Allgemeines
Wir beschäftigen uns vor allem mit dem Inhalt von Gedichten – mit dem Ziel, ihre Aussage(n) feststellen zu können. Damit ist nicht gemeint, was der „Dichter mit dem Gedicht sagen wollte“, denn er kann auch was ganz anderes gemeint haben, aber es kam nicht richtig rüber.
Vielmehr geht es um die Zielrichtung des Gedichtes.
Und die ermitteln wir, indem wir uns die einzelnen Aussagen des Lyrischen Ichs ansehen und dabei vor allem auf Signale achten, die sich wiederholen und damit gegenseitig verstärken.
Das heißt:
- Wir gehen erst die Details des Gedichtes durch …
- und formulieren am Ende auf dieser Basis die „Aussagen“ des Textes .
Heym, „Die Dampfer auf der Havel“
Heym, Georg:
Die Dampfer auf der Havel
- Zwei Akzente: Dampfer und Havel
- Man könnte an Ausflugsdampfer denken
01 Der Dampfer weißer Leib. Die Kiele schlagen
02 Die Seen weit in Furchen, rot wie Blut.
03 Ein großes Abendrot. In seiner Glut
04 Zittert Musik, vom Wind davongetragen.
- Vergleich mit Lebewesen („Leib“)
- Ansätze von Gewalt („schlagen“, „rot“)
- Doppeldeutigkeit von „zittert“, auch bei Gewalt
- Expressionistische Tendenzen
05 Nun drängt das Ufer an der Schiffe Wände
06 Die langsam unter dunklem Laubdach ziehn.
07 Kastanien schütten all ihr weißes Blühn
08 Wie Silberregen aus in Kinderhände.
- Interessante Umkehrung der Perspektive, was Schiffe und Ufer angeht
- Entspannung am Ende – so eine Art Geschenk
09 Und wieder weit hinaus. Wo Dämmrung legt
10 Den schwarzen Kranz um einen Inselwald,
11 Und in das Röhricht dumpf die Woge schlägt.
- Erweiterung der Reise
- Farbe Schwarz und „dumpf“ sowie „schlägt“ schaffen eine eher unheimliche Atmosphäre.
12 Im leeren Westen, der wie Mondlicht kalt,
13 Bleibt noch der Rauch, wie matt und kaum bewegt
14 Der Toten Zug in fahle Himmel wallt.
- Erweiterung des Unheimlichen durch „leer“, „kalt“
- Schließlich Verbindung des Rauchs der Schiffe mit „Der Toten Zug“
- unterstützt durch das Wort „fahl“ = bleich, düster, farblos
Fazit:
Das Gedicht zeigt …
- einen sehr eigenständigen, originellen Blick auf die Fahrt der Dampfer auf der Havel
das ist typisch für den Expressionismus - eine Vorliebe für Wörter, die etwas mit Gewalt und Tod zu tun haben
- eine zunehmende Veränderung der Atmosphäre in Richtung des Unheimlichen
- schließlich am Ende eine eindeutige Hinwendung zum Motiv des Todes
- Bezeichnend: Es ist nirgendwo von Menschen die Rede.
Wer noch mehr möchte …
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