Das Vorspiel der modernen Revolutionen in Amerika
Gerade in der heutigen Zeit, in der die USA wegen ihrer Kriegsführung und wegen ihrer NSA-Datensammel-Aktivitäten stark in Verruf oder zumindest in die Kritik geraten ist, lohnt es sich, einen Blick auf die leuchtenden Anfänge zu werfen.
Das Folgende ist ein Auszug aus einem EBook mit dem schönen Titel: „Geschichte für Durchblicker – mit der Lehrer auf Augenhöhe“.
Dahinter steckt unsere Überzeugung, dass Geschichte ein Fach ist, wo man im Detail oder bei einem bestimmten Thema schnell mindestens genauso gut sein kann wie die Lehrkraft. Das hängt mit der ungeheuren Masse des Stoffes zusammen.
Jede gute Lehrkraft freut sich, wenn sie mal an einer bestimmten Stelle auch überholt wird – mit Fakten oder Anregungen.
Ihre Fähigkeit ist es dann, das in größere Zusammenhänge einzuordnen – und beide Seiten können sich freuen.
Hier also das „Grundverständnis“ zum Thema „Aufklärung“, das man leicht an bestimmten Stellen ausbauen kann.
1 Der Ausgangspunkt: Wir wollen mitbestimmen!
Als die englischen Siedler in Amerika ihrem König in London die rote Karte zeigten, taten sie das mit einer für die Zeit typischen Begründung: „No taxation without representation!“ Wenn sie schon Steuern zahlen sollten, also etwas zum Gemeinwesen beitragen, dann wollten sie auch „repräsentiert“, d.h. mit Abgeordneten in einem Parlament vertreten sein und mitbestimmen.
2 Sieg der Rebellen – und Gründung eines neuen Staates, der USA
Man weiß, wie die Geschichte ausgegangen ist: Der König fand das gar nicht gut, schickte Soldaten, davon eine Menge, die er sich zum Beispiel aus Deutschland als Söldner eingekauft hatte, und verlor am Ende den Krieg.
Die ehemaligen englischen Siedler, die sich nun „Amerikaner“ nannten, gaben sich eine Verfassung, die sich auf das Wesentliche beschränkte, sich vor allem an die Ideen von Montesquieu hielt und extrem auf Gewaltenteilung setzte:
3 Extreme Gewaltenteilung zum Schutz vor Willkür
Die Repräsentation erfolgte in zwei verschiedenen Kammern: Da gab und gibt es zum einen das Repräsentantenhaus, das alle zwei Jahre neu gewählt wird – also ziemlich viel Demokratie. Daneben gibt es aber noch den viel wichtigeren Senat – und der wird nur alle sechs Jahre wiedergewählt – bzw. genauer: Alle zwei Jahre wird ein Drittel der 100 Senatoren (zwei für jeden Bundesstaat) neu gewählt.
Man merkt hier schon, wie vorsichtig die Amerikaner mit der Demokratie umgingen – möglichst viel Stabilität (und damit letztlich auch Sicherheit) war ihnen wichtig.
Die Exekutive besteht wiederum wie in den alten Monarchien nur aus einer Person, dem Präsidenten. Was bei uns als „Minister“ bezeichnet wird, das kommt in den USA nicht über den „Sekretärs“-Status hinaus. Am deutlichsten sieht man das am Außenminister, dem „Secretary of State“. Der spätere amerikanische Präsident Lincoln hat das Regierungssystem mal so ganz einfach erklärt: „8 Stimmen dagegen, meine Stimme dafür, der Vorschlag ist angenommen.“
Nun ist aber sichergestellt, dass der Präsident nicht machen kann, was er will: Er selbst kann den Kongress über entsprechende Botschaften nur bitten, seine Wünsche zu Gesetzen zu machen – persönlich erscheinen darf er im Kongress nur einmal im Jahr, wenn er seine „Rede zur Lage der Nation“ hält. Auch seine wichtigsten Mitarbeiter müssen vom Kongress, meistens vom Senat, bestätigt werden.
Umso seltsamer ist es, dass sich vor allem seit dem Zweiten Weltkrieg eine Praxis herausgebildet hat, dass der Präsident ziemlich allein zumindest über kurze Kriege entscheiden kann, obwohl das Recht zur Kriegserklärung eigentlich beim Kongress liegt. Aber eine Weltmacht braucht wohl eigene Regeln, um schnell handeln zu können.
4 Eine amerikanische Spezialität – die Verbindung von Religion und Modernisierung
Noch eine weitere Eigenart ist bezeichnend für die USA, nämlich die große Bedeutung der Religion. Während seit der Aufklärung und der Französischen Revolution Modernisierung in Europa immer Befreiung von religiösen Zwängen bedeutete (man denke nur an Voltaires berühmte Parole „Ecrasez l’infâme“! (wörtlich: „Zermalmt die Niederträchtigen!“)) hatten schon die Pilgrim Fathers in Amerika Freiheit für (!!!) ihre Religion gesucht. Eine große Rolle spielt auch die Vorstellung, die USA seien eine Art zweites Jerusalem, eine neue „Stadt auf dem Hügel“, wie es der erste Gouverneur von Massachusetts in seinem Buch „A Model of Christian Charity“ formulierte. [Anm1]
Dass das heute angesichts der Verhältnisse zum Beispiel in Guantanamo nicht mehr jedem gleich einleuchtet, steht auf einem anderen Blatt und ändert nichts am amerikanischen Selbst- und Sendungsbewusstsein.
5 Das amerikanische Prinzip: Möglichst viel selbst regeln
Interessant dürfte auch sein, dass es ursprünglich in den USA überhaupt keine Menschenrechte in der Verfassung des Bundesstaates gab, die sind erst im Laufe der Zeit hinzugefügt worden. Die USA verstanden sich eben vor allem als ein Bund von Einzelstaaten – und die sollten möglichst viel selbst entscheiden können.
Das setzt sich auf der Ebene des einfachen Staatsbürgers fort: Die meisten Amerikaner sind von tiefem Misstrauen gegen „die in Washington“ erfüllt und setzen vor allem auf Eigenverantwortlichkeit.
6 Die USA und Frankreich – eine interessante Beziehung
Vielleicht noch ein „historischer Treppenwitz“ am Ende: Es war der französische König, der die rebellierenden Siedler gegen den englischen König unterstützte – am Ende fiel er selbst den Ideen zum Opfer, die er unterstützt hatte.
Damit sind wir auch schon bei der Französischen Revolution – aber bevor wir uns auf die stürzen, sollten wir uns erst ein paar Gedanken machen über das „lange Jahrhundert“, das mit ihr weit vor der entsprechenden Jahreszahl eröffnet wurde.
7 Das „lange“ 19. Jahrhundert „verstehen“
Mit den Epochen ist das so eine Sache, sie halten sich nicht an bestimmte Jahreszahlen und schon gar nicht an Jahrhunderte. Besonders schön kann man das am Beispiel des 19. Jahrhunderts sehen, weil dem nämlich rein zeitlich eigentlich vorne und hinten jeweils etwas Wesentliches fehlt. Am Anfang ist das die Französische Revolution, die Grundlagen schafft, die uns noch heute bestimmen. Am Ende ist es der Erste Weltkrieg, der noch viel schrecklichere Dinge nach sich zieht und den wir hoffentlich auf Dauer überwunden haben.
Noch ein selbstkritischer Hinweis: Das 19. Jahrhundert wird im Folgenden vor allem aus deutscher Sicht betrachtet. Auf wichtige Entwicklungen in anderen europäischen Staaten und in der Welt insgesamt werden wir nur am Rande eingehen.
Weitere Infos, Tipps und Materialien
- Geschichte für Durchblicker – Überblick über Infos, Tipps und Materialien
https://textaussage.de/geschichte
— - Infos, Tipps und Materialien zu weiteren Themen
https://textaussage.de/weitere-infos
—