Ingeborg Bachmann, „Der gute Gott von Manhattan“ – Fragen und Antworten – z.B. für eine Prüfungsvorbereitung (Mat5011)

  1. Worum geht es in dem Hörspiel?
    1. Es geht um eine außergewöhnlich intensive Liebsbeziehung, in der der Mann allerdings eine problematisch dominierende Rolle spielt und die Frau eine fast an Unterwürfigkeit grenzende Hingabebereitschaft zeigt.
    2. Das Besonders ist, dass diese Beziehung von jemandem durch ein Bombenattentat beendet wird, der sich als „Der gute Gott von Manhattan“ bezeichnet.
    3. Dramaturgisch wird diese Beziehung und ihr Ende durch ein Verhör vor Gericht mit eingestreuten Rückblenden präsentiert.
  2. Was ist die Thematik des Hörspiels?
    1. Es geht zunächst um eine problematische Liebesbeziehung, in der männliche Partner einseitig dominiert und die Frau sich unterwirft.
    2. Damit verbunden ist die Frage, welche Allgemeingültigkeit diese Art von Liebesbeziehung hat.
    3. Außerdem geht es um die Frage, welche Bedeutung der angeblich „gute Gott“ in diesem Hörspiel hat.
  3. Wie kann man den Inhalt kurz zusammenfassen?
    1. Das Hörspiel beginnt mit einem Verhör eines Attentäters, der sich „der gute Gott von Manhattan“ nennt. Er hat eine junge Studentin namens Jennifer in ihrem Hotelzimmer durch eine Paketbombe töten lassen.
    2. In Rückblenden wird die Geschichte der Liebesbeziehung zwischen dieser Jennifer und einem Jan präsentiert, der sich auf die Rückreise in seine Heimat Europa vorbereitet.
    3. Jennifer und Jan freunden sich schnell an und verbringen schließlich die Nacht in einem Stundenhotel.
    4. Die Beziehung intensiviert sich dann immer mehr und die beiden erkennen schließlich, dass sie sich nicht mehr voneinander trennen können.
    5. Diese Liebe ist aber unterschwellig gefährdet durch ein sehr dominant und potenziell gewalttätiges Verhalten Jans und zunehmende Unterwürfigkeit Jennifers bis zur Selbstaufgabe.
    6. Das führt dazu, dass dieser sogenannte „gute Gott“ eine Paketbombe ins Hotel bringen lässt, die aber nur Jennifer tötet. Jan ist gerade auf dem Weg, um seine Schiffskarten endgültig zurückzugeben.
    7. Der gute Gott wird erstaunlicherweise nicht verurteilt, obwohl er die Verantwortung für das Attentat übernommen hat.
  4. Was kennzeichnet die Beziehung zwischen Jan und Jennifer im Kern?
      1. Solch eine Frage kann man natürlich unterschiedlich beantworten.
      2. Am interessantesten könnte ein Bild aus der Jagd sein, nämlich der Gegensatz zwischen dem Jäger Jan und dem Opfer Jennifer sein, was man an den folgenden Zitaten gut zeigen kann – die sollte so in eigenen Worten wiedergeben könnte:
        1. Jan macht an einer Stelle deutlich, dass er sich als Mann fühlt, der Beziehungen eher so versteht, dass er von Bett zu Bett springt (vgl. S. 68)– ein sehr deutliches Bild.
        2. Demgegenüber steht ein Zitat von Jennifer, das an sich aufgebender Grenzüberschreitung nicht zu überbieten ist:
          Sie will „auf den Knien“ vor ihm liegen und seine „Füsse küssen“ und „drei Schritte hinter“ ihm gehen. (S.88)
          Noch stärker, wenn Jennifer als Perspektive nennt: „mich aufreißen für dich und in deinen Besitz übergehen, mit jeder Faser und wie es sein soll: mit Haut und Haar“ (79)
  5. Falls die Übereinstimmung in der Formulierung mit einem Gedicht von Ulla Hahn besprochen wurde:
    Inwiefern gibt es eine auffällige Gemeinsamkeit zwischen einer Stelle im Hörspiel und einem Gedicht von Ulla Hahn?

    1. Die Überschrift eines Gedichtes von Ulla Hahn heißt wirklich genauso wie es im Hörspiel auftaucht: „mit Haut und Haar“
    2. Anders ist aber, dass dort das lyrische Ich dem Partner nicht gleich hinterherläuft und damit untergeordnet ist, sondern ihn „aus der Senke“ zu sich hochzieht.
    3. Dann aber wird das lyrische Ich „umgewendet“ und verliert sich. Am Ende ist es ganz „aufgegangen“ und wird „ausgespuckt“.
    4. Das ist aber keine Sicht, mit der Ulla Hahn sich zufriedengibt, wie man an ihrem „Danklied“ sehen kann:
      Dort bedankt sie sich regelrecht für eine negative Behandlung, ja sogar für „jeden Fußtritt“, weil der sie „vorwärts bringt zu mir / auf meinem Weg.“
    5. Dieses lyrische Ich ist fähig und bereit, auch „alleine“ zu gehn. Das steht im völligen Kontrast zu der gefährlichen Glückssehnsucht Jennifers, für die sie alles zu geben bereit ist.
      Zu finden sind die beiden Gedichte u.a. hier.
  6. Wieso ist Manhattan ein geeigneter Ort für die Handlung des Hörspiels?
    1. Dort gibt es die Kombination aus Normalität und Steigerungsmöglichkeit
    2. Die Wolkenkratzer passen zu einer Liebe, die maximale Höhe erreichen will.
    3. Dazu passt auch, dass im Verlauf der Liebesgeschichte immer höhere Stockwerke erreicht werden.
    4. An dieser Stelle könnte man auf die Romantik eingehen mit ihrer Sehnsucht nach dem Unendlichen und auch der Bereitschaft, extreme Risiken in Kauf zu nehmen bis hin zum eigenen Untergang. Man denke auch an die Nachtseite der Romantik.
      https://textaussage.de/gedichte-romantik-thema-dunkle-seite

  7. Welche Bedeutung hat der „gute Gott“ im Hörspiel?
    1. Zunächst kann man ihn als Vertreter der Ordnung, der normalen Gesellschaft mit all ihren Spielregeln und Grenzen sehen.
    2. Bezeichnend ist seine Antwort auf den Vorwurf des Richters, er sei ein „krankhafter Phantast“. Er will sich mit denen beschäftigen, die es nicht geschafft haben, „die anfängliche Glut“ (84) zu zähmen sich auf „Kameradschaft und wirtschaftliche Interessen“ in ihrer Beziehung konzentrieren. Für ihn ist entscheidend: „Alles im Gleichgewicht und in der Ordnung.“
    3. Im Unterschied zu einem allmächtigen Gott muss er mit Hilfe seiner Eichhörnchen hinter Abweichlern hinterher sein und zögert dann auch nicht, sie auszuschalten, wenn sie in eine aus seiner Sicht ausweglose Lage geraten sind.
    4. Wichtig ist, dass der Richter keineswegs mit aller Entschiedenheit ein Verbrechen verfolgt und bestraft, sondern ihn schließlich laufen lässt.  Die Feststellung des eigentlich Angeklagten: „Dann müßten sie mit mir im Bund sein“ bleibt unwidersprochen stehen. Schon vorher hat der Richter der Ordnungs- und Gleichgewichtsthese des „guten Gottes“ zugestimmt.
    5. Interessant ist allerdings, dass dieser Jans Rückkehr in die alte Ordnung kritisch, ja fast mit Verachtung kommentiert: „Er war gerettet. Die Erde hatte ihn wieder. Jetzt wird er längst zurück sein und bei schlechter Laune und mit mäßigen Ansichten lange leben.“ (98) Man kann darüber diskutieren, ob die Autorin nicht bewusst eine Doppelbödigkeit geschaffen hat, die die Normalität doch nicht als Idealzustand ansieht. Leider weist sie keinen Ausweg in eine bessere Lösung als die im Hörspiel gewählte.

Wie setzen das noch fort

Weitere Infos, Tipps und Materialien 

https://textaussage.de/weitere-infos