Ist der Rhythmus an die Verszeile gebunden? (Mat6124)

 

Worum es hier geht:

An uns wurde die Frage gerichtet:
Ist der Rhythmus (bzw. das Metrum) an die Verszeile gebunden?

Wer erst mal noch grundsätzlich wissen will, wie das mit dem Rhythmus in Gedichten funktioniert, findet hier Hilfe:
https://www.schnell-durchblicken.de/durchblick-auch-in-deutsch/bereich-lyrik-gedichte/rhythmus-von-gedichten/

Wir wenden uns hier der Frage zu, ob die dort beschriebenen Rhythmen auf die jeweilige Gedichtzeile beschränkt sind oder ob sie über das Zeilenende hinweggehen.

Die Frage kann man am besten mit Hilfe des folgenden Gedichtes beantworten. Es ist von Eichendorff und trägt den Titel „Der Abend“

———-

Schweigt der Menschen laute Lust: = endet auf betonter Silbe
Rauscht die Erde wie in Träumen = fängt mit betonter Silbe an

  • Es handelt sich ja immer um den Wechsel von betonter und unbetonter Silbe, also um einen Trochäus.
  • Wenn aber dann die letzte Silbe betont ist, müsste es bei einem durchgehenden Gedichtrhythmus mit einer unbetonten Silbe zu Beginn der zweiten Zeile weitergehen.
  • Das ist aber nicht so.
  • Folglich gilt: Der Rhythmus ist grundsätzlich erst mal auf die Verszeile beschränkt.
  • In den nächsten beiden Verszeilen ist das übrigens anders, das hängt mit den sogenannten „Versschlüssen“ oder „Kadenzen“ am Ende zusammen.

wunderbar mit allen Bäumen, = endet auf unbetonter Silbe
was dem Herzen kaum bewußt, = fängt trotzdem mit betonter Silbe an

  • Hier sieht es so aus, als würde der Rhythmus über die Verszeile hinaus richtig eingehalten, aber das gilt eben nur hier, in den ersten beiden Zeilen war es ja schon anders.
  • Halten wir also abschließend fest: Der Rhythmus eines Gedichtes bezieht sich zunächst einmal nur auf die einzelne Verszeile.

Weitere Infos, Tipps und Materialien