5-Minuten-Tipp zu Ulla Hahn, „Winterlied“ im Vergleich zu Rilkes „Liebes-Lied“ (Mat4639)

Worum es hier geht:

Es handelt sich um ein Liebesgedicht, bei dem eine Jahreszeit mit einer Beziehung und auch noch mit dem Reim von Gedichten verbunden wird.

Anmerkungen zu Strophe 1

  • In der ersten Strophe ist von einem Weggang die Rede, der erst mit Schnee und dann mit dem Wort „weh“ verbunden wird.
  • Von daher kann man die Vermutung äußern, dass es sich um eine Beziehung handelt, die genauso kalt und winterlich wird wie das Wetter draußen sich präsentiert.

Anmerkungen zu Strophe 2

  • Die zweite Strophe bestätigt diese Vermutung, denn das lyrische Ich erklärt selbst, dass es nicht Kälte ist, die ihm Tränen in die Augen treibt, sondern es ist „Ungereimtes“.
  • Um das zu verstehen, muss man sich klarmachen, was ein Reim überhaupt ist.. Es handelt sich um den Gleichklang von Wörtern von der letzten betonten Silbe an. Das kann man natürlich auch auf die Frage der Harmonie einer Beziehung übertragen.

Anmerkungen zu Strophe 3

  • In der dritten Strophe stellt das lyrische Ich dann fest, dass anscheinend inzwischen eine so große Entfernung zwischen den Partnern vorhanden ist, dass eine Klärung gar nicht mehr möglich ist
  • In diesem Zusammenhang taucht noch einmal die Metapher des Reimes auf. Diesmal wird sie übertragen auf die Frage nach dem, was den Partner zur Zeit am meisten beschäftigt, was ich also mit ihm zur Zeit im Gleichklang befindet.

Zur Aussage des Gedichtes

  1. Dieses Gedicht zeigt auf besonders originelle Weise, wie man eine verlorengegangene Liebesbeziehung mit dem Reim in Gedichten vergleichen kann.
  2. Besonders hilfreich dürfte dabei die Definition sein, bei der es um Gleichklang geht.
  3. Und wenn man das zufällig kennt, kann man das mit einem Liebesgedicht von Rilke vergleichen, das den Höchststand des liebenden Gleichklangs beschreibt.

Kurze Anmerkung zu Rilkes Gedicht:

Liebes-Lied

Wie soll ich meine Seele halten, dass
sie nicht an deine rührt? Wie soll ich sie
hinheben über dich zu andern Dingen?

  • Hier wird deutlich, dass das lyrische Ich sich gar nicht von dem geliebten Gegenüber trennen kann.
  • Vor allem können andere Dinge nicht höher stehen als diese Beziehung.
  • Das ist genau der Unterschied zu dem Gedicht von Ulla Hahn.

Ach gerne möcht ich sie bei irgendwas
Verlorenem im Dunkel unterbringen
an einer fremden stillen Stelle, die
nicht weiterschwingt, wenn deine Tiefen schwingen.

  • Hier kommt ein interessanter Aspekt ins Spiel, der wohl damit verbunden ist, dass man diese intensiven Liebesgefühle irgendwie zum Stillhalten bringt – gewissermaßen in einem Moment vollkommenen Glücks.

Doch alles, was uns anrührt, dich und mich,
nimmt uns zusammen wie ein Bogenstrich,
der aus zwei Saiten eine Stimme zieht.
Auf welches Instrument sind wir gespannt?
Und welcher Geiger hat uns in der Hand?
O süßes Lied.

  • Hier wird noch einmal betont, wie sehr die Liebe hier zwei Wesen zusammengeführt hat, so dass sich wirklich der Gleichklang ergibt bzw. besser: die Harmonie, die im Gedicht von Ulla Hahn vermisst wird.
  • Am Ende dann die große Frage, von welcher höheren Macht die Liebe kommt.
  • Und ganz zum Schluss, dann einfach nur die Feststellung, dass sich in der Liebe und durch sie eben ein „süßes Lied“ ergibt, wenn das auch mit besonderen Gefühlen verbunden ist, die auf sichere Dauer hindrängen. Damit wird zumindest angedeutet, dass in diesem Leben nur der Wunsch nach absoluter Vollkommenheit da sein kann, nicht aber diese selbst.

http://www.rilke.de/gedichte/liebesgedichte.htm