Worum es hier geht:
Wir versuchen einfach mal, das Gedicht „Der Krieg“ von Georg Heym grafisch zu interpretieren.
Georg Heym konzentriert sich in diesem Gedicht auf den Ablauf einer gewaltigen tödlichen Aktion. Sie beginnt mit dem Erwachen des Ungeheuers, setzt sich fort im panischen Erschrecken der Menschen und bringt dann Mord und Verwüstung.
Am Ende zweiten scheinen sich die Menschen schon selbst aus Verzweiflung zu opfern. Den Schluss bilden Verwüstung und die gigantische Siegerpose des Krieges.
Versuch, den Inhalt der Strophen zu beschreiben
Zur Problematik des Verfahrens und zur möglichen Lösung gibt es hier entsprechende Videos:
Videolink
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(1)
Aufgestanden ist er, welcher lange schlief,
Aufgestanden unten aus Gewölben tief.
In der Dämmrung steht er, groß und unbekannt,
Und den Mond zerdrückt er in der schwarzen Hand.
- In der ersten Strophe wird das Erscheinen des Krieges nach langem Schlaf beschrieben.
- Hervorgehoben werden seine Größe und die Gewalttätigkeit.
(2)
In den Abendlärm der Städte fällt es weit,
Frost und Schatten einer fremden Dunkelheit,
Und der Märkte runder Wirbel stockt zu Eis.
Es wird still. Sie sehn sich um. Und keiner weiß.
- Die zweite Strophe beschreibt dann, wie das Erscheinen des Krieges überall zu Kälte, Dunkelheit und Stillstand führt.
- Wieder aufgenommen wird der Hinweis auf das Unbekannte bzw. Fremdartige der Erscheinung.
(3)
In den Gassen fasst es ihre Schulter leicht.
Eine Frage. Keine Antwort. Ein Gesicht erbleicht.
In der Ferne ein Geläute dünn
Und die Bärte zittern um ihr spitzes Kinn.
- Die dritte Strophe beschreibt noch einmal an Einzelfällen den Eindruck der Bedrohung und die damit verbundene Angst.
(4)
Auf den Bergen hebt er schon zu tanzen an
Und er schreit: Ihr Krieger alle, auf und an.
Und es schallet, wenn das schwarze Haupt er schwenkt,
Drum von tausend Schädeln laute Kette hängt.
- Die vierte Strophe stellt den Krieg als eine Art Anführer vor, dem viele Krieger folgen mit Hinweis auf die toten Opfer.
(5)
Einem Turm gleich tritt er aus die letzte Glut,
Wo der Tag flieht, sind die Ströme schon voll Blut.
Zahllos sind die Leichen schon im Schilf gestreckt,
Von des Todes starken Vögeln weiß bedeckt.
- In dieser Strophe wird das Bild der tödlichen Verwüstung noch weiter ausgemalt, es wird gewissermaßen flächendeckend.
(6)
Über runder Mauern blauem Flammenschwall
Steht er, über schwarzer Gassen Waffenschall.
Über Toren, wo die Wächter liegen quer,
Über Brücken, die von Bergen Toter schwer.
- Die sechste Strophe betont die Vernichtung, vor allem auch der Verteidigungsmöglichkeiten.
(7)
In die Nacht er jagt das Feuer querfeldein
Einen roten Hund mit wilder Mäuler Schrein.
Aus dem Dunkel springt der Nächte schwarze Welt,
Von Vulkanen furchtbar ist ihr Rand erhellt.
- Die siebte Strophe konzentriert sich auf Bilder der Vernichtungsgewalt des Krieges.
(8)
Und mit tausend roten Zipfelmützen weit
Sind die finstren Ebnen flackend überstreut,
Und was unten auf den Straßen wimmelt hin und her,
Fegt er in die Feuerwälder, dass die Flamme brenne mehr.
- Die achte Strophe nimmt das noch einmal auf und konzentriert sich auf das Bild eines vernichtenden Feuers.
(9)
Und die Flammen fressen brennend Wald um Wald,
Gelbe Fledermäuse zackig in das Laub gekrallt.
Seine Stange haut er wie ein Köhlerknecht
In die Bäume, daß das Feuer brause recht.
- Die neunte Strophe geht dann genauer auf die Folgen des Feuers ein
- und vergleicht dabei den Krieg mit einem Köhlerknecht, der im Wald ein Feuer unterhält.
(10)
Eine große Stadt versank in gelbem Rauch,
Warf sich lautlos in des Abgrunds Bauch.
Aber riesig über glühnden Trümmern steht
Der in wilde Himmel dreimal seine Fackel dreht
- Hier geht es um den Untergang einer Stadt, der aber als selbstverursacht oder sogar als gewollt dargestellt wird.
- In der zweiten Hälfte dann ein Bild des Triumphs des Krieges.
(11)
Über sturmzerfetzter Wolken Widerschein,
In des toten Dunkels kalten Wüstenein,
Dass er mit dem Brande weit die Nacht verdorr,
Pech und Feuer träufet unten auf Gomorrh.
- Die letzte Strophe bringt dann eine Art Zusammenfassung
- mit einer Anspielung auf die Vernichtung einer sündigen Stadt im Alten Testament der Bibel.
Interpretation mit Hilfe eines Schaubildes
Wir liefern hier zunächst das Schaubild – dann auch eine herunterladbare PDF-Version, die besser lesbar ist.
Ganz unten gibt es dann noch ein Video, indem ausführlich erklärt wird, wie man dieses Gedicht schnell und sicher verstehen kann.
Mat4704 SB Georg Heym, Der Krieg – grafische Interpretation
Hinweis auf ein Video
Georg Heym, Der Krieg – grafische Interpretation eines Gedichtes aus der Zeit des Expressionismus
Noch ein kurzer Hinweis auf ein Parallelgedicht
Ein ähnliches Gedicht mit dem Titel „Die Nacht“ ist auf dieser Seite interpretiert worden.
https://www.schnell-durchblicken2.de/heym-die-nacht
Das Gedicht hat in einem Punkt gewisse Ähnlichkeiten mit „Der Gott der Stadt“, vor allem, was die Andeutung von mehr oder weniger freiwilliger Unterwerfung angeht.