Schiller, Wilhelm Tell, I. Akt komplett Inhalt-Zitate-mp3 (Mat8004)

Was wir mit „hören-lesen-verstehen“ anbieten

Wir stellen hier im Folgenden den I. Akt von Schillers Drama „Wilhelm Tell“ zusammenfassend vor.
Dabei geht es uns darum,
  • dass jeder schnell versteht, worum es geht,
  • die wichtigsten Textstellen kennt – und möglichst auch in der eigenen Ausgabe anstreichen kann,
  • was dadurch unterstützt wird, dass wir eine begleitende mp3-Datei bereitstellen, die man sich „auf die Ohren legen“ kann. Dann hat man die Augen und die Hände frei für den eigenen Text,
  • man sich klar darüber wird, welche Bedeutung diese Szene hat
  • und manchmal auch, was man mit dieser Szene machen könnte.

Übersicht über den kompletten Akt I :Die Exposition des Stücks

Wenn man Schillers Drama Wilhelm Tell als klassisches Drama betrachtet, dann hat der erste Akt die Funktion der Exposition, d.h. er soll eigentlich die Ausgangslage des Konfliktes darstellen.

Übrigens kommt auch kein anderes Drama eigentlich um solch einen Eröffnungsteil herum, denn es gibt ja keinen Erzähler, also muss am Anfang auf der Bühne erst mal den Zuschauern klargemacht werden, worum es geht. Und zu einem Drama gehört eben, wie der Begriff schon ausdrückt, etwas Dramatisches, ein Konflikt, auch wenn der wie in der Komödie hinterher gut ausgeht.

Auswertung der 1. Szene für die Exposition in Akt I

Wenn man sich jetzt den ersten Akt daraufhin anschaut, so wird gleich in der ersten Szene ein Teil des Konfliktes deutlich, nämlich die Übermacht der Beamten, die sich auch unrechtmäßige Übergriffe leisten können. Der Bürger, der sich dagegen wehrt, muss mit den schlimmsten Konsequenzen rechnen und fliehen.
  • Zitat:
    „KUONI: Der Wolfenschießen? Lässt Euch der verfolgen?
    BAUMGARTEN: Der schadet nicht mehr, ich hab ihn erschlagen.  [Notwehr / Selbstjustiz]
    ALLE fahren zurück. / Gott sei Euch gnädig! Was habt Ihr getan?
    BAUMGARTEN: Was jeder freie Mann an meinem Platz!                 [Betonung der Freiheit]
    Mein gutes Hausrecht hab ich ausgeübt                                            [Betonung des Rechts]
    Am Schänder meiner Ehr und meines Weibes.“                               [Der Übergriff]

Es geht aber bereits auch um einen anderen Bestandteil des Konflikts, nämlich die Frage des Wiederstands. Im Mittelpunkt stehen hier ein Fischer, der nur an sich und seine Familie denkt, und ein Wilhelm Tell, der zwar anfangs auch sehr zurückhaltend ist, was mögliche Hilfe angeht, dann aber doch sein Leben riskiert, um den Flüchtlingen zu retten.

  • Zitat:
    RUODI: Da ist der Tell, er führt das Ruder auch,                              [Fischer sucht Hilfe bei Tell]
    Der soll mirs zeugen, ob die Fahrt zu wagen.
    TELL: Wos not tut, Fährmann, lässt sich alles wagen.                      [Tells Aufforderung zum Wagnis]Heftige Donnerschläge, der See rauscht auf.
    RUODI: Ich soll mich in den Höllenrachen stürzen?                        [Hervorhebung der Gefahr]
    Das täte keiner, der bei Sinnen ist.
    TELL: Der brave Mann denkt an sich selbst zuletzt,                        [Appell an Moral]
    Vertrau auf Gott und rette den Bedrängten.                                    [Hinweis auf Gottes Hilfe]
    RUODI: Vom sichern Port lässt sichs gemächlich raten,                 [berechtigte Kritik an Tell]
    Da ist der Kahn und dort der See! Versuchts!
    TELL: Der See kann sich, der Landvogt nicht erbarmen,                [Tell wiederholt Mahnung]
    Versuch es, Fährmann!
    HIRTEN UND JÄGER.
    Rett ihn! Rett ihn! Rett ihn!                                                                  [Alle machen Druck.]
    RUODI.
    Und wärs mein Bruder und mein leiblich Kind,                              [Fischer: verzweifelte Abwehr]
    Es kann nicht sein, ’s ist heut Simons und Judä,
    Da rast der See und will sein Opfer haben.
    TELL: Mit eitler Rede wird hier nichts geschafft,                            [Tell zwischen erneuter Aufforderung]
    Die Stunde dringt, dem Mann muss Hülfe werden.                       und ultimativer Frage]
    Sprich, Fährmann, willst du fahren?
    RUODI.
    Nein, nicht ich!
    TELL: In Gottes Namen denn! Gib her den Kahn,                         [Tell lenkt ein und stellt sich der Gefahr.]
    Ich wills mit meiner schwachen Kraft versuchen.
    KUONI.
    Ha, wackrer Tell!“                                                                               [Begeisterung für Tell]
Es geht aber bereits auch um einen anderen Bestandteil des Konflikts, nämlich die Frage des Wiederstands. Im Mittelpunkt stehen hier ein Fischer, der nur an sich und seine Familie denkt, und ein Wilhelm Tell, der zwar anfangs auch sehr zurückhaltend ist, was mögliche Hilfe angeht, dann aber doch sein Leben riskiert, um den Flüchtlingen zu retten.
Dass es sich hier um keine normale Hilfeleistung handelt, sondern um etwas, wofür man von dieser Staatsmacht bestraft wird, zeigt sich ja am Ende, als die enttäuschten Verfolger gegen die Häuser und die Herden derer vorgehen, die sie für Helfershelfer halten.
Wichtig ist noch die zunächst einmal rhetorische Frage am Schluss:
  • Zitat:
    ERSTER zum Hirten und Fischer.
    Ihr habt ihm fortgeholfen,
    Ihr sollt uns büßen – Fallt in ihre Herde!
    Die Hütte reißet ein, brennt und schlagt nieder!
    Eilen fort.
    SEPPI stürzt nach.
    O meine Lämmer!
    KUONI folgt.
    Weh mir! Meine Herde!
    WERNI.
    Die Wütriche!
    RUODI ringt die Hände.
    Gerechtigkeit des Himmels,
    Wann wird der Retter kommen diesem Lande?

Auswertung der 2. Szene für die Exposition in Akt I

In der zweiten Szene wird der Konflikt dann noch einmal verdeutlicht, indem auch das Eigentum eines wohlhabenden Bauern vor dem Zugriff eines staatlichen Beamten nicht sicher ist. Der macht übrigens auch deutlich, dass er es einfach nicht erträgt, dass jemand, der weniger Macht hat, als er, mehr Besitz hat.
 Als Zuschauer oder Leser kann sich jetzt zunehmend des Eindrucks nicht erwehren, dass es sich hier um reine Willkür handelt und es so etwas wie einen Rechtsstaat nicht gibt.
Das zweite Element, das zum Konflikt gehört, ist die Bereitschaft zum Widerstand, die zunächst von der Frau Stauffacherr  eingebracht wird und er lässt sich dann von dir überzeugen.

Auswertung der 3. Szene für die Exposition in Akt I

Die dritte Szene konzentriert sich dann auf die Ausbeutung der Bevölkerung durch die Mächtigen, also ihre Fronarbeit. Sie müssen gewissermaßen in der eigenen Unterdrückung mitarbeiten und werden dabei in keiner Weise geschont, am Ende gibt es sogar einen Toten.
Außerdem wird mit dem Hut-Projekt deutlich gemacht, dass die Machthaber sogar in Ihrer persönlichen Abwesenheit über Symbole geehrt werden wollen, was die Rücksichtslosigkeit gegenüber menschlichen Empfindungen zeigt.
Was die zweite Seite des Konflikts angeht, nämlich die Bereitschaft zur Verteidigung, wird am Beispiel Wilhelm Tells noch einmal deutlich, dass er sehr um Frieden bemüht ist und sich aus allen Aufstandsvorbereitungen heraushalten, wohl aber bereit ist, mitzumachen, wenn er konkret helfen kann. Das entspricht seiner Haltung in der ersten Szene.

Auswertung der 4. Szene für die Exposition in Akt I

Die vierte und letzte Szene des ersten Aktes präsentiert eine Art emotionalen Höhepunkt, was die Präsentation des staatlichen Individualterrors angeht. Es ist dann auch die ungeheuerlicheMaßnahme der Blendung des Vaters als Strafe für die Flucht des Sohnes, die zunächst bei diesem die Bereitschaft zur maximalen Gegenwehr unter Einsatz des eigenen Lebens hervorruft.
Es ist ein ähnliches Argument wie das der Frau Stauffachers, das dann auch Walter Fürst dazu bringt, sich der Vorbereitung eines Aufstands anzuschließen, was am Ende dann zu einem ersten Dreierbund und der Idee der Versammlung auf dem Rütli führt.

Zusammenfassung

Insgesamt sieht man, dass es hier um einen Konflikt geht zwischen einer übermächtigen und hemmungslos gewordenen Staatsgewalt und den einfachen Menschen, die sich nicht zu helfen wissen oder nur auf eine Art und Weise helfen können, die sie selbst dann zusätzlich in die Maschinerie der Verfolgung einbezieht.

Auf der anderen Seite haben wir Menschen, die zunächst einfach mal im Rahmen ihrer Möglichkeiten helfen. Die aber auch, wie man am Beispiel Wilhelm Tells sehr gut sehen kann, vor allem um Mäßigung, um Zurückhaltung, um Abwarten bemüht sind. Es dauert lange und erfordert viel, bis dann Tell und sein Schwiegervater Walther Fürst bereit sind zum Widerstand.
Deutlich als offen angesprochen wird die Haltung des Adels, verkörpert in der Person des Attinghausen. Man ahnt schon, dass das im zweiten Akt, der im klassischen Drama der Steigerung des Konflikts dient, eine wichtige Rolle spielen wird.

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