Schnell durchblicken: Mascha Kaléko, „Der nächste Morgen“ (Mat6057)

Worum es hier geht:

Vorgestellt und ausgewertet wird ein Gedicht, das am Beispiel eines gemeinsamen Tagesbeginns zugleich ein – in diesem Falle – negatives Erwachen zeigt. Vorbei ist es mit jeder Art von „Liebesglühn“ – offen bleibt, was daraus wird.

Das Gedicht ist u.a. hier zu finden.

Anmerkungen zum Titel und zu Strophe 1, Teil 1

Der nächste Morgen

  • Man denkt hier zunächst an das Erwachen nach einem One-Night-Stand, bei dem man erst wirklich bekommt, mit wem man die Nacht verbracht hat.
  • Dann aber kommt es doch etwas anders:
    In den ersten Zeilen des Gedichtes schreibt das lyrische Ich aus seiner Sicht das gemeinsam Aufwachen mit seinem Ehepartner.
    • Schon die äußeren Umstände deuten nichts Erfreuliches an. Das setzt sich dann auch in der Beschreibung des genannten Ehepartners fort.
    • Am Ende steht die verallgemeinerte Einsicht, dass man vor diesem Hintergrund verstehen könne, dass Eheleute „nicht in Liebe glühn“. Offensichtlich soll darauf hingewiesen werden, dass die Verfestigung einer Beziehung in der formellen Eheschließung eher zu einer Verschlechterung der Gefühlslage führt.

Anmerkungen zu Strophe 1, Teil 2

    • Die zweite Hälfte der ersten Strophe setzt diese negative Beschreibung fort.
    • Während das lyrische Ich, wahrscheinlich die Frau, noch im Bett liegt, betrachtet sie das, was ihr Mann als Morgentoilette betreibt, mit großer Distanz.
    • Auch hier am Ende wieder eine verallgemeinern Zusammenfassung: Dieser Ehemann erscheint ihr typisch, alt „wie er im Buche steht“. Gemeint ist damit, dass er der allgemeinen Vorstellung entspricht, von der man überall ausgeht.

Anmerkungen zu Strophe 2

    • Die erste Hälfte der zweiten Strophe bringt dann das, was bei einem solchen gemeinsamen Erwachen ganz natürlich ist.
    • Die Irritation, die negativen Gefühle werden ausgedehnt auf viele weitere Dinge der gemeinsamen heimischen Umgebung.
    • Am Ende wird allerdings hervorgehoben, dass es sich bei all diesen Eindrücken um eine Situation am Morgen handelt. Es bleibt zunächst unklar, ob das eher eine allgemeine Relativierung ist oder eine vertiefte, verbesserte Einsicht.
    • Hier können einem Beschreibungen aus Romanen einfallen, bei denen der Traumpartner, den man weinselig zu sich mit nach Hause genommen hat, am frühen Abend sehr viel entzauberter aussieht.
    • Nur ist das natürlich in einer Ehe sehr viel problematischer, wenn so der nächste gemeinsame Tag beginnt.

Anmerkungen zu Strophe 2, Teil 2

    • Die zweite Hälfte der zweiten Strophe konzentriert sich dann auf den Partner beim Frühstück.
    • Auch dabei werden negative Eindrücke zusammengestellt.
    • Am Ende dann das abschließende Urteil:
      Das lyrische Ich will so etwas „auf den Tod nicht sehn“ – ein deutliches Zeichen dafür, wie diese Beziehung eigentlich enden muss – jedenfalls anders, als es beim Heiratsversprechen sich anhört: „Bis dass der Tod euch scheidet“ bedeutet dann hier soviel wie „bis dass der Tod eurer Liebe euch scheidet“.
    • Damit ist klar: Man kann wohl davon ausgehen, dass diese sprichwörtlich Erinnerung ganz konkret auf den Tod einer Beziehung übertragen werden kann.

Anmerkungen zu Strophe 3

    • Die letzte Strophe ist dann deutlich kürzer, auch das kann als Signal für eine auslaufende Beziehung gesehen werden.
    • Ansonsten kommen hier zwei Dinge zusammen
      1. zum einen – sehr schön am Beispiel des Kaffees deutlich gemacht, dass Abgestandene der Situation
      2. und dann wohl die Flucht in den Berufsalltag.
    • Sehr schön das Ende, weil das lyrische Ich sich darauf beschränkt, nur anzudeuten, dass es eine Ahnung hat von dem, was jetzt noch kommt.

Zusammenfassung

    • Es gibt wenige Gedichte, die so ausdrücklich nach einer kreativen Fortsetzung verlangen.
    • Ansonsten kann man dieses Gedicht wohl sehr gut vergleichen mit „Sachliche Romanze“ von Erich Kästner
      https://textaussage.de/erich-kaestner-sachliche-romanze
    • Insgesamt zeigt das Gedicht den Stand einer Beziehung nach dem Erwachen.
    • Dabei hat das eine doppelte Bedeutung:
      1. Konkret geht es um das gemeinsame Aufwachen, bei dem Situationen und Phänomene neu gesehen werden.
      2. Das kann man allerdings auch im übertragenen Sinne verstehen: Das lyrische Ich wacht im Hinblick auf die Einschätzung seiner Beziehung Situation auf und fängt an, sie neu zu bewerten.
      3. Das Besondere des Gedichtes ist ein offener Schluss, der die Leser in besonderer Weise auffordert oder anregt, sich über die Möglichkeiten nachzudenken, die dieses Paar noch hat.
      4. Die meisten Signale deuten auf eine Beendigung der Beziehung hin. Es könnte aber auch sein und wäre sicherlich wünschenswert, wenn das lyrische Ich und jeder Mensch in solch einer Situation zumindest den Versuch macht, mit dem Partner darüber zu reden.

Weitere Infos, Tipps und Materialien 

Kaléko, Mascha,  Infos und Materialien zu einer Dichterin
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