Die Stoa – mehr als „stoischer“ Fatalismus, sondern wirkliche Lebenskunst (Mat8045)

Erinnerung an ein großartiges Lebenskonzept der Antike: Die Stoa – mehr als „stoische Ruhe“

1.    Es lohnt sich, sich mit Gedanken früherer Zeiten zu beschäftigen
Was waren das für Zeiten, als jeder nachdenklicher Mensch „Ahnung“ von Philosophie hatte und vielleicht sogar aus ihr Trost schöpfte wie der römische Staatsmann und Philosoph Boethius, der am Ende eines überaus erfolgreichen Lebens mit einem schrecklichen Schicksal klarkommen musste.

2.    Von einer der wichtigsten philosophischen Strömungen ist nur ein schaler Abglanz übrig geblieben, wenn man sagt, jemand habe in einer Situation allgemeiner Aufgeregtheit und Hektik eine „stoische Ruhe“ bewahrt.

3.    Dabei geht dann weitgehend verloren, dass die Stoiker zwischen 300 v. Chr. und 200 n. Chr. eine Sicht auf die Welt entwickelt haben, die einem auch heute noch in stürmischen Zeiten gesellschaftliche und politische Veränderungen das Gefühl geben kann, nicht verloren zu sein.

4.    Das Gefühl einer großen Ordnung – vielleicht lässt es sich retten oder neu denken
Natürlich fällt es heute schwer, die Welt wie diese Philosophen als geordnete Einheit zu sehen, beherrscht von einem göttlichen Prinzip. Das ist natürlich in einer durch die Fortschritte der Wissenschaft „entzauberten“ Welt, um einen Grundgedanken von Max Weber aufzunehmen, schwieriger als früher. Vielleicht hilft es dem modernen Menschen, die uns großartig vorkommende Natur als etwas vergleichbar Übergeordnetes zu sehen, in das man sich eingebettet fühlen kann.

5.    Einordnung –als etwas nur Positives
Die zentrale Aufgabe für den im Sinne der Stoiker sein Leben gestaltenden Menschen ist es, den richtigen Platz in der Welt, so wie sie iste, für sich selbst zu finden und ihn auch anzunehmen.

6.    „Hinnahme“ dessen, was nicht zu ändern ist
Wichtig dabei ist die Unterscheidung der Stoiker zwischen dem, worauf man Einfluss hat, und dem, was man hinnehmen muss. Jeder Mensch sollte den Gedanken des römischen Philosophen Seneca kennen: „Den Willigen führt das Schicksal, den Unwilligen zerrt es mit sich“ („Ducunt volentem fata, nolentem trahunt“) (Zitiert nach: http://www.gavagai.de/zitat/antike/HHC07.htm). Das ist nicht gleichzusetzen mit Fatalismus, d.h. der passiven Hinnahme dessen, was einem geschieht. Es geht schon um aktive Gestaltung, aber in den Grenzen dessen, was zur eigenen Person gehört.
Das kann im Extremfall so weit gehen, dass man auch noch selbstbestimmt bleibt, was das Ende des eigenen Lebens angeht. Nähere Ausführungen dazu finden sich -> hier.

7.    Wieder ins Gedächnis rufen sollte man sich in diesem Zusammenhang drei griechische zentrale Begriffe Apatheia, die Befreiung von der großen Macht der Gefühle, Autarkie, das Sich-Begnügen mit dem, was man wirklich braucht, und Ataraxie, eine innerer Kern, der nicht erschüttert werden kann.

8.    Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch der Gedanke, dass uns weniger die Wirklichkeit bestimmt, so wie sie ist, sondern unsere Vorstellung davon – und die können wir beeinflussen.

9.    Dazu gehört etwa, dass man einen Verlust für sich anders definiert, nämlich als die Zurückgabe von etwas, was man sich ausgeliehen hat. Interessant in diesem Zusammenhang der Ratschlag des Schweizer Buchautors Rolf Dobelli, dass man zu Beginn eines Jahres einfach ein fiktives Spendenkonto in seinem Kopf einrichtet: Und wenn man dann mal wieder zu schnell gefahren ist und ein Strafmandat bezahlen muss, ärgert man sich sehr viel weniger, denn man nimmt es ja von einem Stapel Geld, den man schon abgeschrieben hat. Näheres dazu in dem Buch „Die Kunst des guten Lebens“.

10.    Die soziale Einbindung
Die Haltung der Stoiker war weit entfernt von hemmungslosem, fast zynischem Egoismus. Bezeichnend ist die Haltung des römischen Kaisers Marc Aurel, der in seinen Selbstbetrachtungen formulierte: „Tu deine Arbeit, aber nicht wie eine seelenlose Maschine oder wie einer, der bemitleidet oder bewundert werden will, sondern wolle nur das eine: dich betätigen und halten, wie es die Rücksicht auf die menschliche Gemeinschaft verlangt.“
(Zitiert nach: http://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/radiowissen/ethik-und-philosophie/ethik-stoa-das-thema100.html)
Spätestens hier wird deutlich, dass es nicht nur um individuelles Glück geht, sondern auch um gesellschaftliches Engagement.

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