Im Folgenden stellen wir einfach mal Fragen zusammen, die einem im Zusammenhang mit dem Thema kommen können.
Im Laufe der Zeit werden wir versuchen, die Fragen in eine möglichst gute Reihenfolge zu bringen. Dann kann man sich damit zum Beispiel ganz gut auf den Unterricht oder auch schriftliche Arbeiten, aber auch eine mündliche Prüfung vorbereiten.
- Worum geht es in Lessings Nathan der Weise? Was ist das Thema?
- Das Thema sollte möglichst als Frage formuliert werden, die dann im Text ihre Antworten bekommt:
- Man könnte es vielleicht so formulieren: In dem Drama geht es um die Frage, wie verschiedene Religionen friedlich miteinander auskommen können.
- Was ist der Grundkonflikt, der in dem Theaterstück bearbeitet wird?
- Der Grundkonflikt zeigt sich schon gleich am Anfang, nämlich in den Vorurteilen des christlichen Tempelherrn gegenüber Juden.
- Noch deutlicher wird der Konflikt in der Figur und im Handeln des Patriarchen. Dort wird vor allem der übermenschliche Anspruch deutlich, der mit einer Religion verbunden ist und der vor allem von ihren führenden Vertretern vertreten wird.
- In etwas abgeschwächter Form wird der Konflikt auch sichtbar in dem Gespräch zwischen Recha und Daja. Dort wird deutlich, wie sehr Menschen durch ihre Herkunft auch religiös bestimmt werden. Sie wollen gewissermaßen aus diesem vertrauten Boden nicht herausgerissen werden.
- Worauf läuft das Theaterstück hinaus? Was ist seine Intentionalität (Zielrichtung)?
- Auf den ersten Blick scheint die Ringparabel die Lösung des Themaproblems zu beschreiben, nämlich die Konzentration auf das, was Menschen bei anderen angenehm macht.
- Dabei wird natürlich völlig übersehen, dass Religion mehr ist als Nettigkeit gegenüber den Nachbarn, die kann es auch bei jedem Atheisten geben. Letztlich wird von Lessing Religion durch Moral ersetzt. Man kann die Begrenztheit dieses Ansatzes leicht dadurch überprüfen, indem man offiziellen Vertreter der verschiedenen Religionen die Frage stellt: Reicht es im Hinblick auf Religion aus, ein guter Mensch zu sein? Oder aber man versucht es einfach mal bei einem Streit zwischen Vertretern von Religionen mit dem Spruch: „Seid doch einfach nett zueinander, dann sehen wir, was die wahre Religion ist.“
- Viel interessanter sind die Passagen, in denen Lessing in dem Theaterstück deutlich macht, in welchem Ausmaß Zufälle eine Rolle spielen bei der Zugehörigkeit zu einer Religion. Wenn man das anerkennt, kann man auf der Basis tolerant sein. Denn man ist ja selbst ein Produkt auch des Zufalls und kann das auch dem anderen zugestehen.
- Wieso ist die Ringparabel möglicherweise nicht das Wichtigste im Hinblick auf ein friedliches Zusammenleben verschiedene Region?
- Diese Frage ist natürlich eigentlich schon bei der Frage nach der Intentionalität beantwortet worden. Wir versuchen hier trotzdem noch mal eine neue Formulierung, die genau diese Frage beantwortet:
- Die Ringparabel wird völlig überschätzt, weil sie sich eigentlich nur mit dem sozialen Miteinander der Menschen beschäftigt. Das Besondere an religiösen Beziehungen wird völlig ausgeklammert.
- Sehr viel wichtiger sind die Passagen, in denen das Theaterstück deutlich macht, wie sehr die religiöse Identität von Menschen durch Zufälle der Geburt und der Entwicklung bestimmt werden.
- Zum Beispiel: dritte Akt, siebte Szene. Da bietet Lessing über die Figur des Nathan doch deutlich mehr als in der Ringparabel, die wohl nur als Türöffner in ein echtes Gespräch gedacht gewesen ist (EBook Reclam Ausgabe, Seite 80/81)
- „Denn gründen alle sich nicht auf Geschichte? Geschrieben oder überliefert! –
- Und Geschichte muss doch wohl allein auf Treu und Glauben angenommen werden? – Nicht? –
- Nun wessen Treu und Glauben zieht man denn am wenigsten in Zweifel?
- Doch der Seinen? Doch deren Blut wir sind? doch deren, die von Kindheit an uns Proben ihrer Liebe gegeben? die uns nie getäuscht, als wo getäuscht zu werden uns heilsamer war? –
- Wie kann ich meinen Vätern weniger, als du den deinen glauben? Oder umgekehrt. –
- Kann ich von dir verlangen, dass du deine Vorfahren Lügen strafst, um meinen nicht zu widersprechen? Oder umgekehrt.“
- Was ist das größte Problem am Ende des Dramas Im Hinblick auf die beteiligten Figuren? Welche wichtige Frage lässt Lessing unbeantwortet?
- Eine große Rolle im Drama spielt die Beziehung zwischen dem Tempelherrn und Recha.
- Lessings Kunstgriff, sie zu Verwandten zu machen, unterstützt zwar seine Vorstellung von der Menschheitsfamilie, wie er sie am Ende präsentiert.
- Aber auf den Zusammenbruch der möglichen Liebesbeziehung wird in keiner Weise eingegangen.
- Man merkt an der Stelle noch einmal, wie wenig Lessing in dem Theaterstück wirklich an den Menschen interessiert ist, die durch die Figuren repräsentiert werden. Ihm geht es nur um seine Predigt und das ganze Stück ist halt eigentlich nur eine Parabel, an deren Ende die Moral steht: Bemüht euch nett zu sein, dann wird alles gut. Aber das wird es eben nicht – weder in der Liebe noch im Verhältnis der Religionen zueinander.