Schnell durchblicken bei Joseph von Eichendorff, „Frau Venus“ (Mat5046)

Worum es hier geht:

Wir zeigen, wie man Schritt für Schritt ein Gedicht besser versteht und dann auch entsprechend analysieren kann.

Wichtig ist eine Stelle, an der man einen ersten Eindruck korrigieren muss: II,2

Das Gedicht ist u.a. hier zu finden.

Anmerkungen zu Strophe 1

  1. Was weckst du, Frühling, mich von neuem wieder?
  2. Dass all die alten Wünsche auferstehen,
  3. Geht übers Land ein wunderbares Wehen;
  4. Das schauert mir so lieblich durch die Glieder.
  • Das Gedicht beginnt mit der direkten Anrede an den Frühling, der damit personifiziert wird.
  • Das lyrische Ich fragt, warum es vom Frühling geweckt wird. Das ist der Versuch einer Beschreibung der eigenen Gefühle. Man befindet sich in einer Normalität, nimmt sie aber im konkreten Moment doch als etwas Besonderes war.
  • Im nächsten Schritt wird deutlich gemacht, dass der Frühling auch eine Zeit ist, in der Wünsche wieder aufwachen. Das kann sich zum Beispiel auf das Reisen beziehen.
  • Die erste Strophe endet mit gegensätzlichen Gefühlen, die aber doch wieder irgendwie zusammengehören – zwischen Bewunderung und Schauer. Bei Letzterem geht es wohl eher um so etwas wie innere Ergriffenheit als um Schrecken.

Anmerkungen zu Strophe 2

  1. Die schöne Mutter grüßen tausend Lieder,
  2. Die, wieder jung, im Brautkranz süß zu sehen;
  3. Der Wald will sprechen, rauschend Ströme gehen,
  4. Najaden tauchen singend auf und nieder.
    • Die zweite Strophe lenkt den Blick dann auf eine schöne Mutter, die von 1000 Liedern begrüßt wird. Das soll wohl nur ausdrücken, dass man jede Art von neuem Leben nicht genügend preisen kann.
    • Die folgende Zeile passt nicht mehr so gut zu Menschen. Von daher ist es wohl sinnvoll, das Bild der Mutter auf den Frühling zu beziehen. Dieser erwacht gewissermaßen auf der jahreszeitlichen Erstarrung.
    • Auch der Rest des Gedichtes ergibt sich in entsprechenden Bildern. Bei den Najaden handelt es sich um Nymphen der antiken Mythologie, die besonders über die Natur wachen.

Anmerkungen zu Strophe 3

  1. Die Rose seh ich gehn aus grüner Klause
  2. Und, wie so buhlerisch die Lüfte fächeln,
  3. Errötend in die laue Flut sich dehnen.
    • Im ersten Terzett (Strophe mit drei Zeilen) des Sonetts konzentriert sich das lyrische Ich auf eine Rose, die aus der Abgeschlossenheit auftaucht.
    • Die nächsten Zeilen präsentieren dann erotische Anspielungen, die auf eine ganz eigene Art den Prozess des Lebens versinnbildlichen.

Anmerkungen zu Strophe 4

  1. So mich auch ruft ihr aus dem stillen Hause –
  2. Und schmerzlich nun muss ich im Frühling lächeln,
  3. Versinkend zwischen Duft und Klang vor Sehnen.
    • Das zweite Terzett präsentiert die Wirkung dieses allgemeinen Aufbruchs des Frühlings. Das lyrische Ich sieht sich auch in einer Prallelsituation zu der der Blume.
    • Die nächsten beiden Zeilen wiederholen noch einmal das Spannungsgefühl zwischen Sehnsucht und dem damit verbundenen Schmerz.
    • Insgesamt kann man hier die Doppelseitigkeit der Natur und der Welt der Gefühle sehen. Sie sind auch „schmerzlich“ und man kann in ihnen „versinken“. Nicht von ungefährt steht im Titel die römische Liebesgöttin – ganz im Gegensatz zum christlichen Welt- und Naturbild Eichendorffs.

Insgesamt ein Gedicht, das

  • auf recht eigene Weise versucht, den Aufbruch des Lebens im Frühling zu beschreiben.
  • Es betont dabei besonders den Doppelcharakter zwischen verwunderten Entzücken und durchaus schmerzlicher Sehnsucht.
  • Dabei Berührt es auch Grenzgebiete zwischen dem Aufbruch in der Natur und emotionalen Ausbrüchen im Menschen, zum Beispiel in der Liebe als Voraussetzung für neues Leben,
  • aber auch als mögliche Verlockung und Gefährdung.

Zur Form des Gedichtes

Es handelt sich um ein Sonett – eine Gedichtform mit vier Strophen:

  • Zwei Quartette – mit jeweils vier Verszeilen
  • Zwei Terzette – mit jeweils drei Verszeilen.
  • Häufig enthalten die Quartette eine Situationsbeschreibung – so ist es auch hier.
  • und die Terzette ziehen darauf die Konsequenz. In diesem Gedicht bedeutet das, dass das lyrische Ich den Frühling jetzt auf sich selbst und seine Gefühle bezieht.
  • Rhythmus: 5-hebiger Jambus
  • zweimal umarmender Reim, der wiederholt wird: abba. Dann cde, cde = auch wiederholt.

Bei Schwierigkeiten mit dem Rhythmus hilft:

Rhythmus im Gedicht? So einfach erkennt man ihn!

https://textaussage.de/lernvideo-rhythmus-von-gedichten-leicht-und-sicher-erkennen

Videolink

Weitere Infos, Tipps und Materialien 

https://textaussage.de/weitere-infos