Wie wertet man einen Infotext z.B. für eine Facharbeit aus? Beispiel: Was hat der Roman „Corpus Delicti“ mit den Hexenverfolgungen früherer Zeiten zu tun? (Mat7150)

Worum es hier geht:

Wir zeigen im Folgenden, wie man am besten einen brauchbaren Infotext für die eigene Arbeit auswertet. In der Schule spielt das bei Facharbeiten z.B. eine Rolle – später im Studium bei Seminararbeiten bis hin zur Examensarbeit.

Das entsprechende Video ist hier zu finden:

Videolink

Die Dokumentation kann hier angeschaut bzw. heruntergeladen werden:

2023-02-23 vf Textauswertung Corpus Delicti Hexenverfolgung

Nun zu den einzelnen Schritten:

Schritt 1: Markieren, anmerken, auswerten, ergänzen

Schritt 2: Wichtige Elemente zu einem Schaubild verarbeiten

Schritt 3: Das Schaubild dann ausschreiben

Zusammenfassung

Der Vorteil einer „Globalfußnote“

Wenn man einen längeren Text summarisch auswertet, weil er einfach gute Infos für die eigene Arbeit enthält, dann kann man das am Anfang in einer Fußnote erwähnen.

  1. In diesem wird ein Abschnitt aus dem Kapitel 15 mit dem Titel „Juli Zehs Poetik des Dystopischen“ aus Michael Navratil, „Kontrafaktik der Gegenwart“, De Gruyter, 2022, S.459-463 ausgewertet.
  2. Corpus Delicti, S. 132
  3. Navratil, S. 463
  4. Corpus Delicti, S. 221

Und dann braucht man nur noch spezielle Elemente, bsd. wörtliche Zitate belegen.

Das Ergebnis aller Bemühungen: der fertige Text:

Die Facharbeit könnte sich zum Beispiel mit dem Thema beschäftigen:
„Das Verhältnis von Realität und Fiktionalität an ausgewählten Beispielen aus dem Roman „Corpus Delicti‘ von Juli Zeh
In dem Zusammenhang soll auch auf die Bedeutung der Hexenverfolgung für den Roman eingegangen werden.

  1. Nicht unbedingt auf den ersten Blick erkennbar, aber durchaus auffindbar sind Bezüge zur Realität der Hexenverfolgungen im Mittelalter und vor allem der Frühen Neuzeit. (1)
  2. Ausgehend von der Idee, dass Mia entsprechend früheren Hexenvorstellungen „auf dem Zaun“ (2) sitzt, also in einem Übergangsbereich zwischen Zivilisation und Naturwelt, wird auf zwei reale historische Gestalten verwiesen, die zumindest eine Art Vorlage für Mia Holl und Heinrich Kramer gegeben haben.
  3. Maria Holl war eine Gastwirtin, die 1593 als angebliche Hexe verhaftet wurde und trotz intensiver Folterung standhaft blieb und schließlich sogar freigelassen wurde.
  4. Der Verfasser verweist dann auf Parallelen und Unterschiede im Schicksal der beiden Frauen: Mia Holl entfernt sich immer mehr von den Zwängen der Gesundheitsdiktatur, wird schließlich auch verhaftet und gefoltert. Am Ende wird auch sie begnadigt: Sie entkommt zwar dem Ende ihres bewussten Lebens durch Einfrieren, muss sich allerdings in Behandlung geben. Ziel ist eine Resozialisierung im Sinne des Systems.
  5. Das erinnert sehr stark an das Schicksal des Protagonisten im Roman „1984“ von George Orwell, der nach entsprechender Behandlung auch vom Dissidenten zum Anhänger des Großen Bruders wird.
  6. Während die Gastwirtin Maria Holl heute noch als Heldin verehrt wird, verhindert die besondere Art der Begnadigung bei Mia Holl, dass sie zu einer Märtyrerin werden kann.
  7. Das wird ihr auch höhnisch von Heinrich Kramer, dem Propagandisten des Regimes erklärt.
  8. Dieser hat übrigens auch ein Vorbild und zwar in dem gleichnamigen Verfasser des sogenannten „Hexenhammers“ aus dem Jahre 1486. Der diente als eine Art Handbuch und diente der Legitimation für die Hexenverfolgungen.
  9. Die lang andauernde Wirksamkeit dieses Werkes wird auf die schriftstellerische Tätigkeit des Regimejournalisten Kramer übertragen und damit besonders akzentuiert.
  10. Am Ende wird noch genauer auf das Foltermotiv im Roman eingegangen. Es wird als Anspielung auf den Ghuraib-Folterskandal von US-Soldaten im Irak vorgestellt.
  11. Damit sind wir bei der Kernaussage der Darstellung von Michael Navratil: Der Roman zeigt die „Wiederkehr politischer Handlungsweisen“, die man „als zivilisatorisch überwunden“ (3) angesehen hatte.
  12. Die Vergleichsmomente zwischen den Hexenverfolgungen und der von Dissidenten im Roman und die Einbeziehung aktuellerer menschenverachtender Quälerei unterstreicht, dass das Mittelalter nicht nur eine Epoche war, sondern „der Name der menschlichen Natur.“(4)

Fußnoten:

  1. In diesem wird ein Abschnitt aus dem Kapitel 15 mit dem Titel „Juli Zehs Poetik des Dystopischen“ aus Michael Navratil, „Kontrafaktik der Gegenwart“, De Gruyter, 2022, S.459-463 ausgewertet.
  2. Corpus Delicti, S. 132
  3. Navratil, S. 463
  4. Corpus Delicti, S. 221

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