Worum es hier geht:
- Die meisten Schülis kennen aus dem Unterricht so etwas wie eine Personenbeschreibung.
Hier geht es jetzt um die sogenannte „Charakterisierung“ einer Figur z.B. in einer Kurzgeschichte
In der kleinen Geschichte weiter unten zeigen wir mal, was der entscheidende Unterschied ist. - Die Geschichte enthält ein kleines Gespräch, das wir uns – hoffentlich geschickt – ausgedacht haben: Deutlich werden sollen eben die Unterschiede zwischen einer Personenbeschreibung und einer Figurencharakteristik.
Noch eine kurze Vorbemerkung: Inzwischen gibt es ein Video, in dem das alles hier „live“ erklärt wird.
Zu finden ist das Video auf Youtube hier:
https://youtu.be/S_9F0gMl6ag
Und hier kann die Dokumentation angeschaut bzw. heruntergeladen werden.
Mat8465 vf5 KUS-S Charakteristik – was ist das und wie schreibt man so was
Zunächst die kleine Gesprächsgeschichte
- Mia steht mit ihrer Freundin Sofie an der Bushaltestelle.
- Der Bus hat sich verspätet – so schauen sie sich an, was es da zu sehen gibt.
- Plötzlich meint Sofie:
- „Du, dem da möchte ich abends auch nicht allein begegnen.“ Mit dem Arm zeigt sie auf ein Fahndungsplakat.
- Mia schaut kurz hin und meint dann nur:
- „Stimmt, da gehst du gleich ins nächste Cafe und wartest, bis der weg ist.“
- Sofie zuckt die Schultern:
- „Ja, man muss aufpassen, wo man unterwegs bist. Aber du willst dich doch heute Abend mit dem Jungen treffen, den du letztens im Bus getroffen hast. Vielleicht steht der auch auf einem Fahndungsplakat, nachdem er dich …“ Sie macht eine bezeichnende Geste mit den Händen um den Hals.“
- Mia dazu nach kurzem Nachdenken:
- „Das ist eben der Unterschied. Ich käme nie auf den Gedanken, mich mit einem Typen zu treffen, der so aussieht wie der auf dem Plakat. Ich treffe mich nur mit jemandem, bei dem ich einigermaßen weiß, wie es innen aussieht.“
- Sofie denkt kurz nach:
- „Da fällt mir ein, was unser Deutschlehrer gesagt hat, als es um Charakteristik ging. Zum Beispiel in einer Kurzgeschichte: Dort kommt es darauf an, wie es in einer Person aussieht, was sie denkt – und was sie dann auch macht. Das ist ganz anders, als wenn ein Opa gesucht wird, der sich anscheinend verlaufen hat und nicht mehr nach Hause findet: Da werden die äußeren Kennzeichen beschrieben wie Größe, Haarfarbe, Kleidung usw.“
- Mia nimmt das auf und zeigt da richtig Begeisterung:
- „Und siehst du, bei Fynn hat mich das gar nicht interessiert. Mir war was runtergefallen – und er bückte sich und gab es mir mit einer galanten Bewegung zurück. Und dann haben wir uns unterhalten – es war einfach nur schön. Wir spielen beide Basketball und lieben auch die gleiche Band.
- Sofie mit einer Handbewegung zu dem sich nähernden Bus:
- „Tja, dann kannst du ja nach dem Date in der nächsten Deutschstunde gleich eine Charakteristik vorlesen. Dein Lehrer wird sich freuen.“
- Sie hatte sich vorsichtig ein bisschen zur Seite bewegt,
- denn Mia machte eine drohende Handbewegung: „So weit kommt das noch! Mach dich nur lustig – ich habe dir morgen bestimmt Schöneres zu erzählen“
Auswertung des Gesprächs
- Man sieht an dem Gespräch deutlich, was der Unterschied ist zwischen einer Personenbeschreibung oder gar einem Fahndungsplakat: Dort geht es vorwiegend um Äußeres, damit man jemanden schnell und möglichst schon von weitem erkennt.
- Eine Charakteristik wird zum Beispiel zu einer Kurzgeschichte geschrieben. Da sind Schülis arm dran, wenn ihnen nicht gesagt wird, dass sie nicht nach Größe, Haarfarbe, Kleidung usw. suchen sollen. Das wird meistens gar nicht erwähnt – es sei denn, es ist für die Handlung der Geschichte von Bedeutung.
- Am besten geht man also die Geschichte durch und schreibt alles raus, was dort über die Figur gesagt wird.
Die kleine Kurzgeschichte mit Charakterisierungspotenzial
Hajo Frerich,
Wenn Schule “Schule macht”
Es war schon immer ein Problem, Nina morgens aus dem Bett zu bekommen. Aber diesmal war es besonders schlimm. Als er sich nämlich über sie beugte, sie leicht am Arm rüttelte und sagte: „Viertel nach sieben – es wird knapp, wenn du noch rechtzeitig in der Schule sein willst“, kam nur ein gereiztes Stöhnen zurück. Also zog er gleich die ultimative Karte: „Wir hatten doch abgesprochen, dass wir morgens kein Theater machen. Ich wecke dich zum letztmöglichen Zeitpunkt – aber dann musst du auch raus.“
Was er dann zu hören bekam, verschlug ihm doch die Sprache: Nina meinte nur relativ locker, sich schon wieder wegdrehend. „Ach, Papa, mein Poli-Lehrer sagt dazu nur: Abmachungen müssen immer wieder neu verhandelt werden.“ Was sollte man als Vater in solch einer Situation dazu sagen. Also schlug er vor: „Okay, du stehst jetzt auf und dann haben wir beim Frühstück noch fünf Minuten Zeit für dein neues Verhandeln“.
Tatsächlich erschien Nina dann einigermaßen schnell in der Küche und legte gleich los: „Wie ich schon sagte: Wir haben das letztens im Politikunterricht bespochen. Abmachungen sind nichts als ein Trick der Mächtigen, um möglichst lange ihre Macht ungestört genießen zu können. Wenn aber immer wieder neu verhandelt wird, dann ist das viel gerechter.“
Was sollte man dazu sagen. Er beschloss, es erst mal auf sich beruhen zu lassen. Wichtig war jetzt, dass Nina noch ihren Bus bekam.
Sie war dann auch schnell in der Tür, drehte sich aber noch mal um meinte: „Übrigens, ich muss Kim noch das Geld für den letzten Kinobesuch geben. Kannst du mir nicht schon mal das Taschengeld für den nächsten Monat geben?“
Jetzt rutschte es ihm einfach raus: „Meine Liebe, wie du schon sagtest: So was muss immer wieder neu verhandelt werden!“
Das Letzte, was er von seiner Tochter sah, war ein unendlich verblüfftes Gesicht – und das letzte, was er hörte, war die Tür, die krachend ins Schloss fiel
Hier könnte eine Charakteristik der Tochter etwa so aussehen:
- Nina ist noch im schulpflichtigen Alter
- Und hat mit ihrem Vater eine Abmachung getroffen, dass er sie möglichst spät weckt, sie dann aber auch gleich aufsteht.
- Sie hält sich aber nicht daran, wie sich gleich am Anfang der Geschichte zeigt.
- Stattdessen greift sie auf einen Satz aus dem Politikunterricht zurück: Abmachungen müssten immer neu verhandelt werden.
- Als der Vater ihr das anbietet, wenn sie jetzt gleich aufsteht, geht sie darauf ein und erscheint bald zum Frühstück.
- Dort führt sie das genauer aus, was sie im Politikunterricht besprochen haben. Es geht dabei darum, dass Verträge meistens die Interessen der Mächtigen widerspiegeln, so dass es sinnvoll ist, sie bei passender Gelegenheit neu zu verhandeln.
- Was Nina dabei aber nicht berücksichtigt hat, ist, dass der Vater nun auch ihre Taschengeldabmachung in Frage stellt.
- Darauf reagiert sie nur noch beim Rausgehen mit einem wütenden Zuschlagen der Tür.
- Insgesamt wird deutlich, dasss Nina typisch ist für viele Jugendliche in ihrem Alter: Sie sind durchaus gutwillig bei Abmachungen, aber im konkreten Fall haben sie noch nicht gelernt, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen: Sie reagieren mehr gefühlsbetont. Allerdings wird bei Nina auch schon deutlich, wie sie geschickt mit dem arbeitet, was sie in der Schule gelernt hat.
Tipps für eine selbst erstellt Charakteristik
- Notier in der Kurzgeschichte alles, was über eine Person (Figur) gesagt wird:
- In welcher Situation ist sie?
- Wie verhält sie sich?
- Was macht das Verhalten der anderen ihr gegenüber deutlich?
- Wie reagiert sie?
- Welche Interessen werden bei der Figur deutlich?
- usw.
- Am besten fasst du das dann zusammen, indem du
- vom allgemeinen
- zum Speziellen übergehst.
- Am besten hältst du dich an den Ablauf der Geschichte. Du kannst also die Charakteristik nach dem Allgemeinen fast wie eine Inhaltsangabe beschreiben.
- Allerdings solltest du im Unterschied dazu deine Feststellungen belegen – auch mit Zitaten.
- Am Ende kannst du dann noch einmal den Kern hervorheben: „Insgesamt ist …“
Weitere Infos, Tipps und Materialien
- Infos, Tipps und Materialien zum Thema Charakteristik
http://textaussage.de/infos-tipps-und-materialien-zum-thema-charakteristik-themenseite
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