Borchert, „Das Holz für morgen“

Zunächst zum Inhalt der Kurzgeschichte „Das Holz für morgen“

In der Kurzgeschichte „Das Holz für morgen“ geht es um einen Jungen, der sich das Leben nehmen will, weil er sich von den anderen unverstanden und ungeliebt fühlt. Auf dem Weg nach oben, wo er sich erhängen will, bemerkt er noch einen Schaden am Treppengeländer, den er vor Jahren verursacht hat, zu dem er sich aber nicht bekannt hat und den er jetzt noch bezahlen will. Dafür steckt er das Geld, was er hat, so in seine Kleidung, dass es nach seinem Tod gefunden werden kann.

Letztlich kommt es aber doch nicht zu dem Selbstmord, weil er hört, wie die jemanden daran erinnert, dass unbedingt für die anstehende Wäsche – wahrscheinlich in der Nachkriegszeit in einem großen Waschkessel – die notwendige Seife mitgebracht wird. In dem Zusammenhang wird der Junge daran erinnert, dass er für diese Waschaktion das notwendige Brennholz besorgen soll. Dies macht ihm deutlich, dass er gebraucht wird und dass er Verantwortung hat und man ihm auch etwas zutraut. Das alles sorgt dafür, dass er auf seinen Entschluss, sich umzubringen, verzichtet.

Die Aussage(n) der Geschichte – Intentionalität

Insgesamt zeigt die Geschichte, die wohl wie die meisten anderen Kurzgeschichten Borcherts in der unmittelbaren Nachkriegszeit spielt, wie verzweifelt jemand sein kann, wenn er das Gefühl hat, dass die anderen ihn nicht genügend wahrnehmen, obwohl er sie liebt. Man kann wohl der Hypothese folgen, dass es sich hier möglicherweise um einen jungen Soldaten handelt, der lange weg war, vieles noch verarbeiten muss und noch nicht wieder richtig in der Normalitä eines zwar schwierigen, aber schon wieder friedlichen Leben angekommen ist.

Zugleich wird deutlich, wie wenig solch ein Entschluss zum Selbstmord alles bedenkt, dass es letztlich eine Entscheidung ist, die stark auf eine ganz bestimmte Verweiflung fokussiert ist. Zum ersten Mal wird die durchbrochen durch die Erinnerung an die Geschichte mit dem Treppengeländer. Das reicht aber nur dafür, dass das jetzt auch noch in Ordnung gebracht wird. Erst das, was er von seiner Mutter hört und was ihn wieder an die Sache mit dem Holz denken lässt, bringt die Rettung.

Das Gefühl der Verzweiflung über Nicht-Verstandenwerden weicht dem Gegenteil. Sein Vater hat diese Holzaktion ja gerade in die Wege geleitet, um ihm das Gefühl zu geben, das er gebraucht wird und dass man sich um ihn sorgt und kümmert.

Die Aktualität der Kurzgeschichte

Letztlich handelt es sich um eine Geschichte, die man durchaus aus dem Borchertschen Nachkriegskontext herauslösen und auf jede Situation übertragen kann, in der man sich in einer Art Gefühlstunnel befindet. Man kann nur jedem Menschen, der verzweifelt auf einen Punkt starrt, dass er da herausgerissen wird und wieder an Positives denken und im wahrsten Sinne des Wortes „aufleben“ kann.

Vor diesem Hintergrund ist der Titel auch überaus gelungen: Bei dem „Holz“ geht es um das, was hier jetzt konkret eine Verantwortungs- und Fürsorgegemeinschaft schafft. Und das „morgen“ zeigt, dass es noch eine Zukunft geben kann, in der man gebraucht und geliebt wird.

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