Karl Krolow, „Der Baum“ – Interpretation des Gedichtes

Im Folgenden wird gezeigt, wie man sich diesem Gedicht „induktiv“, also Zeile für Zeile nähern kann – und dann am Ende zu allgemeinen Aussagen zur Intention und zum künstlerischen Charakter kommt.

 

  • Ungewöhnlicher Einstieg, als hätte das lyrische Ich erst sehr spät etwas bemerkt, das zunächst auch nicht besonders hervorragt, sondern nur etwas bietet, wenn es an der Zeit ist.
  • Im zweiten Abschnitt wird sich das lyrische Ich des ganzen Wertes dieses Baumes bewusst.
    • Zunächst geht es um das, was an diesem Baum zu finden ist,
    • dann um das, was dieser Baum für andere bedeuten kann.
  • Nicht ganz klar ist die Zeile mit der „Umwelt“. Gemeint ist wohl, dass dieser Baum sich nicht um das Drumherum kümmert, sondern sich einfach auf sein Wesen, vielleicht auch seine Aufgaben konzentriert.
  • Den Schluss bildeten eine besondere Situation, bei dem es um das Gewähren von Schutz bei Gewitter geht, aber auch um eine Stätte, an der Menschen sich lieben können, was wohl auch eine Intimität einschließt, die man der Öffentlichkeit nicht preisgeben will oder kann.
  • Am Ende wird dem Baum sogar etwas Menschliches zugesprochen, nämlich ein Kopf und alles Positive wird zusammengefasst im Begriff der Sonne.
  • Es folgt eine Zeile, die deutlich macht, dass auch dieser Baum ein Kunstwerk ist so wie das Gedicht, das ihn uns vorstellt und in seinem Wert sichtbar macht.
  • Der Schlussteil des Gedichtes zeigt dann den vergeblichen Versuch, mit diesem Baum Kontakt aufzunehmen. Er und das lyrische Ich gehören verschiedenen Welten an.
  • Und wenn es am Ende versucht, ihn zu besteigen und sich ihm auf diese Art und Weise zu nähern, wird deutlich, dass es sich um eine fremde Welt handelt, in der man sich nur verwirren kann.

Das Gedicht zeigt:

  • einen besonderen Moment der Wahrnehmung,
  • in dem dem lyrischen Ich all das bewusst wird, was man normalerweise gar nicht wahrnimmt.
  • Deutlich wird auch, dass es sich um ein Kunstwerk handelt, das man durchaus mit den vergleichen kann, was der Autor als Gedichttext produziert.
  • Das ist letztlich ein erster Versuch, sich etwas Fremdem mit der eigenen Begrifflichkeit zu nähern.
  • Am Ende wird deutlich, dass eine andere Annäherung gar nicht möglich ist, weil die Welt dieses Baumes nicht nur unendlich reich ist, sondern auch fremd.
  • Letztlich verliert man vor diesem Hintergrund die scheinbare Eigensicherheit als Mensch.
  • Es bleibt nur die Möglichkeit, sich mit den Mitteln der Sprache der Natur zu nähern, auch wenn das am Ende zu Verwirrung führt.

Was den künstlerischen Charakter angeht,

  • so fällt am Anfang der besondere Moment der fast zufälligen Wahrnehmung auf.
  • Es folgt der Gegensatz zwischen dem scheinbar Wenigen und dem realen Schatz an Natur, den dieser Baum bietet.
  • Wichtig ist die Zeile, in der im Baum etwas Menschliches, nämlich ein Kopf, zugesprochen wird,
  • was dann allerdings im Schlussteil wieder auf etwas Fremdes reduziert wird.
  • Besonders wichtig ist natürlich der Vergleich des Baums mit einem Gedicht, was für dieses lyrische Ich die Grenze eines möglichen Verständnisses und einer Begegnung markiert.