Schiller, Wilhelm Tell, II. Akt, komplett, Inhalt-Zitate-mp3 (Mat8007)

Was wir mit „hören-lesen-verstehen“ anbieten

Wir stellen hier im Folgenden den II. Akt von Schillers Drama „Wilhelm Tell“ zusammenfassend vor.
Dabei geht es uns darum,
  • dass jeder schnell versteht, worum es geht,
  • die wichtigsten Textstellen kennt – und möglichst auch in der eigenen Ausgabe anstreichen kann,
  • was dadurch unterstützt wird, dass wir eine begleitende mp3-Datei bereitstellen, die man sich „auf die Ohren legen“ kann. Dann hat man die Augen und die Hände frei für den eigenen Text,
  • man sich klar darüber wird, welche Bedeutung diese Szene hat
  • und manchmal auch, was man mit dieser Szene machen könnte.

Übersicht über den kompletten Akt II : Die Steigerung des dramatischen Konflikts

Wenn man Schillers Drama Wilhelm Tell als klassisches Drama betrachtet, dann hat der zweite Akt die Funktion der Darstellung der Steigerung des Konflikts, d.h. es soll deutlich werden, wie sich die Lage zuspitzt.
Das folgende Schaubild ist für ein Video erstellt worden, das auf Youtube unter der folgenden Adresse zu finden ist:
https://youtu.be/esbVPqeRotYDas Schaubild soll nur einen Überblick geben, wie wir die Zitate mit den wichtigsten inhaltlichen Entwicklungsschritten alle auf eine Seite gepackt haben.

In der PDF-Datei, die wir hier auch zum kostenlosen Download anbieten, ist alles besser zu lesen. Dort gibt es auch noch ein zweites Schaubild, das die dramatische Entwicklung hervorhebt.

Ansonsten werden die Zitate auch hier weiter unten noch gut lesbar präsentiert und in einer mp3-Datei in einer Art Hörbuch vorgestellt.

Video-Dokumentation herunterladen

mp3-Datei folgt noch.

Voraussetzungen des II. Aktes

  1. Im I. Akt ist an verschiedenen Stellen deutlich geworden, dass die Freiheit und der Besitz der Schweizer durch die österreichische Herrschaft bedroht ist. Am größten ist das Problem der neuen Zwingburg, verschärft durch die Ankündigung der besonderen Demütigung, einen Hut grüßen  zu müssen.
  2. Demgegenüber formiert sich Widerstand – von der konkreten Hilfeleistung für einen Flüchtling durch Tell über den Ratschlag der Frau von Stauffacher, sich rechtzeitig zu wehren, bis zu der unglaublichen Brutalität, die Melchthals Vater erdulden muss.
    = Voraussetzung für das Rütli-Bündnis in II,2
  3. Bereits angedeutet worden ist die Frage, wie sich der schweizerische Adel zur Frage eines Aufstands stellen wird (684ff)

Überblick mit Infos und Schlüsselzitaten – Szene 1

1.) Info:
Am Hof des Schweizer Freiherrn von Attinghausen
trifft dieser auf seinen Neffen Rudenz,
der will nach Altdorf in die österreichische Herrenburg.
Dazu erklärt er:776: RUDENZ.
Ich bin ein Fremdling nur in diesem Hause.
ATTINGHAUSEN hat ihn lange mit den Augen gemustert.
Ja leider bist dus. Leider ist die Heimat
Zur Fremde dir geworden! – Uly! Uly!
Ich kenne dich nicht mehr. In Seide prangst du,
Die Pfauenfeder trägst du stolz zur Schau,
Und schlägst den Purpurmantel um die Schultern,
Den Landmann blickst du mit Verachtung an,
Und schämst dich seiner traulichen Begrüßung.

2.) Info:
Attinghausen verstärkt dann noch die Kritik:

786: ATTINGHAUSEN.
Das ganze Land liegt unterm schweren Zorn
Des Königs – Jedes Biedermannes Herz
Ist kummervoll ob der tyrannischen Gewalt,
Die wir erdulden – Dich allein rührt nicht
Der allgemeine Schmerz – Dich siehet man
Abtrünnig von den Deinen auf der Seite
Des Landesfeindes stehen, unsrer Not
Hohnsprechend nach der leichten Freude jagen,
Und buhlen um die Fürstengunst, indes
Dein Vaterland von schwerer Geißel blutet.

3.) Info: Rudenz sieht das anders:

RUDENZ.
Das Land ist schwer bedrängt – Warum, mein Oheim?
Wer ists, der es gestürzt in diese Not?
Es kostete ein einzig leichtes Wort,
Um augenblicks des Dranges los zu sein,
Und einen gnädgen Kaiser zu gewinnen.
Weh ihnen, die dem Volk die Augen halten,
Dass es dem wahren Besten widerstrebt.
Um eignen Vorteils willen hindern sie,
Dass die Waldstätte nicht zu Östreich schwören,
Wie ringsum alle Lande doch getan.
Wohl tut es ihnen, auf der Herrenbank
Zu sitzen mit dem Edelmann – den Kaiser
Will man zum Herrn, um keinen Herrn zu haben.

4.) Info: Vor allem hat Rudenz dieses Problem:

823: RUDENZ.
Ja, ich verberg es nicht – in tiefer Seele
Schmerzt mich der Spott der Fremdlinge, die uns
Den Baurenadel schelten – Nicht ertrag ichs,
Indes die edle Jugend rings umher
Sich Ehre sammelt unter Habsburgs Fahnen,
Auf meinem Erb hier müßig stillzuliegen,
Und bei gemeinem Tagewerk den Lenz
Des Lebens zu verlieren – Anderswo
Geschehen Taten, eine Welt des Ruhms
Bewegt sich glänzend jenseits dieser Berge –
Mir rosten in der Halle Helm und Schild,
Der Kriegstrommete mutiges Getön,
Der Heroldsruf, der zum Turniere ladet,
Er dringt in diese Täler nicht herein,
Nichts als den Kuhreihn und der Herdeglocken
Einförmiges Geläut vernehm ich hier.

5.) Info: Attinghausen warnt ihn:

839: ATTINGHAUSEN
Verblendeter, vom eiteln Glanz verführt!
Verachte dein Geburtsland! Schäme dich
Der uralt frommen Sitte deiner Väter!
Mit heißen Tränen wirst du dich dereinst
Heimsehnen nach den väterlichen Bergen,
Und dieses Herdenreihens Melodie,
Die du in stolzem Überdruss verschmähst,
Mit Schmerzenssehnsucht wird sie dich ergreifen,
Wenn sie dir anklingt auf der fremden Erde.
O, mächtig ist der Trieb des Vaterlands!
Die fremde falsche Welt ist nicht für dich,
Dort an dem stolzen Kaiserhof bleibst du
Dir ewig fremd mit deinem treuen Herzen!
Die Welt, sie fodert andre Tugenden,
Als du in diesen Tälern dir erworben.
– Geh hin, verkaufe deine freie Seele,
Nimm Land zu Lehen, werd ein Fürstenknecht,
Da du ein Selbstherr sein kannst und ein Fürst
Auf deinem eignen Erb und freien Boden.

6.) Info: Dann aber wird das echte Problem deutlich:

931: RUDENZ.
Ich gab mein Wort – Lasst mich – Ich bin gebunden.

ATTINGHAUSEN lässt seine Hand los, mit Ernst.
Du bist gebunden – Ja, Unglücklicher!
Du bists, doch nicht durch Wort und Schwur,
Gebunden bist du durch der Liebe Seile!

Rudenz wendet sich weg.

– Verbirg dich, wie du willst. Das Fräulein ists,
Berta von Bruneck, die zur Herrenburg
Dich zieht, dich fesselt an des Kaisers Dienst.
Das Ritterfräulein willst du dir erwerben
Mit deinem Abfall von dem Land – Betrüg dich nicht!
Dich anzulocken zeigt man dir die Braut,
Doch deiner Unschuld ist sie nicht beschieden.

RUDENZ.
Genug hab ich gehört. Gehabt Euch wohl.

Überblick mit Infos und Schlüsselzitaten – Szene 2

1.) Info:
Melchthal mit seiner Gruppe aus Unterwalden
Ist als erstes auf dem Rütli.
Als nächstes kommt Stauffachers Gruppe
Aus Schwyz. Melchthal erzählt von seinem Vater:989: Die Hand hab ich gelegt auf seine Augen,
Und glühend Rachgefühl hab ich gesogen
Aus der erloschnen Sonne seines Blicks.
STAUFFACHER.
Sprecht nicht von Rache. Nicht Geschehnes rächen,
Gedrohtem Übel wollen wir begegnen.2.) Info:
Dann fragt Stauffacher, wie es ihm als Flüchtling
auf Werbetour in Unterwalden gegangen sei:1013 Entrüstet fand ich diese graden Seelen
Ob dem gewaltsam neuen Regiment,
[…]
So hat die alte Sitte hier vom Ahn
Zum Enkel unverändert fortbestanden,
Nicht tragen sie verwegne Neuerung
Im altgewohnten gleichen Gang des Lebens.
– Die harten Hände reichten sie mir dar,
Von den Wänden langten sie die rostgen Schwerter,
[…]
Euch schwuren sie bis in den Tod zu folgen.3.) Info:
Der Höhepunkt ist dann die Erzählung
Melchthals, wie er erst seinen Vater besucht
hat und dann den Vogt, der ihn foltern ließ:MELCHTHAL.
1062: Ich war verkleidet dort in Pilgerstracht,
Ich sah den Landvogt an der Tafel schwelgen –
Urteilt, ob ich mein Herz bezwingen kann,
Ich sah den Feind, und ich erschlug ihn nicht.

4.) Info:
Dann kommt auch noch die Gruppe aus
Uri und man klärt erst mal, ob sie denn für
das ganze Volk sprechen dürfen.
Der Pfarrer Rösselmann macht deutlich:

1113: Was ungesetzlich ist in der Versammlung,
Entschuldige die Not der Zeit. Doch Gott
Ist überall, wo man das Recht verwaltet,
Und unter seinem Himmel stehen wir.

5.) Info:
Dann wird einvernehmlich geklärt,

wie man Ämter und Aufgaben unter sich
verteilt.
Dann erklärt Stauffacher den Unterschied
zu anderen Völkern:

1210: Doch wir, der alten Schweizer echter Stamm,
Wir haben stets die Freiheit uns bewahrt.
Nicht unter Fürsten bogen wir das Knie,
Freiwillig wählten wir den Schirm der Kaiser.

6.) Info:
Und etwas erklärt Stauffacher,

wo auch die Macht des Kaisers endet:

1244: Dem Kaiser selbst versagten wir Gehorsam,
Da er das Recht zu Gunst der Pfaffen bog.

7.) Info:
Besonders viel Beifall bekommt Stauffacher,

als er sich zum Versuch der Unterdrückung äußert:

1275: Nein, eine Grenze hat Tyrannenmacht,
Wenn der Gedrückte nirgends Recht kann finden,
Wenn unerträglich wird die Last – greift er
Hinauf getrosten Mutes in den Himmel
Und holt herunter seine ewgen Rechte,
Die droben hangen unveräußerlich
Und unzerbrechlich wie die Sterne selbst –
Der alte Urstand der Natur kehrt wieder,
Wo Mensch dem Menschen gegenübersteht –
Zum letzten Mittel, wenn kein andres mehr
Verfangen will, ist ihm das Schwert gegeben …

8.) Info:
Anschließend wird noch geklärt, dass

der Kaiser sich jedem friedlichen Einigungsversuch
verweigert hat, ja sogar einem Verwandten
Gerechtigkeit verweigert.
Man will ihm nur geben, was ihm zusteht.
Anschließend wird besprochen, wie man
die Burgen der Österreicher erobern kann.
Dann schwören sie
„den Eid des neuen Bundes“ (1447)

– Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern,
In keiner Not uns trennen und Gefahr.
– Wir wollen frei sein, wie die Väter waren,
Eher den Tod, als in der Knechtschaft leben.
– Wir wollen trauen auf den höchsten Gott
Und uns nicht fürchten vor der Macht der Menschen.
Info: Am Ende mahnt Stauffacher alle,
sich bis zum Tag des Aufstands zu gedulden.

Dramatische Situation am Ende des II. Aktes

  1. Negativ ist deutlich geworden, dass von den jungen Adligen, für die Rudenz steht, erst mal keine Hilfe zu erwarten ist. Zu sehr erhoffen sie sich etwas durch Teilnahme an der österreichischen Herrschaft und zu wenig trauen sie dem einfachen Volk zu.
    = Steigerung des Problems für die Aufständischen
  2. Demgegenüber zeigt die zweite Szene dann, dass überall im Land Empörung herrscht über die Übergriffe der Österreicher und Bereitschaft, dagegen vorzugehen.
    = Breite Basis im Volk wird noch deutlicher.
  3. Besonders wird deutlich, dass die Dreier-Aktion aus dem I. Akt zu einem neuen Bündnis der drei Urkantone führt – mit einem konkreten Aufstandsplan.
    = Es gibt ein breites Bündnis und konkrete Aufstandspläne.

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