Worum es hier geht:
Fiktiver Zeitungsartikel zum Thema „Hubschrauber-“ oder auch „Helikoptereltern, die sich zu sehr in das Leben ihrer Kinder einmischen. Am Ende steht manchmal weniger eigene Entwicklung als mehr Selbstständigkeit. Sehr gute Grundlage für Diskussionen und Stellungnahmen.
Hubschrauber-Eltern auf dem Weg zum “Großen Bruder”?
So ziemlich jeder kennt George Orwells Roman “1984”, in dem ein Diktator, der sich “Großer Bruder” nennt, versucht, die Menschen in seinem Machtbereich möglichst komplett zu überwachen. Dazu gehört auch, dass er sie möglichst nicht aus den Augen lässt.
Dementsprechend muss jeder in seiner Wohnung eine Kombination aus Fernseher und Kamera dulden, die alles aufzeichnet, was geschieht.
Ebenfalls zu einem Begriff geworden sind heute die sogenannten “Hubschrauber-Eltern”, die sich ständig Sorgen um die Zukunft ihrer Kinder machen. Daraus entsteht dann schnell ein engmaschiges Tages-Programm, dem die Kinder kaum entkommen können.
Natürlich gibt es große Unterschiede zwischen dem diktatorischen Großer Bruder in Orwells Roman und Eltern, die es eigentlich gut meinen und nur verhindern wollen, dass ihren Kindern irgendeine Chance im Leben entgeht.
Gemeinsam aber ist beiden das große Interesse an dem, was die andere Seite gerade tut. Am liebsten wäre man immer dabei und wüsste genau, was gerade wo gemacht wird.
Ach, was waren das für glückliche Zeiten, als Kinder das Haus verließen und dann erst mal nicht mehr erreichbar waren – weil es eben keine Handys gab. Damit sind wir beim ersten Einfallstor für elterliche Allmacht gegenüber ihren Kindern.
Man schenkt ihnen ein Handy – mit der Auflage, jederzeit erreichbar zu sein. Das hat zumindest den Vorteil, dass man sich in Ruhe gelassen fühlen kann, solange man nicht angerufen wird. Eine Stufe weiter ist man, wenn eine der vielfältigen Möglichkeiten genutzt wird, jemanden zu orten.
Die Eltern sehen dann, wenn sie nachschauen, wo sich gerade ihr Kind befindet: Ist es wirklich bei dem genannten Mitschüler oder geht es ganz eigene Wege?
All das hat aber nur mit Erreichbarkeit und räumlicher Überwachung zu tun. Inzwischen gibt es aber noch viel weitergehende Entwicklungen. Da sind etwa Spielgeräte im Angebot wie eine Barbie-Puppe, die nicht nur mit dem Kind spricht, sondern auch das aufnimmt und verarbeitet, was das eingebaute Mikrofon mitbekommt. Die entsprechenden Daten bekommt dann das Unternehmen und speichert sie für zwei Jahre.
In ähnliche Richtung geht ein grasgrüner Dinosaurier, der sich sogar auf die Sprachentwicklung des Kindes einstellt. Weil die Eltern natürlich auch daran interessiert sind, bekommen sie per Internet ebenfalls die gesammelten Erkenntnisse.
Spannend wird es natürlich, wenn ein Kind ganz arglos seinem technischen Spielkameraden auch seine Geheimnisse anvertraut, seine Sorgen und Ängste oder seine Wünsche.
Natürlich konnten Eltern auch schon jetzt nach all dem fragen. In der Regel haben Kinder aber wie die meisten Menschen Hemmungen, jederzeit einfach über das zu reden, was sie im
Innersten beschäftigt. So aber hören Eltern gewissermaßen heimlich mit – und jeder weiß, wie junge Menschen darauf reagieren, wenn man in ihrem Tagebuch blättert.
Natürlich betrifft das alles aktuell eher jüngere Kinder, die in höherem Maße auch Schutz und Hilfe benötigen. Da ist es gut, wenn man jederzeit feststellen kann, wo sie sich gerade aufhalten, und im Einzelfall kann es auch gut sein, wenn Eltern etwas mehr von dem mitbekommen, was ihre Kinder beschäftigt.
Aber die Frage bleibt wie bei dem HubschrauberProblem: Müssen, ja dürfen Eltern alles für ihre Kinder organisieren – müssen, ja dürfen sie alles wissen, was der Nachwuchs denkt und tut?
Nehmen wir diesen Begriff doch mal ernst: Da soll etwas “nachwachsen” – und dazu gehört
auch ein gewisses Maß an “Wildwuchs”. Erst dabei wird deutlich, was die richtige, nämlich den Anlagen, aber auch Wünschen des Kindes entsprechende Richtung des Wachsens war. Also – die deutliche Mahnung an alle, die über das Leben von Kindern bestimmen: Gebt ihnen mehr Freiräume, lasst sie auch Fehler machen – man lernt nur aus eigenen!
Vor allem aber hört nicht heimlich mit, auch wenn es da immer mehr technische Möglichkeiten gibt, sondern hört ihnen häufiger zu – mit echtem Interesse an dem, was sie zu sagen bereit sind. Nehmt auch ernst, was ein kluger Schriftsteller so formuliert hat: “Jeder Mensch braucht zwei Dinge – Freunde und mindestens ein Geheimnis.”