Die mongolische Katastrophe und die Folgen für den Islam – in 5 Punkten zusammengefasst (Mat132)

Worum es hier geht:

In Deutschland wissen immer noch viel zu wenige etwas über ein Ereignis, das in der Geschichte des Islams eine große Rolle spielt.

Wir versuchen, das hier in fünf Punkten zusammenzufassen.

  1. Die Eroberung und Zerstörung Bagdads im Jahre 1258
    • vernichtete nicht nur ein kulturelles Zentrum,
    • sondern versetzte dem Selbstbewusstsein der Muslime auch einen großen Schlag:
    • Nach der Entstehung ihrer Religion hatte es im vorderen Orient einen einzigartigen Siegeszug im Osten bis nach Indien und im Westen bis nach Spanien gegeben.
    • Das sah man fast schon als Gottesbeweis an.
  2. Schon die Kreuzzüge ab dem 11. Jahrhundert
    • hatten die Muslime militärisch in die Defensive gebracht, aber nur für kurze Zeit – am Ende hatten sie sich nicht nur behauptet, sondern die Eindringlinge mit dem Fall der letzten Festung Akkon sogar wieder komplett vertrieben.
    • Nun aber hatten fremde Eroberer nicht nur Hunderttausende von Muslimen getötet, sondern auch der Herrschaft der Kalifen als Nachfolger Mohammeds ein Ende bereitet.
  3. Interessant und folgenreich war die Reaktion des sogenannten Salafismus darauf:
    • Er sah die Schuld für die Katastrophe bei den Muslimen und bot als Ausweg, gewissermaßen „zurück zu den Wurzeln“ zu gehen und sich am einfachen und frommen Leben der frühen Begleiter Mohammeds als den „frommen Vorfahren“ zu orientieren.
    • Damit wandte sich der Heilige Krieg nicht mehr nur gegen Ungläubige, sondern auch diejenigen, die eine andere, moderatere und flexiblere Vorstellung vom Islam verkündeten.
  4. Von hier aus lässt sich eine Linie ziehen bis in die Gegenwart,
    • wo verschiedene Varianten des Selbstmordterrors auch keine Rücksicht auf die eigenen Glaubensgenossen nehmen:
    • Geschont wird und akzeptabel sind nur die, die sich zu einer ganz bestimmten Auffassung vom Glauben und den entsprechenden Verhaltensregeln bekennen.
    • Der Begründer des Salafismus der Mongolensturmzeit, Ibn Taimiya, war zugleich ein Anhänger Ibn Hanbals, der schon einige Jahrhunderte zuvor eine enge, dogmatische Auslegung des Koran vertreten und jeder Öffnung und Liberalisierung eine Absage erteilt hatte.
  5. Neben der dogmatischen Reaktion
    • gab es aber auch andere mit mehr Spielräumen für die Weiterentwicklung.
    • Es handelt sich um den sogenannten Sufismus, eine Variante des Mystizismus, die – ähnlich wie der Pietismus des 18. Jhdts – das Glück in einem Weg nach innen sah und durchaus bereit war, den wahren Glauben fortlaufend weiterzuentwickeln und nicht unbeirrt an einer einzigen Variante festzuhalten.
    • Kraft und Stärke bezogen die Sufis vor allem aus anekdotischen Heldengeschichten aus früheren Zeiten, die – ähnlich wie im Rittertum des Mittelalters – eine eigene Ethik sichtbar machen sollten

Eine sehr gute Darstellung der beiden Auffassungen und ihres Entstehungskontextes bietet Tamim Ansary, Die unbekannte Mitte der Welt. Globalgeschichte aus islamischer Sicht, Campus Verlag Ffm / New York 2010, S. 166-174

Schaubild

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