Henning Mankell, „Ein Mörder namens Wirén“ – Infos und Anregungen für den Unterricht (Mat4636)

Henning Mankell, „Ein Mörder namens Wirén“ – Infos und Anregungen für den Unterricht

Diese Kurzgeschichte ist besonders interessant, weil sie im positiven Sinne eine Enttäuschung präsentiert:

Ein Junge, der sich wie ein Geheimdienstler intensiv um die Bewohner seines Mietshauses kümmert, trifft tatsächlich auf einen wieder freigelassenen Mörder, erfährt ihn dann aber ganz anders als gedacht.

Wir stellen die Geschichte vor und geben Tipps für den Unterricht.

Zu finden ist die Geschichte u.a. im Deutschbuch, Klasse 9 von Cornelsen – zumindest in der Bayern-Ausgabe. Stand: 2.10.2017

Ansonsten ist die Geschichte auch enthalten in der Krimi-Anthologie: „Mörderischer Winter“ – Infos dazu gibt es hier.

Das Inhaltsverzeichnis des Bandes sieht so aus.

Kurz-Info zu Thema und Inhalt
In der Geschichte geht es um einen Jungen, der sich zu privater Geheimdiensttätigkeit im Stil des ehemaligen FBI-Bosses Hoover berufen fühlt und dabei feststellt, dass ein verurteilter und inzwischen wieder freigelassener Mörder in seinem Haus ganz anders ist, als er gedacht hat.

Inhaltsangabe:
Die Geschichte beginnt damit, dass die Hauptfigur vorgestellt wird, einen 12jährigen Jungen, der Spaß daran hat, sich ständig einen neuen Namen zuzulegen und sich deshalb aktuell Hoover nennt – nach dem früheren Chef des amerikanischen FBI. Dazu passt auch die zweite Eigenart des Jungen, der nämlich möglichst viele Informationen zu den anderen Bewohnern des großen Mietshauses, in dem er wohnt, sammelt.
Sein besonderes Interesse gilt einem verurteilten Mörder, der nach seiner Freilassung eine der Wohnungen im Haus bezogen hat. Seine Recherchen führen dazu, dass Hoover sich immer mehr in Fantasien über weitere Gewalttagen des Mannes hineinsteigert, bis er schließlich bei einer gemeinsamen Fahrstuhlfahrt feststellt, dass der Mann bei dem Stromausfall, den beide zusammen erleben, mehr Angst gehabt hat als er selbst.

Bedeutung der Geschichte: -> Was zeigt die Geschichte?
Die Geschichte zeigt zunächst das Besondere an einem Jungen, der ganz eigene Wege geht und alles mit sich selbst abmacht und höchstens noch in seinem Tagebuch notiert.
Zugleich werden die übertriebenen Ängste deutlich, die sich dabei ergeben können, wenn man keinen Austausch mit anderen Menschen pflegt.
Am wichtigsten ist natürlich die Botschaft, dass auch Menschen, die einen schlimmen Fehler gemacht haben, ganz normal sein können – bis hin zu panischer Angst in einem steckengebliebenen Fahrstuhl.

Anmerkungen zum Schaubild:
Das Schaubild folgt der Entwicklung des Handlungskerns und macht durch die Farben deutlich, wie sich alles zwischen grün (für positiv) und rot (für negativ, gefährlich) entwickelt.
Es beginnt damit, dass ein Junge sehr originelle Ideen entwickelt („selbst gewählter Name“), die ihn aber immer mehr in Schwierigkeiten bringen: Von privaten Geheimdienst-Recherchen, die sicher nicht alle Nachbarn gerne sehen, über die Erkenntnis, dass ein entlassener Mörder im Haus wohnt bis hin zu einer besonderen Art von „Rekonstruktion“, mit der sich der Junge in die „richtige Stimmung“ für ein Mord-Nachvollzugs-Erlebnis bringen will.
Diese Stimmung trifft ihn an ganz anderer Stelle und mit brutaler Realität: Er ist plötzlich mit dem Mörder in einem Fahrstuhl, der stecken bleibt und mit dem Lichtausfall maximale Angst auslöst.
Dann kommt die Erlösung, nämlich die Erkenntnis, dass der Mann mehr Angst hatte als er selbst – und damit auch einfach nur ein Mensch ist.
Am Ende steht der zunächst rätselhafte Vergleich mit einem herrenlosen Hund, der wohl auf Einsamkeit hindeuten soll – und Beziehungslosigkeit.

Inwiefern und inwieweit handelt es sich um eine Kurzgeschichte?.
Die Geschichte steigt relativ direkt ein, verrät dann aber doch ziemlich viel über die Situation des Jungen, wie sie überhaupt für eine Kurzgeschichte ziemlich lang ist.
Das Ende ist auf jeden Fall offen, denn man weiß nicht, wie der Junge weiterhin mit seiner Heimlich-Arbeit umgeht und wie sich das Verhältnis zu dem Mann weiter entwickelt.
Auf jeden Fall hat er in diesem „Ausriss“ aus seinem Leben eine wichtige Erfahrung gemacht.

Anmerkungen zum Einsatz als Klassenarbeit.
Die Geschichte ist für eine Klassenarbeit zu lang.

Ideen zum Einsatz im Unterricht
Im Unterricht lässt sie sich aber sehr gut einsetzen. Am besten liest man sie wohl vor und hört dann erst mal auf, wenn das Licht im Fahrstuhl ausgeht und die Hand nach „Hoover“ greift.
Ansonsten ist es sicher interessant, sich zu überlegen, welchen Fortführungsvarianten die Geschichte bietet.
Außerdem kann man natürlich überlegen, welche Situationen Schüler kennen, in denen sie sich regelrecht in etwas hineingesteigert haben.
Auch kann man noch früher ansetzen und einfach diskutieren, welche Eigentümlichkeiten Menschen entwickeln können (wie hier der ständige Namenswechsel), die ihnen ein gutes Gefühl geben.
Auf jeden Fall sollte darüber gesprochen werden, wie wichtig Offenheit und Kontakt mit anderen Menschen ist – ganz gleich, wie originell man sein möchte.