sie freut sich über die „Zu-Wendung, wenn man das mal wörtlich nimmt, gleichzeitig macht sie aber auch deutlich, dass die negativen Gefühle auch in die Gegenrichtung gehen, was die konkreten Mitglieder der „Familienbande“ angeht.
  12. Damit wird der Begriff auch sehr schön aufgenommen in seiner Doppeldeutigkeit: Zum einen heißt es Bindung, zum anderen eben auch, einer sehr problematischen Gruppe anzugehören.
  13. Man könnte prüfen, inwieweit dieser Umgang mit den Namen etwas mit Voodoo-Zauber zu tun hat, bei dem ja auch in eine Stellvertreterpuppe eines Menschen hineingestochen wird, um ihm Schaden zuzufügen:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Voodoo
  14. Hier wird es jetzt interessant, etwas über den Verfasser zu erfahren:
    1. In dem Wikipedia-Artikel wird „Julio Florencio Cortázar (* 26. August 1914 in Brüssel; † 12. Februar 1984 in Paris)“ als „argentinisch-französischer Schriftsteller und Intellektueller“ vorgestellt und als „einer der bedeutendsten Autoren der phantastischen Literatur.“
    2. Besonders interessant ist der Hinweis auf die Eigenart seines Schreibens:
    3. „Da seine Texte die Grenzen zwischen Realität und Fiktion ausloten, werden sie mit dem Surrealismus in Verbindung gebracht. Laut seiner eigenen Tunnel-Theorie verwendet Cortázar jedoch lediglich homöopathisch dosierte surrealistische Elemente, um damit die Grenzen der alltäglichen Realität zu sprengen.“

Anregungen für den Unterricht:

Diskutieren kann man zum einen den Umgang mit negativen Gefühlen oder Handlungen, die einem entgegenschlagen: Kann man wirklich dann nur das Positive sehen, nämlich die Aufmerksamkeit?

Recherche- und Diskussionsmöglichkeit: „Hassliebe“

  1. Hier könnte man zum Beispiel das KI-Chat-Programm „Bing“ fragen
    Frage: Was versteht man unter Hassliebe? Gemeint ist damit das psychologische Phänomen eine Verbindung von Liebe und Hass.
  2. Antwort vom 31.10.23 – 08:58 Uhr
    1. Hassliebe ist ein psychologisches Phänomen, das eine Verbindung von Liebe und Hass beschreibt.
    2. Es handelt sich um eine Beziehung, in der zwei Personen starke Gefühle von sowohl Liebe als auch Hass füreinander empfinden 123.
    3. Die beiden Emotionen nehmen gleich viel Raum ein und können vereinnahmend sein 1.
    4. Hassliebe kann in Partnerschaften, familiären Beziehungen oder Freundschaften auftreten und ist oft mit einer starken Abhängigkeit verbunden 1.

Inwiefern und inwieweit eine Kurzgeschichte

Inwiefern?
Eine Kurzgeschichte ist es auf jeden Fall, weil die Geschichte kurz ist und nicht eingebunden in einen größeren Zusammenhang.

Inwieweit?

  1. Es gibt einen direkten Einstieg.
  2. Die Handlung konzentriert sich auf ein Details des Alltags dieser Familie und besonders der Tante.
  3. Einen Wendepunkt gibt es eigentlich nur beim Leser, denn der glaubt lange Zeit, diese Tante sei entweder ein echter guter Mensch, der alles liebevoll erträgt, oder aber er nimmt an, dass diese Tante nur das Positive sieht. Am Ende wird dann deutlich, dass es von Anfang an um eine doppelgleisige Beziehung in dieser Familie gegangen ist.

Weiterführende Hinweise