Worum es hier geht:
Der Artikel thematisiert eine immer noch in der Schule vorhandene Kultur der Fehlerorientierung und Beschämung und ermöglicht damit die Diskussion, was dagegen getan werden kann.
Der Text des Artikels
Die “unsichtbare” Gewalt in der Schule
Die Reaktion lag zwischen Betroffenheit und Protest, als Dr. Aaron Hanka gestern in seinem Abendvortrag davon sprach, dass sich ein Drittel der Schüler in der Schule nicht wohlfühlten – und das hinge mit einer immer noch vorhandenen “Kultur der Beschämung” zusammen.
Eingeladen worden war der Referent im Auftrag der Schulkonferenz, in der sich eine engagierte Gruppe von Eltern, Lehrern und Schülern schon länger um eine Verbesserung des Lernklimas bemüht. “Das heißt nicht, dass es bei uns besondere Probleme gibt – wir wollen einfach auf einem wichtigen Feld noch besser werden”, so die Schulpflegschaftsvorsitzende Rosalynn Baker. Der Vorsitzende des Lehrerrats macht danach gleich deutlich, dass auch Lehrer noch mehr Hilfe benötigten auf dem schmalen Grat zwischen notwendiger Durchsetzung von Unterrichtszielen und möglicher Verletzung von Schülern. Der Schülersprecher ist voll des Lobes über die Lehrer seiner Schule, die bis auf ganz wenige Ausnahmen den Ansatz voll mittragen: “Am Ziel sind wir erst, wenn Schüler mal jammern, wenn Unterricht ausfällt – aber so weit wird es wohl nie kommen.” Man merkt gleich, an dieser Schule zeigen auch Schüler Humor.
Der Vortrag selbst machte erst einmal deutlich, dass es durchaus auch Gewalt gibt, die nichts mit Schlägen oder Ähnlichem zu tun hat. Es reiche manchmal schon, wenn Lehrer negativ auf eine Schülerfrage reagierten: “Das haben wir doch schon hundertmal besprochen.” Schlimmer wird es natürlich, wenn eine solche Bemerkung verbunden wird mit “Du verstehst auch wohl gar nichts.” Das Schlimme sei hier in beiden Fällen die Übertreibung. Im ersten Falle sei sie noch sachlich orientiert, im zweiten Falle eindeutig persönlich.
Keinen Zweifel ließ Dr. Hanka daran, dass es solche Verletzungen natürlich auch zwischen Schülern gibt – bis hin zum Mobbing. Aber bei Lehrern komme eben dazu, dass ihr Wort meistens viel mehr Gewicht habe und man ihnen nicht ausweichen könne.
Besonders gefährlich seien mögliche Folgen: Schüler fühlten sich gedemütigt, das könne zu Lernblockaden bis hin zur Schulverweigerung führen.
Wichtig sei deshalb, noch weiter wegzukommen von der alten Fehlerkultur der Schule, bei der vor allem auf das geachtet wurde, was Schüler nicht können. Hier habe sich viel geändert in den letzten Jahren, es werde viel mehr gelobt. Allerdings dürfe hier auch nicht übertrieben werden, sonst werde das nicht mehr ernstgenommen.
In der anschließenden Diskussion des Vortrags ging es vor allem um die Frage, was man denn gegen Reste einer immer noch vorhandenen Kultur der Fehlerbetonung und der Beschämung tun könne. Primär seien hier die Lehrer gefordert, wichtig sei aber auch, dass Mitschüler sich an die Seite der Betroffenen stellten. Das könnten Äußerungen des Missfallens sein, vor allem die Klassensprecher sollten aber auch den Schutz ihres Amtes nutzen und Lehrer – möglichst im Vier-Augen-Gespräch – auf Problemsituationen hinweisen.
Der Schlusspunkt gehörte dann einem Lehrer, der halb im Spaß, halb im Ernst fragte, an wen er sich denn wenden könnte, wenn er sich von Schülern “beschämend behandelt” fühlte. Dass ihm daraufhin der Schülersprecher direkt sein offenes Ohr anbot, dürfte wohl der Beweis gewesen sein, dass das Gymnasium schon einen guten Stand der Kooperation und des gegenseitigen Vertrauens hat.
(Klarfurter Nachrichten, 11.4.2018)
Aufgaben:
- Lies dir diesen Bericht in der Zeitung genau durch und markiere die Stellen, die wichtig sind, um zu verstehen, worum es in diesem Artikel geht.
- Kennst du Fälle, in denen Schüler beschämt werden – sei es von Lehrern oder auch von Mitschülern (hier bitte allgemein bleiben, es geht hier um keine Einzelfälle!)
- Wo siehst du Ursachen, wenn Schüler von Lehrern oder Mitschülern mit Worten verletzt werden?
- Was können Lehrer tun, um notwendige Dinge durchzusetzen, ohne dabei verletzend oder beschämend zu sein.
- Welche Möglichkeiten siehst du, sich schützend vor Mitschüler zu stellen, die „beschämt“ werden?
Hinweise zur Lösung der Aufgaben
Hinweise zur Lösung der Aufgaben
1. Lies dir diesen Bericht in der Zeitung genau durch und markiere die Stellen, die wichtig sind, um zu verstehen, worum es in diesem Artikel geht.
Hier stellen wir einfach mal Textelemente zusammen, die von besonderer Bedeutung sind, wenn man Stellung nehmen will:
– Allgemeine Situation: Betroffenheit und Protest
– Dr. Aaron Hanka – Abendvortrag: These, dass sich ein Drittel der Schüler in der Schule nicht wohlfühlten – und das hinge mit einer immer noch vorhandenen “Kultur der Beschämung” zusammen.
– Auftrag der Schulkonferenz
– engagierte Gruppe von Eltern, Lehrern und Schülern
– Ziel: Verbesserung des Lernklimas bemüht
– Schulpflegschaftsvorsitzende Rosalynn Baker : „Keine besonderen Probleme, wollen einfach noch besser werden”
– Vorsitzender des Lehrerrats: Auch Lehrer benötigen noch mehr Hilfe auf dem schmalen Grat zwischen notwendiger Durchsetzung von Unterrichtszielen und möglicher Verletzung von Schülern
– Schülersprecher: voll des Lobes über die Lehrer seiner Schule; bis auf ganz wenige Ausnahmen tragen sie den Ansatz voll mit
– Vortrag: Gewalt, die nichts mit Schlägen oder Ähnlichem zu tun hat; “Das haben wir doch schon hundertmal besprochen.” Du verstehst auch wohl gar nichts.” Übertreibung, zum Teil eindeutig persönlich
– Verletzungen auch zwischen Schülern – bis hin zum Mobbing; durch Lehrer schlimmer, wegen mehr Gewicht nicht ausweichen können
– Besonders gefährlich: mögliche Folgen: Demütigung, evtl. Lernblockaden bis hin zur Schulverweigerung
– Wegkommen von der alten Fehlerkultur der Schule, viel geändert, es gibt mehr Lob, allerdings nicht übertreiben
– Diskussion: Was tun? -> Lehrer und Mitschüler, bsd. Klassensprecher
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2. Kennst du Fälle, in denen Schüler beschämt werden – sei es von Lehrern oder auch von Mitschülern (hier bitte allgemein bleiben, es geht hier um keine Einzelfälle!)
Hier kann man ggf. Schülern noch Bereiche nennen, wenn auch im Text schon einige angesprochen worden sind. Meistens kommen Schüler schnell auf Fälle, wenn man sie an Hausaufgaben, Referate oder Tests bzw. Klassenarbeiten erinnert. Auch im Bereich der Disziplin gibt es Situationen, in denen Lehrer sich unnötig hart bzw. unfreundlich ausdrücken. Allerdings sollte hier auch berücksichtigt werden, dass das „Verantwortungsgefälle“ zwischen Lehrern und Schülern sehr groß sein kann und manchmal auch „Gefahr im Verzug“ ist.
3. Wo siehst du Ursachen, wenn Schüler von Lehrern oder Mitschülern mit Worten verletzt werden?
Mit dem letzten Punkt sind wir auch schon bei möglichen Ursachen: Lehrer sind häufig in einer schwierigen Situation, weil sie unangenehme Dinge durchsetzen müssen oder einfach mit ganz vielen Leuten gleichzeitig agieren müssen. Aber auch Schüler können einfach schlechte Laune haben. In allen diesen Fällen ist „Metakommunikation“ hilfreich. Ein Lehrer, der gleich zu Beginn einer Stunde erklärt, er habe Kopfschmerzen, kann auf Rücksichtnahme hoffen, das Konfliktpotenzial schwindet. Ebenso, wenn ein Schüler einem anderen sagt, dass er ihn ja verstehen könne, es ihn aber trotzdem nerve, wenn…
4. Was können Lehrer tun, um notwendige Dinge durchzusetzen, ohne dabei verletzend oder beschämend zu sein?
Auch hier kann man gut vom letzten Punkt aus überleiten. Kommunikation und Kompromissbereitschaft sind die Schlüsselelemente sozialen Friedens – vor allem wenn noch eine Kultur des Nachfragens hinzukommt, statt gleich beleidigt zu sein und vielleicht zurückzuschlagen.
5. Welche Möglichkeiten siehst du, sich schützend vor Mitschüler zu stellen, die „beschämt“ werden?
Hier ist es vor allem wichtig, sich Unterstützung zu holen – sei es bei Freunden in der Klasse oder auch beim Klassensprecher. In schwierigen Fällen sollte man sich an die SV-Lehrer der Schule wenden – oder an die Klassenlehrer. Manchmal kann es auch hilfreich sein, Lehrer einzubeziehen, zu denen man ein besonders offenes, vertrauensvolles Verhältnis hat.