Schnell durchblicken: Bertolt Brecht, „Der Rauch“ (Mat4787)

Worum es hier geht:

Wir stellen das Gedicht „Der Rauch“ von Bertolt Brecht vor. Der Text ist noch urheberrechtlich geschützt – man kann ihn zum Beispiel auf dieser Seite finden:

Hinweise zur Interpretation

Erster Eindruck und äußere Form
  • Das Gedicht besteht aus einer einzigen Versgruppe, die aus fünf Verszeilen besteht.
  • Ein Reimschema  und ein festes Versmaß gibt es nicht.
Inhaltserläuterung
  • Das Gedicht beginnt mit einem Eindruck – man hat das Gefühl, der Sprecher befindet sich außerhalb, vielleicht sogar oberhalb einer Wohnanlage und macht sich drei Elemente einer Komposition klar: Zum einen „das kleine Haus“, dann die Bäume, die es mehr oder weniger überwölben, schließlich der See, an dem es liegt. Sprachlich ist der Eindruck auf das Wesentliche reduziert, ein Prädikat und damit einen ganzen Satz gibt es nicht.
  • Erst die zweite Zeile bringt dann Bewegung in das statische Bild:, womit dann auch der Titel ins Spiel kommt: In diesem Haus ist offensichtlich Leben, erkennbar am Rauch, der aufsteigt. Wichtig ist die Inversion, die Umstellung der normalen Satzstellung, die hier zweierlei leistet: Zum einen gibt es einen fließenden Beschreibungsübergang von der ersten Zeile zur zweiten, zum anderen steht der Rauch an der wichtigen Endstelle – auf ihn kommt es hier an.
  • Nach dem Beschreibungsteil kommt jetzt ein Reflexionsteil im Gedicht: Der Sprecher bleibt nicht bei den Eindrücken stehen, ihm formt sich ein passender Gedanke dazu: Er stellt sich einfach vor, was wäre, wenn dieser Rauch, dessen Wichtigkeit schon deutlich geworden ist, fehlen würde – alles vorher Genannte wäre „trostlos“, d.h. es kommt ganz auf den Rauch als Zeichen der Anwesenheit von Menschen und auch von Wärme an.
Intention/Aussage
  • Es handelt sich um eine interessante Verbindung von Beschreibungs- und Reflexionsgedicht. (Man wird hier an ein Gedicht von Walter Helmut Fritz erinnert, s.u.)
  • Scheinbar einfache und belanglose Beobachtungen lösen einen Gedanken aus, der sich festsetzt und an Gewicht gewinnt.
  • Letztlich gipfelt er in der Aussage, dass alles, was um uns ist, nichts wäre, wenn es nicht bewohnt wäre, wenn nicht Menschen da wären.

Künstlerische Eigenart
  • Da ist zum einen die Zweiteilung und die damit verbundene Entwicklung und Steigerung des Gedichts.
  • Ein weiteres sehr wesentliches Mittel ist die Knappheit, wie sie auch andere Gedankengedichte Brechts kennzeichnen – man denke etwa an das berühmte Gedicht „Radwechsel“ (siehe unten).
  • Eine besondere Bedeutung haben die Inversionen, d.h. die Umstellungen des normalen Satzgebrauchs: Sie unterstützen den Eindruck eines Erkenntnisprozesses, der ja immer quer zum Gewohnten verläuft: Man entdeckt für sich etwas Neues, Ungewöhnliches – dazu passen die entsprechenden Sätze.
Sinn/Einschätzung des Gedichts
  • Insgesamt ein sehr einfaches, reduktionistisches Gedicht, das aber gerade dadurch Monumentalität gewinnt, weil es eine zentrale Wahrheit und Erfahrung auf einmalige Art und Weise ausdrückt. An diesem Gedicht ist kein Wort zuviel, alles passt zusammen – Kennzeichen überzeugender Kunst, besonders in der Lyrik.

Textexterne Anmerkungen

  • Nach dieser sich ganz auf den Text konzentrierenden induktiven Überlegungen noch ein kurzer Hinweis zum biografischen Kontext: Dieses Gedicht gehört zu den so genannten Buckower Elegien von 1953: Brecht und Helene Weigel hatten sich im Februar 1952 in der Märkischen Schweiz in Buckow (östlich von Berlin) ein Landhaus an einem kleinen See gemietet – vor diesem Hintergrund wird klar, dass dieses Gedicht nicht nur eine allgemein menschliche, philosophische Dimension hat, sondern auch eine sehr persönliche, nämlich die einer Beziehung.

Weitere Infos, Tipps und Materialien 

https://textaussage.de/weitere-infos