Kabale und Liebe III,1 in moderner Sprache (Mat2077)

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Dritter Akt. – Saal beim Präsidenten. – Erste Szene.
Der Präsident und Sekretär Wurm kommen.
Präsident. Das war ja wohl nichts, diese Aktion vor dem Haus des Geigers.
Wurm. Tja, so ist das mit diesen modernen Idealisten, die sind eher bereit, alles aufzugeben und zu
zerstören als Kompromisse einzugehen.
Präsident (sauer). Ist ja schön, aber was hilft uns diese kluge Einsicht weiter?
Wurm. Sie müssen die Strategie ändern. Kein Frontalangriff auf den Gegner, sondern seine Truppen
spalten.
Präsident. Und wie sollte so was funktionieren?
Wurm. Wir bringen einfach einen anderen Liebhaber ins Spiel, lassen das Mädchen einen
entsprechenden Brief schreiben und den Major ihn finden.
Präsident. Na toll, sie wird wohl kaum so was machen.
Wurm. Wir müssen sie an ihrer schwachen Stelle packen – und das ist neben dem Major ihr Vater.
Den müssen wir in Schwierigkeiten bringen – und schon haben wir ein Druckmittel.
Präsident. Und wie soll das laufen?
Wurm. Nun, dieser Miller hat doch ziemlich rumgepöbelt – und das gegenüber dem ersten Mann im
Staat nach dem Landesherren. Da müsste sich doch was machen lassen.
Präsident. Na ja, so schlimm war es denn nun doch nicht – für eine richtige Strafe reicht das nicht.
Wurm. Es reicht doch, wenn sie das glaubt.
Präsident. Gut! Gut! Ich verstehe. Aber mein Sohn? Wird der das Spiel nicht gleich durchschauen?
Wurm. Wir werden dafür sorgen, dass alles geheim bleibt – wir lassen sie einfach einen Eid
schwören.
Präsident. Einen Eid? Was ist der wert, Dummkopf?
Wurm. Na ja, in unseren Kreisen nichts, gnädiger Herr! Diese Leute aber, die nehmen so was ernst.
Und so erreichen wir unsere Ziele: Das Mädchen verliert die Liebe des Majors und den Ruf
ihrer Tugend. Vater und Mutter halten sich zurück und sind am Ende noch froh, wenn ihre
Tochter durch mich als Ehemann wieder zu Ansehen kommt.
Präsident (lacht unter Kopfschütteln). Unglaublich, du bist ja noch besser als dein Herr. – Bleibt nur
die Frage, an wen dieser Brief gerichtet wird.
Wurm. Am besten einer, der ähnlich wie wir bei dieser Geschichte alles gewinnt oder alles verliert.
Präsident (nach einigem Nachdenken). Ich komme da nur auf den Hofmarschall.
Wurm (zuckt die Achseln). Mein Geschmack wär‘ der nun nicht unbedingt, wenn ich Luise Millerin
hieße.
Präsident. Und warum nicht? Der riecht gut, bekommt für die dümmsten Sprüche jede Menge Geld –
das sollte bei so einer jungen Frau nicht ziehen? O, guter Freund! Das wird schon laufen – ich
lasse mal gleich den Marschall holen. (Klingelt.)
Wurm. Während Sie für die Verhaftung des Geigers und seiner Frau sorgen, kann ich ja schon mal
den Brief entwerfen.
Präsident (zum Schreibpult gehend). Den will ich aber vorher lesen. (Wurm geht ab. Der Präsident
setzt sich, um zu schreiben; ein Kammerdiener kommt; er steht auf und gibt ihm ein Papier.)
Dieser Haftbefehl muss gleich umgesetzt werden – ein andrer von euch wird den Hofmarschall
zu mir bitten.
Kammerdiener. Der ist eben hier vorgefahren.
Präsident. Umso besser.

Mat2077 Kabale und Liebe III-1 in moderner Sprache

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