Abiturcheck: Kleist, Die Marquise von O
Übersicht über die verschiedenen Aspekte der Novelle, auf die man im Unterricht oder natürlich auch in einer Prüfung eingehen könnte. Man kann jeweils mit Hilfe der Suche zu dem entsprechenden Punkt springen.
- Entstehungszeit der Novelle
- Besonderheiten von Novellen (Gattung)
(siehe auch Vergleich mit dem Drama, weiter unten) - Thema der Novelle
- Funktion der Abkürzungen
- Historischer Ort der Handlung
- Aufnahme des Werkes, Rezeption
- Inhalt und Handlung – wo ist der Unterschied?
- . Erster Teil der Novelle. Bis zum ersten Heiratsantrag des Grafen F.
- Zweiter Teil der Novelle: Schwangerschaftsskandal während der Abwesenheit des Grafen
- Dritter Teil der Novelle: Entwicklung nach der Rückkehr des Grafen
- Vierter Teil der Novelle: Das Geständnis des Grafen und die eingeschränkte Heirat
- Fünfter Teil der Novelle: Langsame Annäherung, normale Ehe und Klärung des Verhaltens der Marquise nach dem Bekenntnis des Grafen
- Thematische Aspekte
3.1 Charakterisierung der Figuren- Marquise
- Mutter
- Vater
- Graf F.
1. Allgemeines zum Werk
- 1808/1810
- Wichtig ist hier, nicht einfach nur diese Jahreszahl zu nennen, sondern sie auch in einen Kontext einzuordnen:
https://schnell-durchblicken3.de/index.php/themen/die-marquise-von-o/225-marquise-entstehung-umfeld
- Umgang mit einem besonderen Fall von Vergewaltigung, in der der Retter zum Vergewaltiger wird und dann versucht, durch Heirat alles wieder gutzumachen, in dem Zusammenhang auch die Frage der Autonomie von Frauen
- Eine genauere Herleitung verschiedener Themenformulierungen (dazu auch Vorschläge für die schnelle Zusammenfassung des Inhalts) findet sich auf der Seite:
Kleist, „Marquise von O….“, Worum geht es? Inhalt und Thema
o Damit Eindruck von Authenzität, Frage der Auswirkung auf die Fiktionalität
o Aber auch wegen der familiären Konflikte, bei der der Vater als Oberhaupt phasenweise nicht besonders gut wegkommt
2. Inhalt / Handlung
o Handlung dagegen umfasst wirklich Aktivitäten (oder auch mal Nicht-Aktivitäten), die zum Beispiel einen Konflikt in einem Drama oder auch in einer Novelle voranbringen.
o Von der Bereitschaft, seine militärischen Pflichten, die ihn nach Neapel führen würden, zu vernachlässigen, kann der Graf nur abgehalten werden, indem ihm zugesichert wird, dass die Marquise während seiner Abwesenheit keine andere Verbindung eingeht.
o Sie wählt dann den Weg der Anzeige – siehe den Vorgriff am Anfang der Novelle
o Mutter und dann auch Vater entschuldigen sich bei der Tochter und nehmen sie wieder auf
o Lässt sich dann aber auf eine eingeschränkte Heirat ein (alle Pflichten, keine Rechte)
o Jahre später: Erklärung der Zurückweisung des Grafen durch die Marquise am Tag seines Bekenntnisses: Vom Engel zum Teufel – und dann wieder Rehabilitation
- Hochangesehene adlige Witwe
- Zwischen Anpassung und später Widerstand bzw. Bemühen um Autonomie
- Wächst über sich hinaus, entwickelt ein eigenes Lebenskonzept, in das sie den Grafen F. erst nach seiner Bewährung aufnimmt
- Vorher allerdings eine Künstlerin der Verdrängung bis hin zur Frage, ob sie nicht bei der „Vergewaltigung“ zumindest „mitgespielt“ hat
- Ist einem Erkenntnisprozess ausgesetzt, was die Verfasstheit des Menschen und der Welt angeht
- Insgesamt vermittelnde Position – zunächst Teilnahme an der väterlichen Strenge, dann aber auf einen gütliche Regelung auss
- Wobei sie sich mit ihrem Test sehr geschickt verhält
-
- Lebt in zwei Welten: Militär und Familie, die verhängnisvoll bei der Eroberung der Zitadelle zusammenfallen
- Patriarchalisch denkend und hart gegenüber der Tochter, solange er sie für schuldig hält
- Akzeptiert aber letztlich ihre Weigerung, die Kinder ihm zu überlassen
- Insgesamt überspannt er den Bogen der Ablehnung der Tochter und muss dafür schließlich einen weiten und intensiven Weg zurückgehen
- Bei der Versöhnung kommt es allerdings zu regelrechten Gefühlsexzessen
- Anschließend zeigt er sich aber wieder als geschickter Regeler der Heiratsfrage
- Verdienstvoller Offizier, der sich in einer kritischen Situation auf die Seite der bedrohten Frau stellt,
- Sich dann aber selbst mehr oder weniger an ihr vergeht,
- Dann aber auch versucht, das im Rahmen des Möglichen wieder gutzumachen und
- Dabei bis an die Grenze der Selbstachtung und des totalen Risikos geht
- • Auf die Frage des Grafen, warum die Marquise ihn bei seinem Geständnis so zurückgewiesen hat
• Er sei ihr anfangs wie ein Engel vorgekommen und dann wie ein Teufel (Fallhöhe)
• Dann aber nehmen sie das Heft des Handelns in die Hand, die Tochter, indem sie aus der Vertreibung aus dem elterlichen Haus eine Zuflucht macht und ein eigenes Lebenskonzept entwickelt
• Gegenüber dem reumütigen Grafen zunächst einmal hart bleibt
• Dann aber doch einlenkt
• Die Mutter anfangs besonders unterwürfig, hintergeht ihren Mann und findet eine gute Lösung, die zur Versöhnung der Familie führt.
3.4.. Kennzeichen einer Novelle im Unterschied zu Kurzgeschichte und Roman
• Auf einen wesentlichen Punkt konzentrierte Geschichte: „unerhörte Begebenheit“
• Die straff durcherzählt wird – mit Ähnlichkeit zum Drama
• Zum Teil Dingsymbol
• Schwangerschaft, weil sie das Geschehen ständig begleitet: Von der Vergewaltigung bis zur In-die-Welt-Setzung junger Russen
• Die Einsicht in die Mehrfachnatur der Menschen ist schmerzlich und wird in dem Gegensatz gut ausgedrückt
• Die Brüchigkeit der Welt und des Menschen– bsd. im Verhalten des Grafen
• Die Auflösung alter patriarchalischer Gesellschaftsnormen
• Die Möglichkeit individueller Lösungen mit Happy Ends
• Dramatischer, spannungsgeladener Erzählstil
• Häufigkeit von Zeitadverbien wie „nachdem“, „plötzlich“
• Verzicht auf ausführliche Beschreibungen
• Trick mit dem Gedankenstrich, bevor der Graf den Arzt rufen lässt
• Lange, verschachtelte Sätze
• Meistens indirekte Rede
• Besondere Bedeutung der Körpersprache
• Weitgehende Beschränkung des Erzählers auf Berichterstattung
• Trick der scheinbaren Nicht-Fiktionalität
• Kein auktorialer Erzähler, sondern einer, der mit den Figuren in der Situation steckt: Unterscheidung zwischen „atmosphärischen“ Wertungen: „in einer verwirrten Rede“: Hier wird etwas gesagt, was alle empfinden könnten, die dabei gewesen sind, aber nur der Erzähler kann es weitergeben, deshalb ist er hier scheinbar kommentierend, in Wirklichkeit nur „illustrierend“.
Anders „schöne Anstrengung“: Hier bringt der Erzähler seine Meinung ein.
• Wertungen erfolgen in der Regel in der Perspektive der Figuren
• „Gebrechlichkeit der Welt“
• Verzicht auf auktorialen Erzähler
• Kunst nicht wie in der Klassik Medium der Welterkenntnis und der persönlichen Bildung
• Leser muss sich selbst ein Urteil bilden, Erzählungen = „provokante Experimente“
- steht etwas außerhalb der Abfolge: Sturm und Drang – Klassik – Romantik – Vormärz, aber es gibt enge Bezüge zur Romantik, die Rüdiger Safranski in seinem Buch über die Romantik besonders herausgearbeitet hat
- http://www.relevantia.de/safranski-romantik
- Hier einige Anmerkungen zu einzelnen Seiten:
- 187: Hass auf Napoleon
- 188ff: „Als einer der größten Hasser zeigt sich Heinrich von Kleist“ …
- 190: Kleists Tötungsfantasien
- 191/192: Versuch einer psychologischen Erklärung: „Heinrich von Kleist ging an dieser Ungeliebtheit zu Grunde“ (Nietzsche).177: Die Idee der Kulturnation – noch ohne Abgrenzung gegenüber anderen Nationen – bei Fichte wird das dann anders.
- Die Novelle „Michael Kohlhaas“ beginnt sehr realistisch mit gesellschaftskritischen Momenten und endet dann im Stil der Romantik
3.10. Die Rezeption der Novelle, d.h.: Wie wurde sie von den Zeitgenossen und dann auch später aufgenommen?
- anfangs mit Skepsis aufgenommen, zum einen wegen moralischer Fragen, dann aber auch wegen der Infragestellung der Rolle des Mannes und des Familienvaters
- später dann zunehmende Anerkennung als Meisterwerk, besonders auch von anderen Schriftstellern wie Fontane und Kafka
Näheres dazu siehe:
https://schnell-durchblicken3.de/index.php/themen/die-marquise-von-o/226-marquise-rezeption