Schiller, Wilhelm Tell, I. Akt, Szene 1, Inhalt und Zitate mit mp3-Datei (Mat8000)

Was wir mit „hören-lesen-verstehen“ anbieten

Wir stellen hier im Folgenden die 1. Szene des I. Aktes von Schillers Drama „Wilhelm Tell“ vor.
Dabei geht es uns darum,
  • dass jeder schnell versteht, worum es geht,
  • die wichtigsten Textstellen kennt – und möglichst auch in der eigenen Ausgabe anstreichen kann,
  • was dadurch unterstützt wird, dass wir eine begleitende mp3-Datei bereitstellen, die man sich „auf die Ohren legen“ kann. Dann hat man die Augen und die Hände frei für den eigenen Text,
  • man sich klar darüber wird, welche Bedeutung diese Szene hat
  • und manchmal auch, was man mit dieser Szene machen könnte.

Übersicht über die Szene I,1: Einstieg ins Drama: Verbrechen, Flucht und Rettung

Hier zunächst ein kleines Schaubild, das den Ablauf und die Bedeutung der Szene deutlich werden lässt:
  • Es beginnt oben links mit drei Liedern, die die friedliche Idylle des Schweizer Landlebens deutlich machen.
  • Dann eine Kombination aus bekannter Naturgewalt und unbekannter Gewalttat eines kaiserlichen Beamten, der einen Mann namens Baumgart in Lebensgefahr bringt.
  • Es bleibt nur die Möglichkeit einer Rettungsfahrt über den stürmischen See.
    • Ruodi, der Fischer sagt: „Geht nicht“ (104)
    • Baumgarten macht deutlich, dass jeder „Aufschub tötet“ (106)
  • Tell kommt hinzu, ein weithin berühmter Mann
    • der hat erst mal nur einen Appell für den Fischer: „Vertrau auf Gott“ (140)
    • der antwortet kühl, dass man „vom sichern Port“ (141), also aus der Sicherheit des Unbeteiligten anderen gute Ratschläge geben könne.
    • Dann überwindet Tell sich: „Ich will’s versuchen“ (152)
    • Baumgarten ist begeistert: „mein Engel“ (154)
    • Tell sieht die Gefahr und bittet sogar den Hirten: „tröstet ihr mein Weib“ (159), wenn wir im Sturm umkommen
  • Ein doppeltes Ende:
    • Tell gelingt die Fahrt „durch die Brandung“ (169)
    • Die verfolger aber zu den anderen, die noch da sind: „Ihr sollt uns büßen“. (178)
  • Und dann die Abschlussfrage für die weitere Entwicklung: „Wann wird der Retter kommen diesem Lande?“ (182)

Übersicht über die Szene im Detail

  1. Gleich am Anfang der ersten Szene wird deutlich, wo sie spielt, nämlich am Ufer des Vierwaldstättersee, der von idyllischen Gegenden umgeben ist, auf dem sich aber gleich ein mehrfaches Drama abspielen wird.
  2. Die Szene beginnt mit der Beschreibung der Schönheit des Sees in dem Lied eines Jungen. Der See und seine Schönheit ist aber auch nicht ungefährlich, da der See den Jungen am liebsten in seine Tiefen hineinziehen möchte.
    Hier wird schon einmal deutlich, dass hinter jeder Schönheit auch eine Gefahr drohen kann, was ja auch den friedlichen Schweizern in diesem Drama passiert.
  3. Das zweite Lied wird von einem Hirten gesungen.
    Beschrieben wird der Abschied von den höheren Gegenden am Ende des Sommers. Man freut sich aber auch schon auf die Rückkehr „im lieblichen Mai“ (20).
    Dies könnte die Vorausdeutung sein, dass es im Leben ein Auf und Ab – oder im Falle dieses Dramas auch in umgekehrter Reihenfolge – gibt.
  4. Das dritte Lied wird dann von einem Alpenjäger gesungen, der die Gefahren beschreibt, die ein solcher Mann tagtäglich erlebt.
    Das könnte eine Vorausdeutung sein auf Wilhelm Tell, der ja gerne in Frieden leben würde und doch in die schlimmsten Ereignisse hineingezogen wird.
  5. Ab Zeile 35 etwa verändert sich die Situation, weil ein Sturm aufzieht, auf den ein Fischer, ein Jäger und ein Hirte sich vorbereiten.
  6. Zu dem Wetterdrama kommt ein menschliches Drama ab Zeile 65, weil dort ein Mann „in voller Hast“ (65)  gelaufen kommt, den man als Baumgart von Allzellen erkennt.
    Er bittet dann, dass man ihn über den See fährt:
    „Ihr rettet mich vom Tode! Setzt mich über!“ (68).
  7. Im weiteren Verlauf wird dann geschrieben, warum er „mit Blut befleckt“  (76)  ist, weil er nämlich des Kaisers Burgvogt (also einen hohen Beamten) umgebracht hat.
    Er rechtfertigt das damit, dass er sein „gutes Hausrecht“ (82) nur ausgeübt hat, am „Schänder meiner Ehr‘ und meines Weibes“ (83)
    Interessant und typisch für die Zeit ist hier, dass der Mann erst mal an seine Ehre denkt und dann erst an das, was seine Frau bei einer Vergewaltigung – denn darum ging es – erleiden muss.
  8. Ab Zeile 90 wird das dann genauer beschrieben, und der Jäger Werni vermerkt da nur in Zeile 98:
    „Ihr tatet wohl, kein Mensch kann euch drum schelten“, also einen Vorwurf machen.
  9.  Das Problem ist, dass dieser Baumgart jetzt verfolgt wird. Der Fischer hat zwar ein Boot, hält den heraufziehenden Sturm aber für so gefährlich, dass er nicht meint rausfahren zu können. (vgl. 103)
  10. Gerettet wird der Mann letztlich, weil der plötzlich auftauchende Wilhelm Tell bereit ist, ihm zu helfen, da das kein anderer tun mag.
    In Zeile 139 wendet er sich noch einmal mahnend an den Fischer:
    „Der brave Mann denkt an sich selbst zuletzt / vertrau auf Gott und rette den Bedrängten.
    Man kann dafür Verständnis haben, dass ihm darauf nur cool geantwortet wird:
    „Vom sicheren Port,“ also vom sicheren Hafen aus, „lässt sich’s gemächlich raten“, kann man gute Ratschläge geben.
  11. Daraufhin ist Tell dann doch bereit, die Rettungsfahrt über den See selbst zu machen.
    Er macht aber in Zeile 155 deutlich:
    „Wohl aus des Vogts Gewalt errett ich euch,
    Aus Sturmes Nöten muss ein anderer helfen.
    Doch besser ist’s, Ihr  fallt in Gottes Hand
    Als in der Menschen!“
    Damit will er letztlich sagen: Wenn wir auf dem See umkommen, dann war das unser Schicksal und geschieht entsprechend dem Willen Gottes. Wenn man aber in die Hände der Menschen – d.h. hier, der Verfolger, fällt, passiert einem viel Schlimmeres – und dass das wohl so wäre, zeigt sich ja am Ende der Szene, als die enttäuschten Verfolger ihrem Zorn freien Lauf lassen.
  12. Tell ist zwar ein mutiger Mann, aber er ist durchaus realistisch, was mögliche Gefahren für ihn angeht, und darum sagt er in Zeile 158 zu dem Hirten:
    „Landsmann, tröstet Ih
    mein Weib, wenn mir was menschliches begegnet.
    Ich hab getan, was ich nicht lassen konnte.“
    Und mit dem Menschlichen ist eben das gemeint, was jedem Menschen eines Tages passiert, nämlich der Tod.
  13. Ab Zeile 164 hat man dann so eine Art Mauerschau, der Jäger Werni beschreibt dort, was auf dem See passiert.
    Unter einer Mauerschau verstand man früher und versteht das auch noch heute so, wenn das, was schwer auf einer Theaterbühne zu präsentieren ist, einfach von jemandem erzählt wird, der es angeblich gerade sieht und an die anderen auf der Bühne und damit auch die Zuschauer weitergibt.
  14. Ab Zeile 170 ist dann von den Verfolgern die Rede, die ankommen und die Herausgabe des Mörders verlangen. Als sie feststellen, dass der nicht mehr da ist, rächen sie sich, indem sie alles töten und zerstören, was sie hier an Tieren und Besitz vorfinden.
  15. Am Ende heißt es dann in Zeile 183:
    „Wann wird der Retter kommen diesem Lande?“
    Damit wird deutlich, dass diese Szene einen ersten Eindruck verschaffen soll, welch eine Ungerechtigkeit den Schweizern hier angetan wird und wie nötig es ist, sich davon zu befreien.

Die Hör-Datei zum Herunterladen

Die Hördatei enthält einen Überblick über den ersten – eher allgemeinen – Teil der Szene. Die Kernhandlung, die mit der Ankunft des Flüchtlings beginnt, wird ausführlich vorgestellt und – soweit nötig erläutert.
Dauer: Etwa 15 Minuten, knapp 15 MB