Vergleich „Sommerhaus später“ und „Die Marquise von O….“

Was „Die Marquise von O….“ und „Sommerhaus, später“ verbindet

Wenn zwei Werke wie die moderne Kurzgeschichte oder Novelle „Sommerhaus später“ und die etwa 200 Jahre ältere Novelle „Die Marquise von O….“ gemeinsam im Stoffplan für das Abitur auftauchen, dann bietet sich natürlich ein Vergleich an.

Überlegungen zu möglichen Vergleichen

Im Folgenden wollen wir einfach mal ein paar Überlegungen anstellen, unter welchen Fragestellungen und mit welchen Ergebnissen man die beiden Werke vergleichen kann:

  1. [Persönliche Nutzung von Spielräumen durch die Hauptfiguren in Richtung Autonomie]
    In Kleists Novelle gelingt der Marquise ja im Laufe der Zeit der Schritt in die Autonomie. Sie ist der überhaupt sehr aktiv, was ja für die Hauptfiguren von Sommerhaus später überhaupt nicht zutrifft.
    Das wäre schon mal ein wichtiger Vergleichspunkt.

  2. Dann ist natürlich das gesellschaftliche Umfeld auch sehr unterschiedlich.
    1. In Kleists Novelle sind die Figuren in äußere Zwänge gepresst, aus denen sich die Marquise nur mühsam befreien kann, am Ende auch unterstützt von ihrer Mutter.
      Der Vater ist demgegenüber ein Ausbund an autoritärem Verhalten, wie es heute kaum noch vorstellbar ist – zumindest nicht in dieser überdeutlichen Form.

    2. In „Sommerhaus später“ sind die Hauptfiguren weniger durch gesellschaftliche Zwänge eingeschränkt als durch die Freiheit, die sie haben und auch nutzen. Man hat den Eindruck, sie haben kaum etwas zu tun, müssen ihren Lebensunterhalt nicht verdienen, können in den Tag hineinleben.
      Wenn es ihnen in den Sinn kommt, belästigen sie auch gerne mal andere Leute, die ihr Leben wahrscheinlich mehr ernst nehmen müssen.
      Die Figuren sind entweder durch Ziellosigkeit oder durch Planlosigkeit gekennzeichnet. Es reicht schließlich nicht, irgendwie ein Sommerhaus renovieren zu wollen, man muss es auch kommunizieren, es also in Zusammenhänge stellen, statt nur so vor sich hin zu werkeln.

  3. Überhaupt ist die Kommunikation ein wichtiger Unterschied:
    1. In Kleists Novelle wird viel geredet, aber nicht genügend über das Wesentliche, was wiederum mit den gesellschaftlichen Zwängen zusammenhängt.
    2. In „Sommerhaus später“ gibt es eine Unfähigkeit zur echten Kommunikation, die möglicherweise mit mangelndem Eigen-Bewusstsein, vor allem aber auch mit zu wenig Be-Achtung des Gegenübers zusammenhängt.
  4. Damit ist man beim Unterschied in der Beziehung
    1. In Kleists Novelle eine unter schwierigsten Bedingungen am Ende doch gelingende
    2. in „Sommerhaus später“ eine aus nicht ganz klaren Gründen nicht gelingende. Möglicherweise liegt eine besondere Form von Wohlstandsverwahrlosung vor, die es unmöglich oder schwer macht, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Wenn von einem nichts wirklich verlangt wird, dann gibt es eben auch kein Verlangen und damit kein Gelingen.

  5. Ein spezieller Punkt ist noch der Aspekt Familie
    1. In der „Marquise von O….“ steht die junge Witwe zu ihren Kindern, kämpft geradezu darum.
    2. In „Sommerhaus später“ bedeuten Kinder eine besondere Verantwortung – ein Ding der Unmöglichkeit für die beiden Hauptfiguren – vielleicht sogar der entscheidende Punkt, an eine feste Beziehung nicht zu denken.
    3. Siehe dazu das folgende Video:
      „Sommerhaus, später“ – Das Kind als Hauptfigur

      Videolink

Weiterführende Hinweise

  • Weitere Infos und Materialien zu Kleists „Marquise von O….“
    finden sich hier:
    https://textaussage.de/kleist-die-marquise-von-o
  • Ein alphabetisches Gesamtverzeichnis unserer Infos und Materialien gibt es hier.
  • Eine Übersicht über unsere Videos auf Youtube gibt es hier.