Schnell durchblicken: Heym, „Die Irren“ (Mat7062)

Worum es hier geht:

Das Gedicht „Die Irren“ von Georg Heym zeigt auf sehr drastische Weise, wie menschenunwürdig geistig kranke Menschen zu seiner Zeit leben mussten.

Besonders erschreckend ist dann ein Ausbruch von Gewalt, dem ein Arzt zum Opfer fällt.

Anmerkungen zum Titel

Die Irren

Anmerkungen zu Strophe 1

01: Der Mond tritt aus der gelben Wolkenwand.
02: Die Irren hängen an den Gitterstäben,
03: Wie große Spinnen, die an Mauern kleben.
04: Entlang den Gartenzaun fährt ihre Hand.

  • In der ersten Strophe geht es um eine Mondnacht, in der die  „Irren“, wahrscheinlich Insassen einer Anstalt für Geisteskranke, den Zaun testen, um wahrscheinlich einen Ausweg zu suchen.
  • Kritische Anmerkung:
    Fragwürdig kann der Vergleich mit Spinnen erscheinen. Der kann natürlich auch eine menschenunwürdige Behandlung andeuten.

Anmerkungen zu Strophe 2

05: In offnen Sälen sieht man Tänzer schweben.
06: Der Ball der Irren ist es. Plötzlich schreit
07: Der Wahnsinn auf. Das Brüllen pflanzt sich weit,
08: Dass alle Mauern von dem Lärme beben.

  • Die zweite Strophe wechselt dann zu einem Tanzfest im Inneren des Gebäudes, in dem es plötzlich einen Ausbruch an Lärm gibt, als dessen Ursache „Wahnsinn“ angegeben wird.

Anmerkungen zu Strophe 3

09: Mit dem er eben über Hume gesprochen,
10: Den Arzt ergreift ein Irrer mit Gewalt.
11: Er liegt im Blut. Sein Schädel ist zebrochen.

  • Die dritte Strophe präsentiert einen extremen Gewaltakt, bei dem ein „Irrer“ einen Arzt angreift und tötet.

Anmerkungen zu Strophe 4

12: Der Haufe Irrer schaut vergnügt. Doch bald
13: Enthuschen sie, da fern die Peitsche knallt,
14: Den Mäusen gleich, die in die Erde krochen.

  • Die letzte Strophe macht dann drei Dinge deutlich,
    • zum einen die Genugtuung, die die kranken Menschen angesichts der Gewalttat empfinden. Ein Grund dafür könnte das Gefühl sein, hier zumindest kurzzeitig aus ihrer Situation der Hilflosigkeit und des Ausgesetztseins ausgebrochen zu sein.
    • Das zweite Element ist ein Peitschenknall, der rein äußerlich für Aufmerksamkeit sorgen soll, darüber hinaus, aber auch den Verdacht verstärkt, dass hier nicht sehr menschlich mit den Kranken umgegangen wird.
    • Das dritte Element ist dann wieder ein Tiervergleich, der beschreiben soll, wie die kranken Menschen nach diesem spontanen Ausbruch wieder in ihrer gewohnten Umgebung verschwinden.

Zusammenfassung

  1. Insgesamt ein Gedicht, das auf sehr distanzierte, fast gefühllose Weise die Gewaltverhältnisse in der Betreuung von Geisteskranken zur Zeit der Entstehung des Gedichtes deutlich macht.
  2. Sehr gut gemacht ist die Gegenüberstellung der offenen Gewalt von Seiten der kranken Menschen und der unterschwelligen, institutionalisierten Gewalt, die ihnen gegenüber ausgedrückt wird und die vor allen Dingen auch sprachlich sichtbar wird. Unterstützt wird die knappe inhaltliche Beschreibung durch die Verwendung der Sprache.

Zur Form des Sonetts

Gedichtform mit vier Strophen – besonders im Barock beliebt, aber auch in anderen Epochen zu finden.

  • Zwei Quartette – mit jeweils vier Verszeilen
  • Zwei Terzette – mit jeweils drei Verszeilen.
  • Häufig enthalten die Quartette eine Situationsbeschreibung
    • Strophe 1 = Ausgangssituation der Kranken in einer Klinik der damaligen Zeit
    • Strophe 2 = Versuch, ihnen Unterhaltung oder sogar Kultur zu geben. Dann schon die Überleitung, dass das in der gebotenen Form offensichtlich nicht funktioniert.
  • und die Terzette ziehen darauf die Konsequenz.
    • Strophe 3 = Wirklichkeit, Teil 1: Brualität der Krankheit und ihrer Phänomene
    • Strophe 4 = Wirklichkeit, Teil 2: Reaktion der Kranken auf die Gewalttat und Normalität einer offensichtlich nicht angemessenen Behandlung der Krankheit
  • Man sieht hier ganz eindeutig den Unterschied zwischen den Quartetten und den Terzetten.

Weitere Infos, Tipps und Materialien 

https://textaussage.de/weitere-infos