Schnell durchblicken: Lotz, „Aufbruch der Jugend“ (Mat632)

Worum es geht:

Das Gedicht „Aufbruch der Jugend“ von Ernst Wilhelm Lotz ergeht sich in rasanten Bildern eines plötzlichen Loszugs, dem bald die alten Mächte zum Opfer fallen.

Am interessantesten am Ende die quasireligiösen Messias-Vorstellung mit dem Anspruch, „leuchtende neue Welten“ zu erschaffen.

Das Gedicht

Ernst Wilhelm Lotz

Aufbruch der Jugend

01: Die flammenden Gärten des Sommers, Winde, tief und voll Samen,
02: Wolken, dunkel gebogen, und Häuser, zerschnitten von Licht. –
03: Müdigkeiten, die aus verwüsteten Nächten über uns kamen,
04: Köstlich gepflegte, verwelkten wie Blumen, die man sich bricht.

05: Also zu neuen Tagen erstarkt, wir spannen die Arme,
06: Unbegreiflichen Lachens erschüttert, wie Kraft, die sich staut,
07: Wie Truppenkolonnen, unruhig nach Ruf der Alarme,
08: Wenn hoch und erwartet der Tag überm Osten blaut.

09: Grell wehen die Fahnen, wir haben uns heftig entschlossen,
10: Ein Stoß ging durch uns, Not schrie, wir rollen geschwellt,
11: Wie Sturmflut haben wir uns in die Straßen der Städte ergossen
12: Und spülen vorüber die Trümmer zerborstener Welt.

13: Wir fegen die Macht und stürzen die Throne der Alten,
14: Vermoderte Kronen bieten wir lachend zu Kauf,
15: Wir haben die Türen zu wimmernden Kasematten zerspalten
16: Und stoßen die Tore verruchter Gefängnisse auf.

17: Nun kommen die Scharen Verbannter, sie strammen die Rücken,
18: Wir pflanzen Waffen in ihre Hand, die sich fürchterlich krampft,
19: Von roten Tribünen lodert erzürntes Entzücken
20: Und türmt Barrikaden, von glühenden Rufen umdampft. –

21: Beglänzt von Morgen, wir sind die verheißnen Erhellten,
22: Von jungen Messiaskronen das Haupthaar umzackt,
23: Aus unsern Stirnen springen leuchtende neue Welten:
24: Erfüllung und Künftiges, Tage, Sturm-überflaggt!

Grafische Bearbeitung des Gedichts

Unsere fünf entscheidenden Verständnispunkte

VP1: Die Überschrift enthält eine Feststellung, bei der man annehmen kann, dass es auf eine Beschreibung hinausläuft.

VP2: Es beginnt mit einem Rückblick auf Zeiten, in denen „Müdigkeiten“ vorherrschten und sie „verwelkten wie Blumen“. Angedeutet wird, dass es Probleme mit „verwüsteten Nächten“ gab – offensichtlich gab man sich eher irgendwelchen Feierlichkeiten hin als den eigentlichen Aufgaben nachzukommen.

VP3: Ab Zeile 05 geht es um den breit dargestellten Neubeginn, der zunächst aus einem Anspannen der Kräfte besteht. Als Grund wird angedeutet, dass die vorhandene Not zu einem regelrechten Anstoß wurde.

VP4: Es folgt eine sehr breite und dabei differenzierte Darstellung des Kampfes, der zu einem völligen Umsturz führt, wobei auch die bisherigen Opfer der Verhältnisse befreit und in die eigenen Reihen aufgenommen werden. Interessant ist die Betonung der Lust, die man dabei empfindet.

VP5: Am Ende steht ein extremes Selbstbewusstsein, bei dem man sich wie ein Messias fühlt und glaubt, „leuchtende neue Welten“ aufbauen zu können.

Klausurbedeutung: @ @ @

Das Folgende haben wir aus einem EBook übernommen, das wir hier mit Erlaubnis des Verfassers nutzen dürfen. Da werden noch mehr wichtige Gedichte des Expressionismus vorgestellt und jeweils im Hinblick auf den möglichen Einsatz bei einer Klausur bewertet.

Zu bekommen ist es u.a. hier.

(Die Anzahl der @-Zeichen macht unsere Einschätzung der Klausurbedeutung sichtbar – wie die Sternchen bei Hotel-Bewertungen!)

Das Gedicht ist etwas umfangreich, im wesentlichen aber gut verständlich. Wichtig ist die Erkenntnis, dass hier viel jugendlicher Überschwang am Werk ist und viele konkrete Fragen und Probleme gar nicht erst angesprochen werden. Dementsprechend wäre es günstig, wenn ein vergleichbarer Text schon vorher im Unterricht behandelt worden wäre. Man denke etwa an Klabund, „Der neue Mensch“.

Weitere Infos, Tipps und Materialien 

https://textaussage.de/weitere-infos