1 Das Mittelalter
Das Mittelalter ist eine seltsame Übergangszeit zwischen der griechisch und römisch geprägten Antike und dem großen Aufbruch zu Beginn der Neuzeit ab dem 13. Jahrhundert. Es waren die Humanisten der Renaissance, die der Zeit zwischen 500 und 1500 den Namen gaben und sie zugleich als dunkles Zeitalter betrachteten.
Erst in der Zeit der Romantik ab etwa 1800 kam es zu einer neuen, positiveren Sicht der Zeit – wenn auch nicht ohne schwärmerische Züge.
In unserem Zusammenhang geht es vor allem um drei Dinge:
Das ganz andere Erscheinungsbild einer Welt, die zunächst einmal mit einem großen Kulturverlust zu kämpfen hat und sich dann eine ganz eigene, neue Kultur aufbaut.
Dann die besonderen gesellschaftlichen und politischen Phänomene, die im Mittelalter entwickelt wurden und noch bis weit in die Neuzeit hinein fortwirkten.
Schließlich ist dann da die Wiederbelebung des Phänomens der Städte, die den Menschen ganz neue Chancen auf Freiheit und Selbstbetätigung ermöglichen und in der Hanse fast eine Alternative zum Absolutismus geboten hätten.
1.1 Das ganz andere Erscheinungsbild des Mittelalters
Auf die besondere Rolle des Christentums ist oben schon hingewiesen worden.
Jetzt geht es vor allem um einige wichtige gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Phänomene.
1.2 Ständegesellschaft, Grundherrschaft und Lehnswesen
Das Besondere am Mittelalter war, dass zwar alle Menschen Christen und damit grundsätzlich eigentlich gleichberechtigt waren (es gab zum Beispiel keine Sklaven), dass es aber doch eine strenge Einteilung in drei Stände gab.
Am besten merkt man sich es mit einem Dreier-Reim: Es gab den „Lehrstand“, das waren die Geistlichen, die den Weg zum Himmel wiesen, daneben gab es den „Wehrstand“, das waren die Adligen, die – meistens zu Pferd – das Land verteidigten und mehr oder weniger mit der Herrschaft zu tun hatten. Schließlich gab es noch den „Nährstand“, im Wesentlichen zunächst einmal die Bauern, später auch die Handwerker und Händler.
1.2.1 Lehnswesen
Die große Trennung hing mit Entwicklungen in der Zeit der Karolinger zusammen. Aus den ursprünglich gleichberechtigten Bauernkriegern der Germanen wurden mehr und mehr Berufskrieger, die von denen, die nicht in den Krieg zogen, mit ernährt wurden.
Aus dieser funktionalen Differenzierung wurde schließlich ein hierarchisches System, bei dem die Reiterkrieger als Ritter immer mächtiger wurden und die Bauern immer mehr zu abhängigen Hörigen herabsanken.
Hintergrund war, dass der mittelalterliche Staat kein Territorialstaat war wie heute mit festen Grenzen, sondern ein Personenverbandsstaat, an dessen Spitze der König stand.
Das bedeutet, dass der Staat gar nicht wie heute organisiert werden konnte – mit Beamten und der Möglichkeit des Durchgriffs von ganz oben bis ganz unten.
Deshalb arbeitete man mit einem Pyramidensystem: An der Spitze stand der König, der hatte eigenes Königsgut, vergab aber ansonsten entsprechende Landesteile an Vasallen. Diese gaben große Teile ihrer Gebiete an Untervasallen weiter, bis man schließlich die Ebene des Adels verließ und der unterste Vasall die abhängigen Bauern gut im Blick hatte, beaufsichtigen und ausnutzen konnte.
Dabei muss im Auge behalten werden, dass die unterste Schicht auf allen Ebenen eben auch Frondienste zu leisten hatten. Dazu gehörte die Mithilfe in der Landwirtschaft des jeweiligen Herrn, aber auch Straßenarbeiten u.ä.
Er vergab Lehen, Land und Ämter an Adlige, die dafür „Hoffahrt“ und „Heerfahrt“ leisteten. Ersteres bedeutete, dass sie dem König mit Rat und Tat zur Seite standen, bei Hoftagen mit Gericht gewissermaßen personell seine Macht darstellten. Letzteres besagte, dass die Lehnsmänner ihrem Lehnsherren mit einer festgelegten Zahl von bewaffneten Gefolgsleuten das „Aufgebot“ bildeten, mit dem man in den Krieg ziehen konnte.
1.2.2 Grundherrschaft
Damit dieses System in einer Welt weitgehend ohne Geld funktionieren konnte, brauchten die Adligen eine Einkommensbasis – und die wurde ihnen über die Grundherrschaft besorgt. Darunter ist zu verstehen, dass ein Adliger in der Regel vom König ein Stück Land mit einer Anzahl von Bauernhöfen bekam. Die dort lebenden Menschen waren zu „Frondiensten“ (Herrendiensten) verpflichtet, woran noch heute zum Teil die Ortsbezeichnung „Fronhof“ erinnert.
Dort gab es dann einen „Meier“ (englich „mayour“), der als Vertreter des Herrn die Abgaben einsammelte und die Dienste organisierte, die ebenfalls zum System gehörten. Das konnte bedeuten, dass man ein paar Tage im Jahr auf den Eigenfeldern des Herrn arbeiten musste – oder aber man musste Straßen in Stand setzen oder irgendwelche Handwerksdienste leisten.
Insgesamt gibt es den Begriff des Feudalismus für diese Kombination aus Lehnswesen und Grundherrschaft. Wir kennen den Begriff heute nur noch im Sinne von „eine feudale Veranstaltung“ – gemeint ist dann meistens eine mit reichhaltigem Buffet. Dahinter steckt aber immer noch die Idee, dass es Menschen gibt, die es sich gut gehen lassen, und solche, die dafür sorgen, dass auch die schönen Sachen auf den Tisch kommen.
1.3 Die Städte als Keimzellen der Neuzeit
1.3.1 Die alten Städte aus der Antike
Städte gab es seit der Antike – und besonders die Römer waren Meister im Städtebau mit Warmwasser-Badeanlagen (Thermen) und gigantischen Wasserleitungen (Aquädukte).
Als es mit der Macht der Römer mehr und mehr zu Ende ging, verfielen auch ihre Städte – mitten in Rom grasten dann Ziegen oder Kühe.
1.3.2 Die neuen Städte an besonderen Orten
Neben diesen alten Städten entstanden neue, vorzugsweise an Flussübergängen und Wegekreuzungen – meistens im Schatten einer Burg, von der aus man sowohl für die Sicherheit der Reisenden als auch für die eigene Kasse sorgen konnte.
1.3.3 Die geordnete Welt der Zünfte
In diesen Städten gab es eine neue Welle der Arbeitsteilung, wobei es zum Teil auch viel Regelungswut gab. Es konnte sich nicht jeder einfach als Handwerker niederlassen, es gab eine Zunft, die genau festlegte, wieviele „Planstellen“ es gewissermaßen gab und wie viel dort mit welcher Qualität produziert wurde.
Damit sind wir bei einem zweiten Begriff nach dem „feudalen“ Fest, den es heute noch gibt, eben eine „zünftige“ Veranstaltung, also eine, bei der ordentlich was geboten wird, vor allem im Hinblick auf das Programm.
1.3.4 Der Kampf um mehr Mitbestimmung in den Städten
Die Handwerker hielten also gut zusammen und konnten im Laufe der Zeit zusammen mit den Kaufleuten immer mehr Mitspracherechte erkämpfen. Schließlich wurde der Einfluss des adligen Stadtherrn immer geringer, im Idealfall wurde man sogar eine freie Reichsstadt, nur noch dem Kaiser untertan. Das war natürlich vor allem finanziell interessant, denn je weniger Herren man über sich hat, desto weniger wollen was von einem.
1.4 Die Hanse
1.4.1 Was uns heute noch an die Hanse erinnert
Ein Überbleibsel aus der Zeit des späten Mittelalters hat sich in vielen Begriffen und Wendungen erhalten: Da gibt es Hansestädte wie Hamburg, Bremen, Rostock, die es noch im Autokennzeichen ausweisen, aber auch weit im Landesinneren liegende Orte wie Soest oder Münster, die vom 13. bis zum 15. Jahrhundert zu einem blühenden und kampfkräftigen Städtebündnis gehört haben.
Das lehrte sogar Könige das Fürchten, vor allem den von Dänemark.
1.4.2 Die Hanse als Ort der Selbstbestimmung
In gewisser Weise kann man davon sprechen, dass hier die Idee der politischen Selbstständigkeit über die einzelne Stadt hinaus einen großräumigen Charakter bekam – in mancher Beziehung eine Vorstufe der heutigen Globalisierung der Wirtschaft.
1.4.3 Die Entwicklung weg von Städtebünden hin zu Einheitsstaaten
Die Reformation und die anschließenden Religionskriege lenkten dann die Entwicklung allerdings in eine andere Richtung, nämlich die des absolutistischen Staates. Gegenüber den sich herausbildenden starken Einheitsstaaten mit gut organisiertem Beamtenwesen und stehendem Heer hatten die Kaufmannsrepubliken keine Chance mehr.
1.4.4 Die Entdeckung Amerikas als Ursache für den Niedergang Venedigs
Besonders am Beispiel von Venedig kann man sehen, dass die Entdeckung Amerikas hierbei auch eine große Rolle spielte: Die Handelsströme verlagerten sich und Staaten wie Spanien und Portugal wurden regelrecht mit Silber und Gold überschwemmt, was die Macht ihrer Könige natürlich enorm stärkte.
Weiterführende Hinweise
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