Schnell durchblicken: Eichendorff, „Die Heimat“ (Mat521)

Worum es hier geht:

Eichendorffs Gedicht „Die Heimat“ und seine Hinweise auf die Brüche und Abgründe der Romantik

Eichendorffs Gedicht „Die Heimat“ ist zum einen direkt an seinen Bruder gerichtet, was bei einem eigentlich fiktiven Text natürlich interessant ist. Außerdem zeigt es, dass die Romantik eben nicht eine dauernde Candle Light Party war, sondern auch Brüche und Ängste präsentierte – und versuchte, durch Ausdruck zu bewältigen. Wir zeigen hier die besonderen „Verständnispunkte“ bei diesem Gedicht.

Joseph von Eichendorff

Die Heimat

An meinen Bruder

Denkst du des Schlosses noch auf stiller Höh?
Das Horn lockt nächtlich dort, als obs dich riefe,
Am Abgrund grast das Reh,
Es rauscht der Wald verwirrend aus der Tiefe –
O stille, wecke nicht, es war als schliefe
Da drunten ein unnennbar Weh.

Kennst du den Garten? – Wenn sich Lenz erneut,
Geht dort ein Mädchen auf den kühlen Gängen
Still durch die Einsamkeit,
Und weckt den leisen Strom von Zauberklängen,
Als ob die Blumen und die Bäume sängen
Rings von der alten schönen Zeit.

Ihr Wipfel und ihr Bronnen rauscht nur zu!
Wohin du auch in wilder Lust magst dringen,
Du findest nirgends Ruh,
Erreichen wird dich das geheime Singen, –
Ach, dieses Bannes zauberischen Ringen
Entfliehn wir nimmer, ich und du!

Unsere 5 Verständnispunkte

Im Unterschied zu anderen Herangehensweisen konzentrieren wir uns hier auf die Elemente und Einsichten, die bei einer ersten kursorischen Lektüre möglich sind.

  1. Es geht offensichtlich um eine Vergangenheit, an die man sich selbst und einen anderen erinnert.
  2. Auffallend sind gleich am Anfang zwei Elemente, die Bedrohung und Irritation ausdrücken: „Abgrund“ und „verwirrend“. Dazu kommt natürlich noch der Schlusshinweis auf ein „unennbar Weh“.
  3. Auch die zweite Strophe präsentiert mit den „kühlen Gängen“, der „Einsamkeit“ und dem „als ob“ keine eindeutig positiven, wenn auch reizvolle Anklänge.
    Wer Eichendorffs Gedicht „Wünschelrute“ kennt, wird sich an seine Vorstellung erinnern, dass in den Dingen mehr steckt und man aus ihnen Gesang hervorlocken kann.
  4. Die letzte Strophe dann scheint eindeutiger „normale“ Romantik-Vorstellungen zu präsentieren: eine Absage an die Möglichkeiten „wilder Lust“, die „nirgends Ruh“ anbietet.
  5. Am Ende dann wieder die Fortführung der dunklen Momente dieses Gedichtes: Es gibt zwar das „geheime Singen“, aber es fesselt auch und zieht in den Bann von „zauberischen Ringen“.

Nur am Rande: Es liegt ein in weiten Teilen ein fünfhebiger Jambus, an einigen Stellen wird die Zahl der Hebungen auf vier reduziert.

Insgesamt ein sehr reizvolles Gedicht, das wegen seiner Vielschichtigkeit gut in Klausuren eine Rolle spielen kann.

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