Thema : Wie kann man bei einer Kurzgeschichte die Erzählhaltung und die Erzählperspektive feststellen?
- Nehmen wir als Beispiel Wolfgang Borcherts Kurzgeschichte „Das Brot“
zum Beispiel zu finden auf der Seite:
http://www.geschichte-projekte-hannover.de/filmundgeschichte/deutschland_nach_1945/ruckblickende-kurzfilme/die-filme-2/das-brot-2.html
— - „Plötzlich wachte sie auf. Es war halb drei.“
Hier haben wir natürlich einen Erzähler, unabhängig von den Figuren, aber er beschränkt sich auf das Allernotwendigste – ohne jeden Kommentar oder Vorverweis.
Man könnte von einem „neutralen“ Erzähler sprechen – der präsentiert in Sprache das, was man in einem Film mit Hilfe der Kamera gezeigt bekäme und damit sehen könnte.
Von daher könnte es sinnvoll sein, von einem „Kamera-Erzähler“ zu sprechen, weil „neutral“ sich zu sehr danach anhört, dass der Erzähler nicht Partei ergreift.
— - „Sie überlegte, warum sie aufgewacht war. Ach so! In der Küche hatte jemand gegen einen Stuhl gestoßen.“
Das ist „personale“ Erzählweise, wie es sie klarer nicht geben kann.
Der Erzähler versteckt sich hinter der „Maske“ (= lateinisch „persona“) und teilt direkt das mit, was in der Person vorgeht.
— - „Sie sieht doch schon alt aus, dachte er, im Hemd sieht sie doch ziemlich alt aus. Aber das liegt vielleicht an den Haaren. Bei den Frauen liegt das nachts immer an den Haaren. Die machen dann auf einmal so alt. “
Hier haben wir dann einen Wechsel von der Figur der Frau zu der des Mannes.
— - Halten wir fest: Bei Borcherts Kurzgeschichte handelt es sich ganz klar um einen personalen Erzähler, der sich auf das unbedingt Notwendige der Beschreibung beschränkt.
Ansonsten gibt er wieder, was die Figuren sagen – und außerdem auch, was sie denken.
Er kann also in die Figuren hineinschlüpfen und erzählt aus ihrer = personalen Perspektive.
— - Das wäre also eine Innen-Perspektive, während er bei den allgemeinen Beschreibungen dessen, was zu sehen ist bzw. geschieht, eine Außenperspektive einnimmt.