Friedrich von Schiller
An die Freunde
Strophe 1
„Liebe Freunde! Es gab schönre Zeiten
Als die unsern – das ist nicht zu streiten!
Und ein edler Volk hat einst gelebt.
Könnte die Geschichte davon schweigen,
Tausend Steine würden redend zeugen,
Die man aus dem Schoß der Erde gräbt.“
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Das Gedicht beginnt mit einem wohl wehmütig gemeinten Rückblick auf Zeiten, in denen Menschen gelebt haben, die Im Vergleich zur Gegenwart des Gedichtes als edler empfunden werden.
Nicht ganz überzeugend ist die anschließende Feststellung, dass auch ein Auslöschen in der Geschichtsschreibung nichts an dem entsprechenden Bewusstsein ändern könnte, weil es ja auch noch Überreste aus Stein geben würde. Denn natürlich sind die nie so vielsagend wie schriftliche Quellen.
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„ Doch es ist dahin, es ist verschwunden,
Dieses hochbegünstigte Geschlecht.
Wir, wir leben! Unser sind die Stunden,
Und der Lebende hat recht.“
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Der zweite Teil der ersten Strophe wendet sich dann dem Phänomen des Verschwindens zu und äußert sich noch etwas näher zu dem Volk, dem das Gedicht nachtrauert. Dabei bleibt offen, ob das Attribut „hochbegünstigt“ nur ein Synonym für „edel“ ist oder tatsächlich angedeutet werden soll, dass die Vorzüge dieses Volkes von der Kunst der Umstände abgehangen haben.
Statt hier Klarheit zu schaffen wendet sich das Gedicht auf fast schon emphatische Weise der Gemeinschaft der Freunde in der Gegenwart zu. Offensichtlich soll diese genutzt werden, um einen ähnlichen Status zu erreichen.
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Strophe 2
Freunde! Es gibt glücklichere Zonen
Als das Land, worin wir leidlich wohnen,
Wie der weitgereiste Wandrer spricht.
Aber hat Natur uns viel entzogen,
War die Kunst uns freundlich doch gewogen,
Unser Herz erwarmt an ihrem Licht.
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Der Anfang der zweiten Strophe wendet sich einem anderen Defizit der Gegenwart zu, nämlich der offensichtlich nicht so schönen Natur. Das wird nach Auffassung des Sprechers aber ausgeglichen durch mehr Potenzial im Bereich der Kunst.
Hier deutet sich erstmals eine mögliche Intentionalität an, nämlich der Appell, durch Kunst einen ähnlichen Status des Edlen zu erreichen, wie ihn frühere Völker gehabt haben.
Die letzte Zeile macht deutlich, dass dadurch auch das am Anfang angesprochene Defizit-Gefühl ausgeglichen werden kann.
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Will der Lorbeer hier sich nicht gewöhnen,
Wird die Myrte unsers Winters Raub,
Grünet doch, die Schläfe zu bekrönen,
Uns der Rebe muntres Laub.
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Die ersten beiden Zeilen der zweiten Hälfte der Strophe sollen möglicherweise andeuten, dass auch im Bereich der Kunst nicht immer Erfolg garantiert ist.
Dem wird als Trost die Rebe entgegen gesetzt, wobei man sicherlich als erstes an die Weinrebe denkt.
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Strophe 3
Wohl von größerm Leben mag es rauschen,
Wo vier Welten ihre Schätze tauschen,
An der Themse, auf dem Markt der Welt.
Tausend Schiffe landen an und gehen,
Da ist jedes Köstliche zu sehen,
Und es herrscht der Erde Gott, das Geld.
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Der erste Teil der dritten Strophe ist dann wieder sehr viel klarer. In ihr wird ein weiterer Vergleichspunkt angesprochen, bei dem man zunächst schlecht auszusehen scheint. Es geht nämlich um die große Welt des Handels und des Geldes, mit der man anscheinend nicht mithalten kann. Konkret angesprochen wird die Themse als Pars pro toto für das zur Zeit Schillers im Vergleich zur deutschen Kleinstaaterei weltweit agierende Großbritannien.
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Aber nicht im trüben Schlamm der Bäche,
Der von wilden Regengüssen schwillt,
Auf des stillen Baches ebner Fläche
Spiegelt sich das Sonnenbild.
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Die zweite Hälfte der Strophe macht am Beispiel von Bächen deutlich, dass nicht in wilder Bewegung das Sonnenlicht widergespiegelt wird, sondern in der Ruhe des Dahinfließens.
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Strophe 4
Prächtiger als wir in unserm Norden
Wohnt der Bettler an der Engelspforten,
Denn er sieht das ewig einzge Rom!
Ihn umgibt der Schönheit Glanzgewimmel,
Und ein zweiter Himmel in den Himmel
Steigt Sankt Peters wunderbarer Dom.
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Die vierte Strophe hebt dann die Schönheit und Bedeutung Roms hervor.
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Aber Rom in allem seinem Glanze
Ist ein Grab nur der Vergangenheit,
Leben duftet nur die frische Pflanze,
Die die grüne Stunde streut.
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Demgegenüber wird aber wieder mit der Vergänglichkeit argumentiert und auf frische Lebendigkeit gesetzt.
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Strophe 5
Größres mag sich anderswo begeben,
Als bei uns in unserm kleinen Leben,
Neues – hat die Sonne nie gesehn.
Sehn wir doch das Große aller Zeiten
Auf den Brettern, die die Welt bedeuten,
Sinnvoll, still an uns vorübergehn.
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Die fünfte Strophe bringt dann eine Art Zusammenfassung, die darauf hinausläuft, dass woanders zwar mehr Größe zu finden sein kann, aber nicht unbedingt Neues. Darauf soll man sich offensichtlich im eigenen Bereich konzentrieren.
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Alles wiederholt sich nur im Leben,
Ewig jung ist nur die Phantasie,
Was sich nie und nirgends hat begeben,
Das allein veraltet nie!
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- Die vier Schlusszeilen machen dann deutlich, was das lyrische Ich all dem Großen entgegensetzt, das es woanders gibt und bei dem es auch nicht mithalten kann.
- Unterschieden wird zwischen dem Leben, das eigentlich nur Wiederholungen präsentiert, und der Kunst, die Neues schaffen kann, das auch nicht „veraltet“ und damit im Unterschied zu den edlen Völkern früherer Zeiten und der großen Geschichte Roms Ewigkeitscharakter hat.
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Weiterführende Hinweise
- Eine Übersicht über weitere Reisegedicht gibt es hier:
https://textaussage.de/reisegedichte - Sammlung weiterer Gedichte zum Thema Reisen:
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